Schenkungsteuer | Gesetzeslücke ermöglicht steuerfreie Wertverschiebungen (FG)
Die disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) stellt keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang dar (; Revision anhängig, BFH-Az. II R 23/23).
Hintergrund: Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt.
Sachverhalt: Der Kläger und sein Vater gründeten eine KGaA. Das Grundkapital wurde vollständig vom Vater des Klägers als alleinigem Kommanditaktionär übernommen. Der Kläger leistete als persönlich haftender Gesellschafter (phG) eine Vermögenseinlage in die KGaA. Nach der Satzung der KGaA sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalkonten zum Gesamtkapital, das sich aus dem Grundkapital und der Vermögensein-lage zusammensetzt, am Gewinn und an den Rücklagen der KGaA beteiligt. Vorliegend betrug das Verhältnis 90% zu 10% zugunsten des Klägers.
Kurz nach der Eintragung der KGaA erbrachte der Vater eine Einlage in mehrstelliger Millionenhöhe in eine ungebundene Kapitalrücklage der KGaA, die nach der Satzung nicht zu den Kapitalkonten zählt (disquotale Einlage).
Das Finanzamt sah darin einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, erließ einen entsprechenden Schenkungsteuerbescheid gegenüber dem Kläger und wies seinen Einspruch als unbegründet zurück.
Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg:
Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sind nicht gegeben. Bei der KGaA handelt es sich zwar um eine Kapitalgesellschaft. Auch hat sich der Wert der Beteiligung des Klägers durch die disquotale Einlage des Vaters erhöht.
Jedoch ist die Beteiligung des Klägers, weil er nicht an dem Grundkapital der KGaA beteiligt ist, kein „Anteil an einer Kapitalgesellschaft“ im Sinne des Gesetzes.
Das ErbStG hat in § 13a und § 13b bereits vor Einführung von § 7 Abs. 8 ErbStG zwischen dem Anteil eines pHG an einer KGaA einerseits und dem Anteil an einer Kapitalgesellschaft andererseits unterschieden. Dieselbe Unterscheidung liegt auch Vorschriften des EStG und des steuerrechtlichen Bewertungsgesetzes zu Grunde.
Das Gericht hält im Übrigen weder einen anderen Schenkungsteuertatbestand für erfüllt - nicht § 7 Abs. 6 ErbStG (übermäßige Gewinnbeteiligung bei einer Personengesellschaft) und nicht den Grundtatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - noch sieht es einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO).
Dem Gericht ist dabei bewusst gewesen, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 7 Abs. 8 ErbStG die Besteuerungslücken in Fällen disquotaler Einlagen hat schließen wollen. Im Gesetz ist aber eine - vom Kläger genutzte - Lücke verblieben.
Sie zu schließen, liegt außerhalb der Kompetenz der Finanzverwaltung und -gerichte, sondern ist dem Gesetzgeber vorbehalten.
Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden, die beim BFH unter dem Az. II R 23/23 anhängig ist.
Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank der Hansestadt Hamburg veröffentlicht.
Quelle: FG Hamburg, Pressemitteilung v. (il)
Fundstelle(n):
TAAAJ-46742