BGH Beschluss v. - StB 32/23

Gründe

I.

1Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschuldigten und zahlreiche weitere Personen um den Mitbeschuldigten    R.   ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten (2 BJs 274/22-5). Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gegen den Beschuldigten am Haftbefehl erlassen, auf dessen Grundlage sich dieser in Untersuchungshaft befindet.

2Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs beantragt, den Beschuldigten mit sofortiger Wirkung aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er halte es nach seinem persönlichen Eindruck für ausgeschlossen, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Straftat begangen habe. Es sei vielmehr zu vermuten, dass Personen wie der Beschuldigte, die im Rahmen der Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 freiwillig Hilfe geleistet hätten, gezielt diskreditiert werden sollten, weil sie „das Versagen der bestehenden amtlichen Nothilfe drastisch sichtbar“ gemacht hätten. Aus demselben Grund würden die Ermittlungen einseitig geführt und seien daher ungeeignet, entlastende Gesichtspunkte zu finden.

3Dieses Begehr hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs als Haftprüfungsantrag ausgelegt und mit Beschluss vom abgelehnt (1 BGs 731/23). Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem als Einspruch überschriebenen, 20 Seiten umfassenden Schriftsatz nebst Anlagenkonvolut vom . Er wolle von seinem in Art. 17 GG gewährleisteten Petitionsrecht Gebrauch machen, soweit der Beschuldigte E.   betroffen sei. Zugleich handele es sich aber um eine Haftbeschwerde, da dieser Rechtsbehelf auch ihm als Zeugen zustehe. Er sei selbst vom genannten Ermittlungsverfahren betroffen, weil sein Fahrzeug bei einem Grenzübertritt zur Schweiz am von deutschen Zollbeamten kontrolliert worden sei. Am sei er von 5:50 Uhr bis 11:00 Uhr von italienischen Polizeibeamten festgehalten sowie erkennungsdienstlich behandelt worden, und man habe ihm für diesen Zeitraum sein Mobiltelefon weggenommen. Diese Maßnahmen dienten ebenfalls dazu, eine durch Vernehmung des Beschwerdeführers zu erwartende entlastende Beweisaufnahme zu verhindern.

4Darüber hinaus rügt er mit demselben Schriftsatz, ihm werde trotz beantragter und bewilligter Besuchserlaubnis verwehrt, den Beschuldigten zu besuchen. Schließlich begehrt er Einsicht in die Ermittlungsakten und Auskunft über ihn betreffende gespeicherte Daten. Soweit die Anträge nicht die Inhaftierung des Beschuldigten betreffen, hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gesondert über diese entschieden bzw. den Schriftsatz zuständigkeitshalber weitergeleitet. Im Übrigen hat er der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

51. Die Beschwerde ist unzulässig.

6a) Nach § 304 Abs. 2 StPO ist auch ein Nichtverfahrensbeteiligter zur Beschwerde berechtigt, wenn er durch die beanstandete Maßnahme betroffen ist, mithin durch diese in der Wahrnehmung geschützter Rechte und Interessen unmittelbar beschränkt wird. Dabei ist die Möglichkeit einer Rechtsgutsbeeinträchtigung ausreichend, während ihr tatsächliches Vorliegen eine Frage der Begründetheit des Rechtsmittels ist (vgl. , NStZ-RR 2020, 171 mwN; KK-Zabeck, StPO, 9. Aufl., § 304 Rn. 30).

7Eine unmittelbare Betroffenheit in diesem Sinne ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Durch den Vollzug des Haftbefehls gegen den Beschuldigten werden die Rechte und rechtlich geschützten Interessen des Beschwerdeführers nicht berührt. Auch seine Ausführungen zur Zollkontrolle, zu der Verbringung auf ein Polizeirevier in Italien, der dortigen erkennungsdienstlichen Behandlung und zur kurz andauernden Entziehung seines Mobiltelefons vermögen eine Beschwer nicht zu begründen. Selbst wenn er durch diese Maßnahmen in seinen eigenen Rechten betroffen wäre, änderte dies nichts daran, dass durch die hier inmitten stehende Inhaftierung allein der Beschuldigte beeinträchtigt wird. § 304 Abs. 2 StPO setzt eine Beschwer durch die konkrete angegriffene Entscheidung voraus; eine bloße Betroffenheit durch andere Maßnahmen, die im Rahmen desselben Ermittlungskomplexes getroffen worden sind, genügt hingegen nicht.

8b) Die Berufung auf die Petitionsfreiheit aus Art. 17 GG rechtfertigt keine andere Entscheidung. Das Grundrecht eröffnet nicht die Möglichkeit, Fremd- oder Allgemeininteressen gerichtlich geltend zu machen. Zur sachlichen Erledigung einer Petition sind Gerichte - wenn wie hier keine Maßnahmen der Justizverwaltung betroffen sind - nur nach Maßgabe des für sie geltenden Verfahrensrechts befugt (vgl. , NVwZ 2002, 1499; Dürig/Herzog/Scholz/Klein/Schwarz, 99. EL, Art. 17 Rn. 102).

92. Über das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom ist hier nicht zu entscheiden.

Schäfer                    Berg                    Voigt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:100823BSTB32.23.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-47453