BGH Beschluss v. - 2 StR 98/23

Instanzenzug: LG Aachen Az: 67 KLs 13/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Computerbetrugs in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Fälschung beweiserheblicher Daten in 86 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts wohnte der Angeklagte in der Zeit vom bis bei der Zeugin W.   , die ihn nach kurzem Kennenlernen bei sich aufnahm. Unter Angabe des Namens und der Adresse der Zeugin tätigte er in der Folgezeit bis zum zahlreiche Bestellungen über das Internet, ohne von ihr dazu ermächtigt worden zu sein. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der angegebenen Daten und eine ordnungsgemäße Kaufpreiserfüllung übersandten die Onlinehändler die bestellten Waren an die angegebene Anschrift der Zeugin, wo der Angeklagte sie – von der tagsüber beruflich bedingt ortsabwesenden Zeugin unbemerkt – entgegennahm, um sie für seine Zwecke zu verwenden. Zum überwiegenden Teil waren die Waren für ihn bestimmt, teilweise wendete er diese aber auch schenkweise der Zeugin W.   zu. Wie von Anfang an beabsichtigt, bezahlte der Angeklagte die Waren nicht.

32. Die rechtliche Würdigung dieser Taten als Computerbetrug in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten ist für sich genommen rechtsfehlerfrei (vgl. zu § 269 StGB etwa BGHSt 65, 98, 103 f; BGH NStZ-RR 2021, 214), wobei die Kennzeichnung gewerbsmäßigen Handeln im Urteilstenor zu entfallen hat (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 509/00, wistra 2001, 303).

43. Allerdings hält die konkurrenzrechtliche Beurteilung der 86 Bestellungen als realkonkurrierende Einzeltaten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5a) Das Landgericht hätte nicht nur den zeitlichen Zusammenhang von mehreren am selben Tag vorgenommenen Bestellungen berücksichtigen und insoweit prüfen müssen, ob schon aus diesem Grund eine natürliche Handlungseinheit in Betracht kommt (vgl. etwa ; Beschluss vom – 3 StR 94/20). Es hätte zudem in den Blick nehmen müssen, dass bei der mehrfachen Nutzung eines Kundenkontos mit dort gespeicherten unrichtigen beweiserheblichen Daten die über dieses Kundenkonto getätigten betrügerischen Bestellungen zur Tateinheit verbunden werden (s. BGH NStZ-RR 2021, 214). Ausdrückliche Feststellungen dazu, ob in den Fällen, in denen bei demselben Onlinehändler im Laufe der Zeit mehrere Bestellungen getätigt worden sind, ein Kundenkonto eingerichtet wurde, findet sich in den Urteilsgründen zwar nicht. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung ist aber ausgeführt, dass der Angeklagte „bei der Anlage der Kundenkonten bei den einzelnen Online-Versandhändlern“ durch die Angabe der Daten der Zeugin jeweils unrichtige beweiserhebliche Daten gespeichert habe. Dies könnte daraufhin deuten, dass der Angeklagte bei der Bestellung von Waren Kundenkonten, gegebenenfalls auch nur bei einzelnen Anbietern, angelegt hat, die sodann mehrere Bestellungen zu einer einzigen Tat verbinden würden.

6b) Angesichts der insoweit letztlich unergiebigen Feststellungen des Landgerichts kann der Senat die konkurrenzrechtliche Bewertung nicht abschließend selbst vornehmen. Er hebt deswegen sämtliche Einzeltaten auf, um es dem Tatrichter auf der Grundlage der bestehenden Feststellungen, die durch neue, nicht widersprechende ergänzt werden können, zu ermöglichen, eine eigene Würdigung der Konkurrenzen vorzunehmen.

74. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass im Fall 21 der Urteilsgründe zusätzlich Feststellungen zur Schadenshöhe zu treffen sind, anhand derer es möglich ist, auch in diesem Fall eine an der Schadenshöhe ausgerichtete Strafzumessung vorzunehmen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:040723B2STR98.23.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-47832