BGH Beschluss v. - 5 StR 177/23

Geldwäsche: Strafausschließung bei Vortatbeteiligung in einem Altfall

Gesetze: § 25 Abs 2 StGB, § 261 Abs 9 S 2 StGB vom , § 261 Abs 9 S 3 StGB vom , § 263 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Instanzenzug: Az: 517 KLs 13/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Beschwerdeführer wegen vorsätzlicher Geldwäsche in 34 Fällen, Urkundenfälschung in elf Fällen und gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den nichtrevidierenden Mitangeklagten H.    hat es wegen vorsätzlicher Geldwäsche in 32 Fällen und gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Gegen den nichtrevidierenden Mitangeklagten N.              hat es wegen vorsätzlicher Geldwäsche in drei Fällen und gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in fünf Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Die Vollstreckung der gegen die Nichtrevidenten verhängten Gesamtfreiheitsstrafen hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. Es hat zudem jeweils Einziehungsentscheidungen getroffen.

2Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt – auch zugunsten der Mitangeklagten H.     und N.              – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

31. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Geldwäsche in 34 Fällen hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4a) Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der Angeklagte und die Mitangeklagten von Januar bis Juli 2020 als Teil einer Bande tätig, die unter Verwendung gefälschter Ausweise Bankkonten eröffnete oder aber im Namen von Gesellschaften führte, die zuvor unter Verwendung der gefälschten Papiere gegründet oder erworben worden waren. Die Kontoverbindungen benutzten „Hintermänner“, um im Internet Betrugstaten zu begehen. Sie täuschten dabei auf vermeintlichen „Handelsplattformen“ vielversprechende Geldanlagemöglichkeiten vor und veranlassten die Geschädigten so dazu, im Glauben an ein tatsächliches Investment hohe – regelmäßig vier- bis fünfstellige – Geldbeträge auf die von der Bande kontrollierten Bankkonten zu überweisen. Der Angeklagte und die Mitangeklagten wussten zwar „zum Teil nicht im Detail“, auf welche Weise die Geschädigten zu den Überweisungen veranlasst wurden. Sie wussten aber, dass die von den Zahlungsveranlassern gutgeschriebenen Beträge aus betrügerischen Geschäften stammten und stellten die Bankkonten „auch in diesem Bewusstsein den Hinterleuten und Betreibern der Handelsplattformen zur Verfügung“.

5Die auf den Bankkonten eingegangenen Gelder wurden in den meisten Fällen „zeitnah an ausländische Zahlungsempfänger … weitergeleitet oder in bar … [durch ein Bandenmitglied] abverfügt“ (Fälle II.2.f, II.2.g und II.2.l.cc). In anderen Fällen wurde das Geld an die Geschädigten zurückgebucht (Fälle II.2.e). Schließlich ist die Strafkammer in einigen Fällen ausschließlich von einer rechtsgrundlosen Weiterleitung ausgegangen (Fälle II.2.l.ee und II.2.m.ee) oder hat keine weitere Verfügung festgestellt (Fall II.2.m.gg).

6b) Die Schuldsprüche wegen vorsätzlicher Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung sind rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat sich nicht mit den Regelungen in § 261 Abs. 9 Satz 2 und 3 StGB aF auseinandergesetzt, obschon die Feststellungen hierzu drängen.

7aa) Wegen Geldwäsche wird gemäß § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB aF nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Eine Beteiligung an der Vortat des Betrugs kommt für einen Finanzagenten dann in Betracht, wenn dieser den Hintermännern sein Bankkonto zur Verfügung stellt, damit die Geschädigten tatplankonform unmittelbar Geldbeträge darauf überweisen. Er erbringt damit einen wesentlichen Beitrag zu den Betrugstaten, so dass der Strafausschließungsgrund aus § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB aF regelmäßig vom Tatgericht in den Blick zu nehmen und zu erörtern ist (BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 395/22 Rn. 9; vom – 1 StR 431/19 Rn. 7; vom – 5 StR 541/14, NZWiSt 2015, 272 f.).

8bb) Diesen Anforderungen wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Es hat die Möglichkeit einer Vortatbeteiligung des Angeklagten nicht erkennbar bedacht. Eine Erörterung war hier geboten. Denn der Angeklagte hat nicht nur einen objektiven Beitrag zur Förderung der Betrugstaten erbracht; vielmehr liegt nach den Urteilsfeststellungen auch ein Beihilfevorsatz nahe, da er die Bankkonten den Hintermännern in dem Bewusstsein um deren geplante Nutzung für Betrugstaten zur Verfügung stellte.

9cc) Die Erörterung der möglichen Vortatbeteiligung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Voraussetzungen einer Rückausnahme nach § 261 Abs. 9 Satz 3 StGB aF festgestellt wären. Dass der Angeklagte die auf den Konten eingegangenen Gelder unter Verschleierung ihrer rechtswidrigen Herkunft in den Verkehr gebracht hätte, ist nicht ausreichend festgestellt.

10(1) Die Rückausnahme nach § 261 Abs. 9 Satz 3 StGB aF soll den Anwendungsbereich des persönlichen Strafausschließungsgrundes auf Selbstgeldwäschehandlungen ohne Unrechtssteigerung begrenzen (vgl. , BGHSt 63, 268 Rn. 11). Das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens erfasst dabei in Anlehnung an die § 146 StGB (Geldfälschung) zugrundeliegende Definition sämtliche Handlungen, die dazu führen, dass der Täter den inkriminierten Gegenstand aus seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt entlässt und ein Dritter die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt (, BGHSt 63, 268 Rn. 20). Wie bei dem Tatbestand des § 146 StGB (vgl. dazu ; Beschluss vom – 2 StR 138/02) genügt eine lediglich interne Verschiebung zwischen Mittätern oder die Übergabe an einen Boten nicht ( Rn. 10; MüKo-StGB/Neuheuser, 4. Aufl., § 261 Rn. 137). Das Inverkehrbringen der aus Straftaten erlangten Vermögensgegenstände muss vielmehr dazu führen, dass inkriminiertes Vermögen in den legalen Wirtschaftskreislauf gelangt, weshalb das bloße Verwahren und Verbergen von Vortatgegenständen, das den Wirtschafts- und Finanzkreislauf nicht tangiert, nicht erfasst wird (BT-Drucks. 18/6389, S. 13 f.). Dies ist etwa dann der Fall, wenn inkriminiertes Bargeld auf Bankkonten eingezahlt wird (, BGHSt 63, 268 Rn. 20). Soweit aus der Vortat Forderungen oder Rechte herrühren, setzt das Inverkehrbringen die Aufgabe der rechtlichen Verfügungsbefugnis und ihre Übertragung auf einen Dritten voraus (BT-Drucks. 18/6389, S. 14).

11(2) An diesen Maßstäben gemessen belegen die Urteilsgründe ein Inverkehrbringen der aus der Vortat herrührenden Buchgelder nicht in allen Fällen.

12Zwar ist die Verfügung über das Buchgeld durch Überweisung auf andere Bankkonten als Inverkehrbringen anzusehen, weil hierdurch das die Zahlung empfangende Kreditinstitut Zugriff auf den inkriminierten Gegenstand erhält (vgl. , BGHSt 63, 268 Rn. 20). Die Strafkammer hat aber in der Mehrzahl der Fälle (Fälle II.2.f, II.2.g und II.2.l.cc) alternativ auch Barabhebungen des inkriminierten Buchgeldes durch Bandenmitglieder festgestellt. Solche stellen hingegen lediglich interne Verschiebungen der Tatbeute zwischen den Tätern dar, die nicht in den legalen Wirtschaftskreislauf gelangen. Da das Landgericht die Überweisungen und Bargeldabhebungen in keinem der Fälle zeitlich konkret bestimmt hat, kann der Senat anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen, welche Geldeingänge hiervon jeweils erfasst sein könnten.

13Ein Inverkehrbringen ist zudem ausgeschlossen, soweit die Geldeingänge zurückgebucht worden sind (Fälle II.2.e) oder eine Weiterverfügung nicht festgestellt ist (Fall II.2.m.gg).

14(3) Diese Mängel erfassen den Schuldspruch auch in den Fällen, in denen die Strafkammer ausschließlich von einer Weiterleitung des Geldeingangs auf ein anderes Bankkonto ausgegangen ist (Fälle II.2.l.ee und II.2.m.ee). Sollte nämlich bereits das Bereitstellen der Kontoverbindung als einheitliche Beihilfehandlung zur Förderung der folgenden Betrugstaten zu beurteilen sein, wäre insoweit von einer einheitlichen Tat auszugehen (vgl. Rn. 6).

152. Aufgrund der Aufhebung der Schuldsprüche wegen vorsätzlicher Geldwäsche können die Schuldsprüche wegen gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in neun Fällen nicht bestehen bleiben. Denn auch diese durch die Vorlage von gefälschten Ausweisen zum Zwecke der Kontoeröffnung verwirklichten Taten förderten die Betrugstaten der Hintermänner; sie können deshalb zu einer möglichen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit stehen.

163. Die Schuldspruchaufhebungen sind gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten H.     und N.              zu erstrecken, soweit diese wegen derselben Taten verurteilt sind (vgl. KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 357 Rn. 8), weil deren Verurteilung auf demselben Rechtsfehler beruht. Dies betrifft hinsichtlich des Mitangeklagten N.              den Schuldspruch insgesamt und hinsichtlich des Mitangeklagten H.     seine Verurteilung wegen vorsätzlicher Geldwäsche sowie wegen gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in den Fällen II.2.e, II.2.f und II.2.g der Urteilsgründe.

174. Der durch die Schuldspruchaufhebungen bedingte Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen entzieht betreffend den Angeklagten und den Mitangeklagten H.      jeweils den Gesamtstrafenaussprüchen und hinsichtlich des Mitangeklagten N.              dem Strafausspruch insgesamt die Grundlage. Die jeweiligen Einziehungsentscheidungen sind aufzuheben, soweit ihnen von den Schuldspruchaufhebungen erfasste Erwerbstaten zugrunde liegen.

185. Die zugrundeliegenden Feststellungen können bestehen bleiben, weil sie nicht von dem Rechtsfehler betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche Feststellungen ergänzt werden, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.

196. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

20a) Die nunmehr mit der Sache befasste Strafkammer wird sich sorgfältiger als bisher geschehen mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob dem Angeklagten die Urkundenvorlagen der von ihm koordinierten Bandenmitglieder als Mittäter oder Teilnehmer zugerechnet werden können (vgl. Rn. 7 mwN).

21b) Die Ausführungen in den Urteilsgründen, wonach der in Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlung geständige Angeklagte Angaben zur Bandenstruktur und zu den Mitangeklagten gemacht habe, lassen eine Aufklärungshilfe möglich erscheinen (vgl. Rn. 6). Gegebenenfalls wird hier § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB in den Blick zu nehmen sein.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:150823B5STR177.23.0

Fundstelle(n):
wistra 2023 S. 3 Nr. 12
wistra 2024 S. 118 Nr. 3
wistra 2024 S. 119 Nr. 3
AAAAJ-49806