Beginn der Pflicht von Steuerberatern zur aktiven Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt)
fehlende Funktionsfähigkeit der Online-Ausweisfunktion des Personalausweises des Steuerberaters als Umstand im Sinne des §
52d Satz 3 FGO
Ersatzeinreichung nach mehr als sechs Wochen nicht mehr „unverzüglich” im Sinne des § 52d Satz 4 FGO
unter Missachtung von § 52d FGO eingereichte Prozesserklärung unwirksam
Anwendungsbereich des § 52d FGO und Konkurrenz zur Wiedereinsetzung nach § 56 FGO
Leitsatz
1. Für den Beginn der Pflicht von Steuerberatern zur aktiven Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs
(beSt) gemäß § 52d Satz 2 FGO kann es nicht darauf ankommen, wann der einzelne Steuerberater sich erfolgreich registriert
hat und das beSt für ihn tatsächlich eingerichtet worden ist oder wann die letzten Registrierungsbriefe im Rahmen des erstmaligen
System-Roll-outs von der Bundessteuerberaterkammer versandt worden sind.
2. Eine aktive Nutzungspflicht gemäß § 52d Satz 2 FGO besteht spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerberater seinen
Registrierungsbrief von der Bundessteuerberaterkammer erhalten hat. War die erstmalige Registrierung im Nutzerkonto der Steuerberaterplattform
nicht sofort möglich, da die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises nicht funktionierte, so verhindert dieser Umstand
– die fehlende Funktionsfähigkeit der Online-Ausweisfunktion des Personalausweises des Steuerberaters – im Sinne des § 52d
Satz 3 FGO aus vorübergehenden technischen Gründen eine elektronische Übermittlung.
3. Gründe, die ohne besondere Umstände erst mehr als sechs Wochen nach der Ersatzeinreichung mitgeteilt werden, werden nicht
„unverzüglich” im Sinne des § 52d Satz 4 FGO glaubhaft gemacht (vgl. ,G).
4. Eine von einem Steuerberater unter Verstoß gegen § 52d FGO eingereichte Prozesserklärung ist nicht wirksam (vgl. ; ).
5. Hat der Bevollmächtigte die Nichteinhaltung der nach § 52d FGO gebotenen Form der Klageerhebung – und damit letztlich die
Nichteinhaltung der Klagefrist – damit erklärt, dass sein Personalausweis zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht über die erforderliche
Onlinefunktion verfügt habe und er sich zunächst einen neuen PIN für den Ausweis habe beschaffen müssen, so kann er mit diesem
Vortrag von vornherein nicht im Zusammenhang mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gehört werden. Handelt
es sich bei dem Hindernis im Sinne des § 56 FGO um einen Umstand, der zugleich eine vorübergehende technische Unmöglichkeit
im Sinne des § 52d Satz 3 FGO begründet, ist § 56 FGO im Ergebnis grundsätzlich nicht einschlägig.
6. Der Klageschriftsatz fällt unter den sachlichen Anwendungsbereich des § 52d FGO. Die Norm erfasst über den Wortlaut hinaus
auch bestimmende Schriftsätze und somit die Klageschrift, da zumindest über § 155 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 253 Abs.
4 ZPO die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden sind.
Fundstelle(n): DStR-Aktuell 2023 S. 16 Nr. 44 DStRE 2024 S. 487 Nr. 8 VAAAJ-48545
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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.05.2023 - 9 K 9027/23
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