Instanzenzug: Az: 509 KLs 16/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen 128 Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, in 126 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Vergewaltigung und mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen, wegen zwei Fällen des versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit sexuellem Übergriff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet und Adhäsionsentscheidungen getroffen. Während die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs auf die Revision des Angeklagten keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat, kann die Adhäsionsentscheidung nur teilweise bestehen bleiben.
2Dem Adhäsionskläger hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro nebst Zinsen zuerkannt. Zudem hat sie unter Ziffer 4 des Tenors festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, dem Adhäsionskläger alle aus den im Urteil zu seinem Nachteil festgestellten sexuellen Übergriffen erwachsenen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nach dem (Tag der Antragstellung) entstehen und nicht auf Sozialversicherungsträger übergehen. Dieser Feststellungsausspruch hält rechtlicher Überprüfung weder hinsichtlich zukünftiger immaterieller noch zukünftiger materieller Schäden stand.
3Verlangt der Geschädigte für erlittene Verletzungen ein Schmerzensgeld, so werden nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes davon alle Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar sind oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden kann (st. Rspr.; vgl. mwN). Vorliegend enthalten die Urteilsgründe keine Begründung für die Wahrscheinlichkeit anderer zukünftiger immaterieller Schäden als derjenigen, die das Landgericht bereits bei der Bemessung des dem Neben- und Adhäsionskläger zuerkannten Schmerzensgeldes in den Blick genommen hat (vgl. zudem zum Fristbeginn bei gesonderter Feststellung ).
4Die Adhäsionsentscheidung hat auch hinsichtlich der Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller Schäden keinen Bestand. Der Feststellungsausspruch bedarf grundsätzlich einer – gegebenenfalls kurzen – Begründung des hinreichenden Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO) mit Blick auf die Umstände des Einzelfalls, soweit sich der Anspruch nicht ohne Weiteres aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erklärt (vgl. mwN). Daran fehlt es hier.
5Der Adhäsionsausspruch hat daher insoweit unter Absehen einer Entscheidung über den zulässigen Feststellungsantrag zu entfallen (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO). Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels und den notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Gleiches gilt für die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen des Adhäsionsklägers (§ 472a Abs. 2 StPO).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:150823B5STR288.23.0
Fundstelle(n):
CAAAJ-47523