NWB Nr. 34 vom Seite 2329

Entspannt zuhause tätig sein?

Dr. Lukas Hilbert | Diplom-Kaufmann, M.I.Tax, Bonn | Herausgeber des Steuer-Stichwort-Kommentars Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer | www.lhilbert.de

BMF-Schreiben zu den neuen Arbeitszimmer- und Homeoffice-Regelungen

Beinahe lässt sich sagen, dass das Arbeitszimmer „seit jeher“ eine wechselvolle steuerliche Geschichte hat. Gerade in den letzten Jahren ist in das Arbeiten von zuhause aber noch einmal neuer Schwung gekommen, was sich einerseits durch die Corona-Pandemie erklärte, andererseits in bereits längerfristig eingetretenen Entwicklungen begründet ist. Nach zunächst Einführung und später Verstetigung der Homeoffice-Pauschale wurde der Sektor durch das JStG 2022 mit Wirkung zum aktuellen Jahr umfassend modifiziert. Hierzu wurde nun am 17.8. ein 21 Seiten respektive 41 Randziffern starkes BMF-Anwendungsschreiben v.  online gestellt. Das Vorgänger-Schreiben aus 2017 ist für die frühere Rechtslage weiterhin anzuwenden.

Da das Rad bei der Gesetzesanpassung keineswegs gänzlich neu erfunden wurde, gelten etwa für den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers und „den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung“ die bisherigen Grundsätze. Entsprechend zieht das Schreiben dazu sowie zu den abziehbaren Aufwendungen auch bekannte Rechtsprechung heran. Neu ist das Wahlrecht, eine personenbezogene Jahrespauschale von 1.260 € abziehen zu können. Diese ist ggf. monatsweise zu kürzen. Das Wahlrecht kann nur einheitlich für das gesamte Jahr ausgeübt werden, dafür aber bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung. Bei Erzielung unterschiedlicher Einkünfte, für die Arbeitszimmerkosten abgezogen werden können, wird nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige die Zuordnung nur zu einer Tätigkeit vornimmt.

Die Tagespauschale („Homeoffice-Regelung“) ist nun eigens in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG normiert. Sie hat abgeltenden Charakter, umfasst aber – wie beim Arbeitszimmer – keine Arbeitsmittel. Hier darf der Steuerpflichtige ebenso eine Zuordnung zu einer Tätigkeit vornehmen. Bei der Pauschale wird unterschieden, ob „dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung“ steht oder nicht. Soweit das Gesetz darauf rekurriert, dass die Tätigkeit „überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt“ wird, ist dies eine Zeitbestimmung, sodass mehr als die Hälfte der tatsächlichen Arbeitszeit in der Wohnung verrichtet werden muss. Das Kriterium der „Dauerhaftigkeit“ ist in diesem Regelungsbereich neu. Es kommt aber etwa aus der Vorschrift zur ersten Tätigkeitsstätte bekannt vor, wenn auch es hier anders verwendet wird. Die Verwaltung äußert sich dazu in Rz. 35 des Schreibens. Demnach darf von Dauerhaftigkeit u. a. ausgegangen werden, wenn für einen Zeitraum von mindestens einem Monat kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes ist darzulegen.

Das Schreiben enthält ferner Ausführungen etwa zu den Zusammenhängen mit doppelter Haushaltsführung (Rz. 38) oder zur Nutzung der häuslichen Wohnung für Ausbildungszwecke (Rz. 41). Die Erläuterungen durch viele Beispiele und die partiellen Erleichterungsregelungen sind zu begrüßen. Gerade verglichen mit der Zeit vor Einführung der Homeoffice-Pauschale wirkt zudem der gesamte Regelungsrahmen nun meist etwas flexibler. Gleichwohl bietet dieser aber noch genug „Streitpotenzial“, sodass die Finanzgerichte sicher auch zukünftig mit dem Bereich befasst sein werden.

Lukas Hilbert

Fundstelle(n):
NWB 2023 Seite 2329
AAAAJ-46731