BVerwG Urteil v. - 2 C 2/22

Weisung zur Weiterqualifizierung zum Notfallsanitäter mangels Beteiligung des Personalrats rechtswidrig

Leitsatz

1. Die an einen Beamten gerichtete Weisung, an einem Ergänzungslehrgang zum Erwerb der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter teilzunehmen und im Erfolgsfall die erworbene Urkunde zum Führen der Berufsbezeichnung vorzulegen, ist ein Verwaltungsakt.

2. Die Mitbestimmung des Personalrats bei der Auswahl von Beamten für Maßnahmen der Berufsbildung nach § 88 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG gilt auch für Weisungen, mit denen Beamte zur Teilnahme verpflichtet werden.

3. Feuerwehrbeamte, zu deren dienstlichen Aufgaben die Betreuung von Patienten in Rettungswagen gehört, können zur Teilnahme am Ergänzungslehrgang und der hierauf bezogenen Prüfung zur Qualifizierung als Notfallsanitäter verpflichtet werden.

Gesetze: Art 12 Abs 1 GG, § 35 Abs 1 S 2 BeamtStG, § 22 S 2 BG HA 2009, § 80 Abs 2 S 2 Nr 3 PersVG HA 2014, § 88 Abs 1 Nr 18 PersVG HA 2014

Instanzenzug: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Az: 5 Bf 152/20 Urteilvorgehend Az: 20 K 6000/18 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Weisung, mit der ihm eine Weiterqualifizierung zum Notfallsanitäter aufgegeben worden ist.

2Der Kläger ist Beamter im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten und hat seit 2015 das Amt eines Hauptbrandmeisters (Besoldungsgruppe A 9 Anlage I HmbBesG) inne. Aufgrund seiner Ausbildung ist er berechtigt, die Berufsbezeichnung Rettungsassistent zu führen. Die Beklagte setzt ihn als Betreuer der Notfallpatienten in Rettungswagen ein. Da künftig nur noch Notfallsanitäter als Betreuer der Notfallpatienten verwendet werden dürfen und die Beklagte den Kläger weiterhin als Betreuer der Patienten einsetzen will, erteilte sie ihm unter dem die Weisung, in der Zeit vom bis an einem Ergänzungslehrgang zum Erwerb der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter teilzunehmen. Des Weiteren wies sie ihn an, die Zulassung zur Ergänzungsprüfung zu beantragen, die hierfür notwendigen Unterlagen einzureichen, an der Ergänzungsprüfung teilzunehmen und die Urkunde zum Führen der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter zu beantragen und nach Aushändigung dem zuständigen Personalreferat vorzulegen. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch; krankheitsbedingt nahm er am Ergänzungslehrgang nicht teil.

3Die nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Weisung sei hinreichend bestimmt und der Personalrat nicht zu beteiligen gewesen. Die Weisung konkretisiere die beamtenrechtliche Fortbildungspflicht und verletze den Kläger weder in seiner Berufs- noch in seiner Gewissensfreiheit.

4Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom aufzuheben und festzustellen, dass die Weisung der Behörde für Inneres und Sport der Freien und Hansestadt Hamburg vom und der Widerspruchsbescheid des Personalamts des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg vom rechtswidrig waren.

5Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Gründe

6Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 sowie § 191 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässige Klage (1.) ist begründet, weil die Anordnung mangels Mitbestimmung des Personalrats rechtswidrig war (2.). Zutreffend hat das Berufungsgericht dagegen festgestellt, dass die Weisung keinen materiell-rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist (3.).

71. Der Kläger kann sein Begehren im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO verfolgen, weil die angegriffene Weisung einen Verwaltungsakt darstellt (a), der sich durch Zeitablauf erledigt hat (b), und der Kläger ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit geltend machen kann (c).

8a) Die dem Kläger erteilte Weisung vom ist auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet und als Verwaltungsakt i. S. v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG zu bewerten.

9Auch wenn die Anordnungen auf eine behördeninterne Wirkung abzielen, nämlich die Möglichkeit, den Kläger nach erfolgreichem Abschluss der Ergänzungsprüfung zum Erwerb der Berufsbezeichnung als Notfallsanitäter weiterhin als Betreuer der Notfallpatienten in Rettungswagen einsetzen zu können, greift die Weisung zwangsläufig in die subjektive Rechtsstellung des Klägers ein (vgl. 2 C 25.17 - BVerwGE 160, 370 Rn. 34).

10Der Kläger wird nicht nur in seiner innerdienstlichen Funktion als Beamter im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst angesprochen, um die Modalitäten seiner Dienstausübung festzulegen (vgl. 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 Rn. 10). Vielmehr wird ihm die Verpflichtung auferlegt, an einer berufsqualifizierenden Prüfung teilzunehmen und im Erfolgsfall die erworbene Urkunde vorzulegen. Gegenstand der Weisung ist damit nicht die organisationsinterne Art und Weise der Aufgabenerledigung und eine darauf bezogene Fortbildungsmaßnahme, sondern die Erlangung persönlicher Qualifizierungen, die der Dienstherr zukünftig nutzen möchte. Diese Qualifizierungen muss der Kläger erst - im Außenrechtsverhältnis - erwerben; genau hierauf ist die Weisung nach ihrem objektiven Sinngehalt gerichtet (vgl. 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <145> und vom - 6 A 2.87 - BVerwGE 81, 258 <260>).

11b) Der Verwaltungsakt hat sich jedoch durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 HmbVwVfG), weil der für die Durchführung des Ergänzungslehrgangs vorgesehene und in der Weisung benannte Zeitraum verstrichen ist.

12c) Der Kläger verfügt über das erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der ihm gegenüber ergangenen Weisung, weil mit einer Wiederholung der erledigten Maßnahme unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen zu rechnen ist (vgl. 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 42 und vom - 6 C 9.20 - BVerwGE 175, 346 Rn. 12). Die Beklagte hat auch im Revisionsverfahren ihre Absicht bekräftigt, den Kläger zur Teilnahme am Ergänzungslehrgang anzuweisen und ihn zukünftig im Rettungsdienst als Notfallsanitäter einzusetzen.

132. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg, weil die Anordnung rechtswidrig war. Sie hätte der Mitbestimmung des Personalrats nach § 88 Abs. 1 Nr. 18 des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes (HmbPersVG) i. d. F. der Bekanntmachung vom (HmbGVBl. S. 299), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom (HmbGVBl. S. 193), bedurft.

14Die Weisung hält in formeller Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Zweifel an der Bestimmtheit der Weisung bestehen zwar nicht (a). Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts, es handele sich bei der Weisung nicht um eine Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts (b).

15a) Die dem Kläger unter dem erteilte Weisung war hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 HmbVwVfG).

16Ihr konnte klar entnommen werden, welche und wessen Anordnung der Kläger zu befolgen hat (vgl. 2 C 24.13 - BVerwGE 150, 366 Rn. 32 und vom - 2 C 45.17 - BVerwGE 163, 129 Rn. 20). Der Festlegung weiterer organisatorischer Einzelheiten der Teilnahme - wie Schulungsraum, tägliche Dauer etc. - bedurfte es nicht.

17b) Unter Verletzung revisiblen Rechts ist das Berufungsgericht indes davon ausgegangen, die Weisung zur Teilnahme am Ergänzungslehrgang stelle bereits keine Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne dar und unterliege auch unabhängig hiervon nicht der Mitbestimmung.

18aa) Anwendung und Auslegung landespersonalvertretungsrechtlicher Vorschriften unterliegen nach § 127 Nr. 2 BRRG der revisionsgerichtlichen Überprüfung, soweit sie einen beamtenrechtlichen Inhalt haben und deshalb materiell dem Beamtenrecht zuzuordnen sind. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn - wie hier - geregelt wird, ob und in welcher Weise der Personalrat an beamtenrechtlichen Maßnahmen zu beteiligen ist (vgl. 2 C 59.81 - BVerwGE 66, 291 <292>, vom - 2 C 67.85 - juris Rn. 16 und vom - 2 C 18.15 - Buchholz 421.20 Hochschulpersonalrecht Nr. 58 Rn. 26; Beschlüsse vom - 2 B 10.12 - juris Rn. 7 und vom - 2 B 37.22 -).

19bb) Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 HmbPersVG bestimmt der Personalrat mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Angehörigen des öffentlichen Dienstes der Dienststelle insgesamt, Gruppen oder Einzelne von ihnen betreffen oder sich auf sie auswirken. Hingegen unterliegt nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 HmbPersVG eine Maßnahme schon grundsätzlich nicht den Regelungen zur Mitbestimmung, wenn es sich um Weisungen an einzelne oder mehrere Angehörige des öffentlichen Dienstes handelt, die die Erledigung dienstlicher Obliegenheiten oder zu leistender Arbeit regeln.

20Dieser Ausschlusstatbestand greift vorliegend nicht ein. Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass in der Begründung des zugrundeliegenden Gesetzentwurfs auf Weisungen nach § 35 BeamtStG ausdrücklich Bezug genommen wird (Bü-Drs. 20/10838 S. 61). Diese Einschränkung findet im Wortlaut der Regelung aber keinen Niederschlag. Im Übrigen sind nach der Begründung des Gesetzentwurfs nur Weisungen erfasst, die "regelmäßig auftreten, im Rahmen des Dienstverhältnisses üblich sind, oder in ihrer Wirkung nur zu einer geringfügigen Beeinträchtigung der oder des Angehörigen des öffentlichen Dienstes führen" (Bü-Drs. 20/10838 S. 61). Diesen Kategorien unterfallen Weisungen, die die subjektive Rechtsstellung des Beamten berühren, nicht.

21cc) Der Personalrat war an der Auswahl der Feuerwehrbeamten mit der Qualifikation als Rettungsassistent für eine Teilnahme am Ergänzungslehrgang mit dem Ziel der Weiterqualifizierung zum Notfallsanitäter nach Maßgabe des § 88 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG zur Mitbestimmung berechtigt.

22Danach hat der Personalrat mitzubestimmen bei der Auswahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes für Maßnahmen der Berufsbildung (Berufsausbildung, berufliche Fort- und Weiterbildung sowie berufliche Umschulung). Das Mitbestimmungserfordernis soll gewährleisten, dass die Auswahl unter den Beamten einer Dienststelle gerecht gestaltet wird (Wahrung der Chancengleichheit) und die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen nicht zu einer unverhältnismäßigen Mehrbelastung der Beschäftigten in der Dienststelle führt (vgl. Kersten, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 76 BPersVG Rn. 115 m. w. N.; Else, in: Ricken, BeckOK BPersVG, Stand Juli 2023, § 78 Rn. 88). Diese Erwägungen gelten nicht nur hinsichtlich der Auswahl zwischen an der Fortbildungsveranstaltung interessierten Beamten. Vielmehr ergibt sich auch bei zur Fortbildung verpflichtenden Maßnahmen ein Bedürfnis und von Gesetzes wegen eine Berechtigung des Personalrats zur Mitbestimmung.

23An einer mitbestimmungspflichtigen Auswahlentscheidung fehlt es dagegen, wenn eine Fortbildungsmaßnahme von allen hierfür in Betracht kommenden Beamten wahrgenommen werden soll (vgl. Kersten, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 76 BPersVG Rn. 118) und Auswahlerwägungen damit nicht anzustellen sind. Vorliegend hat die Beklagte jedoch nicht alle Feuerwehrbeamten mit der Qualifikation als Rettungsassistent und einer entsprechenden Tätigkeit von über fünf Jahren zur Teilnahme an einem Ergänzungslehrgang mit dem Ziel der Weiterqualifizierung zum Notfallsanitäter herangezogen. Vielmehr hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - wie zuvor schriftsätzlich - erläutert, es gebe entsprechende Beamte, die aufgrund einer zusätzlichen Qualifikation nicht zur Fortbildung angewiesen worden seien. Welche Qualifikation zur Ausnahme von der Weisung geführt haben und welche Erwägungen hierfür maßgeblich waren, konnte sie nicht weiter präzisieren. Dies kann auch dahinstehen, weil die Beklagte damit jedenfalls eine Auswahl unter den Beamten für die Verpflichtung zur Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme getroffen hat.

243. Unabhängig hiervon begegnet die angegriffene Weisung keinen materiell-rechtlichen Bedenken. Die Beklagte war berechtigt, den Kläger kraft Weisung zur Teilnahme am Ergänzungslehrgang und den hiermit in Zusammenhang stehenden Vorbereitungs- und im Nachgang gebotenen Handlungen zu verpflichten.

25a) Die Weisungsbefugnis des Dienstherrn (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) ist das Instrument, mit dem die Dienstleistungspflicht des Beamten konkretisiert und gesteuert wird. Der Beamte ist zur Befolgung der Anordnungen seines Vorgesetzten verpflichtet, sofern diese im Anwendungs- und Aufgabenbereich der dienstlichen Weisungsbefugnis liegen und die grundrechtlich geschützte Sphäre des Beamten nicht verletzen. Verstößt der Beamte gegen eine solche Weisung, verhält er sich pflichtwidrig und begeht bei schuldhaftem Handeln ein Dienstvergehen, das disziplinarisch geahndet werden kann (vgl. 2 C 24.13 - BVerwGE 150, 366 Rn. 30 f. m. w. N. und vom - 2 C 45.17 - BVerwGE 163, 129 Rn. 19). Dabei bedürfen Anordnungen, die den Beamten in seiner persönlichen Rechtsstellung betreffen, einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage.

26Eine solche Grundlage liegt mit § 22 Satz 2 HmbBG vor, wonach Beamte verpflichtet sind, an der dienstlichen Fortbildung teilzunehmen und sich selbst fortzubilden. Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Beamte in seiner Ausbildung erworben hat, müssen erhalten und an aktuelle Entwicklungen angepasst werden, damit er den sich ändernden dienstlichen Anforderungen gerecht werden kann. In einer sich fortschreitend verändernden Umwelt mit ihren verschiedenartigsten Einflüssen und Pflichtbereichen, mit ihrer Fülle von ständig neuen, zu verarbeitenden Informationen, ergibt sich auch für Beamte eine Verpflichtung zu kontinuierlicher Fort- und Weiterbildung (vgl. u. a. - BVerfGE 55, 207 <240 f.>). Sie ist Ausfluss der Pflicht des Beamten, sich mit vollem persönlichem Einsatz dem Beruf zu widmen.

27b) Fortbildungen sind Maßnahmen, die an vorhandenes Wissen anknüpfen, fachliche sowie berufliche Kenntnisse vertiefen und aktualisieren und die ein Mehr an Kenntnissen vermitteln, als für den Eintritt in die Laufbahn bzw. für die Befähigung zur Ausübung der dem Beschäftigten übertragenen Arbeit erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 7.90 - Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 23 S. 30 m. w. N., vom - 6 P 3.02 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 10 S. 26, und vom - 6 PB 20.13 - juris Rn. 4). Traditionell wird dabei zwischen Anpassungs- und Förderungsfortbildungen differenziert (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BLV).

28Anpassungsfortbildungen bezwecken die Aufrechterhaltung und Fortentwicklung einer schon erworbenen Qualifikation. Mit ihr erhält und verbessert der Beamte seine Qualifikation, um die Aufgaben seines bisherigen Dienstpostens oder gleichbewertete Tätigkeiten (auch und insbesondere bei einer Veränderung der Anforderungen aufgrund der ständigen Entwicklung des fachlichen, methodischen und sozialen Wissens) ordnungsgemäß erledigen zu können. Dies schließt Fortbildungen aufgrund veränderter Anforderungen an die Laufbahnbefähigung ein (vgl. Seckelmann/Humberg, VerwArch 2022, 97 <117 f.>). An derartigen Fortbildungen hat der Beamte auf Verlangen des Dienstherrn teilzunehmen, sofern nicht im Einzelfall in der Person des Beamten liegende schützenswerte Gründe einer (unmittelbaren) Teilnahme entgegenstehen (vgl. § 47 Abs. 2 BLV).

29Förderungsfortbildungen dienen hingegen dazu, die Befähigung des Beamten für höherbewertete Tätigkeiten oder Führungsaufgaben zu fördern, damit er diese Aufgaben künftig übernehmen kann. Da der Beamte aufgrund seiner Vor- und Ausbildung grundsätzlich geeignet ist, sämtliche amtsangemessene Aufgaben seiner Laufbahn wahrzunehmen, beziehen sich Förderungsfortbildungen auf die Tätigkeit in höherbewerteten Dienstposten oder den Aufstieg in eine höhere Laufbahngruppe.

30Eine Verpflichtung zur Teilnahme an (reinen) Förderungsfortbildungen lässt sich durch Weisung des Dienstherrn nicht begründen. Art. 33 Abs. 5 GG schützt den Anspruch eines Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung. Daraus folgt nicht nur, dass ein Beamter eine gegen seinen Willen ausgesprochene dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Beschäftigung abwehren kann, sondern ebenso, dass eine Grundlage für die Verpflichtung eines Beamten, sich mit dem Ziel einer Beförderung zu bewerben, nicht besteht (vgl. 2 C 14.15 - BVerwGE 155, 182 Rn. 24). Demzufolge kann ein Beamter auch nicht zur Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen verpflichtet werden, die darauf gerichtet sind, Grundlagen und Voraussetzungen für seinen weiteren Aufstieg innerhalb einer Laufbahn oder laufbahnübergreifend zu schaffen.

31c) Die Teilnahme am Ergänzungslehrgang, mit dem der Kläger zum Notfallsanitäter weiterqualifiziert werden sollte, stellt keine Förderungs-, sondern eine Anpassungsfortbildung dar.

32Nach § 3 Abs. 1 Buchst. c des Feuerwehrgesetzes Hamburg vom (HmbGVBl. S. 137) gehört der Rettungsdienst zu den Aufgaben der Berufsfeuerwehr. Folgerichtig sieht die Aufgabenbeschreibung für die Beamten im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst die Wahrnehmung der hierzu erforderlichen Aufgaben vor; dazu gehört auch der Einsatz als Betreuer für Patienten auf Rettungswagen. Entsprechend ist der Kläger bislang eingesetzt worden.

33Die Anforderungen für die Wahrnehmung dieser Aufgabe haben sich geändert. Während der auf Krankenkraftwagen eingesetzte Betreuer nach § 21 Abs. 2 des Rettungsdienstgesetzes Hamburg vom (HmbGVBl. S. 117) in der Fassung vom (HmbGVBl. 2008 S. 11) die Qualifikation als Rettungsassistent aufweisen musste, sind die Voraussetzungen nachfolgend an die Maßgaben des am in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters vom (BGBl. I S. 1348; NotSanG) angepasst worden. Gemäß § 21 Abs. 2 des Rettungsdienstgesetzes Hamburg in der Fassung vom (HmbGVBl. S. 228) muss der Krankenkraftwagen bei der Notfallrettung mit einem Notfallsanitäter als Betreuer der Patienten besetzt sein; entsprechendes sieht die aktuell geltende Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Rettungsdienstgesetzes Hamburg vom (HmbGVBl. S. 367; zuletzt geändert am , HmbGVBl. S. 331) vor. Die in § 35 Abs. 5 des Rettungsdienstgesetzes Hamburg normierte Übergangsregelung läuft zum aus.

34Die Fortbildung zum Notfallsanitäter ist daher erforderlich, damit der Kläger seine bisherigen dienstlichen Aufgaben auch nach dem vollumfänglich wahrnehmen kann.

35d) Die dem Kläger mit der Weisung auferlegten Verpflichtungen sind auch zumutbar.

36Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist dabei unerheblich, dass die Qualifizierung zum Notfallsanitäter eine eigenständige Berufsausbildung darstellt. Entsprechendes galt im Übrigen bereits für die Ausbildung des Klägers zum Rettungsassistenten. Der Kläger wird nicht in seiner negativen Berufswahlfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG berührt; er hat vielmehr den Beruf als Lebenszeitbeamter im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten inne. Hieran ändert sich durch die Fortbildung nichts. Der Kläger soll mit dem Ergänzungslehrgang und der hierauf bezogenen Prüfung in die Lage versetzt werden, diesen Beruf und die damit verbundenen Aufgaben auch künftig in vollem Umfang wahrnehmen zu können.

37Die Fortbildung ist dem Kläger auch nicht deswegen unzumutbar, weil ihr Inhalt auf den Erwerb einer neuen Berufsqualifikation gerichtet wäre. Zwar unterscheidet sich die Ausbildung zum Notfallsanitäter wegen der weiterentwickelten Anforderungen und Kompetenzen "wesentlich von der bisherigen Ausbildung zum Beruf des Rettungsassistenten" (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/11689 S. 15). Der Erwerb der neuen Berufsbezeichnung setzt auch für Personen, die bereits als Rettungsassistenten tätig waren, eine "zusätzliche Nachqualifikation" voraus (BT-Drs. 17/11689 S. 16). Schon diese Begrifflichkeit macht indes deutlich, dass die Ergänzungsschulung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers an die im Fall des Rettungsassistenten bereits vorhandene Qualifikation anknüpft und diese lediglich in einer weiterführenden Nachschulung im Hinblick auf die gestiegenen Anforderungen aktualisiert. Die Nachqualifikation ist folgerichtig als "Durchstieg" des Rettungsassistenten zum Beruf des Notfallsanitäters konzipiert (BT-Drs. 17/11689 S. 16). Die unmittelbare Anknüpfung an die Vorbildung als Rettungsassistent kommt auch im Gesetzeswortlaut selbst zum Ausdruck, der in § 32 Abs. 2 Satz 1 NotSanG für Personen, die eine mindestens fünfjährige Tätigkeit als Rettungsassistent nachweisen, nur eine "Ergänzungsprüfung" vorsieht. Die bei Rettungsassistenten vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeit werden damit nur "ergänzt". Der für Rettungsassistenten überwiegende Fortbildungscharakter der vorgesehenen Nachqualifizierung wird schließlich daran deutlich, dass die eigentlich auf drei Jahre angelegte Ausbildung hier auf einen Ergänzungslehrgang im zeitlichen Umfang von 480 Stunden reduziert ist.

38Der zeitliche Umfang des von der Weisung in Bezug genommenen Lehrgangs von knapp fünf Wochen begegnet keinen Bedenken. Der Kläger hat auch keine individuellen Gesichtspunkte vorgebracht, die einer entsprechenden Verpflichtung entgegenstehen könnten.

39Die Weisung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil dem Kläger nicht nur die Teilnahme an einem Ergänzungslehrgang, sondern auch diejenige an der hierauf bezogenen Prüfung auferlegt worden ist. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr den Erfolg eines von ihm zulässigerweise für notwendig erachteten Fortbildungsbedarfs einer Überprüfung unterzieht. Dies gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, weil der weitere Einsatz des Klägers als Betreuer in Rettungswagen nicht nur eine fachliche Schulung, sondern die formale Qualifikation als Notfallsanitäter voraussetzt. Der Kläger kann nicht angewiesen werden, die Ergänzungsprüfung zu bestehen. Er ist aber verpflichtet, sich der Fortbildung nicht zu verschließen; dies umfasst auch den Versuch, den entsprechenden Leistungsnachweis zu erwerben.

40Eine Verletzung der Gewissensfreiheit i. S. v. Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Die vom Kläger befürchtete berufliche Überforderung reicht hierfür nicht aus. Soweit der Kläger eine Verlagerung seines Tätigkeitsbereichs von der Brandbekämpfung hin zum Rettungswesen beklagt, mag dies nachvollziehbar sein. Abgesehen davon, dass derartiges nicht Regelungsgegenstand der streitigen Weisung ist, kommt dem Beamten grundsätzlich kein Recht auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens oder bestimmter dienstlicher Aufgaben zu (vgl. 2 A 6.13 - BVerwGE 153, 246 Rn. 16 ff.).

414. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:220623U2C2.22.0

Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 10 Nr. 39
NAAAJ-48043