Leitsatz
Leitsatz:
1. Für die Frage, ob die Voraussetzungen des Widerrufs nach § 14 RDG gegeben sind, kommt es auf den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Widerrufsbescheids an.
2. Ob die Voraussetzungen für einen Widerruf gegeben sind, weil die registrierte Person oder qualifizierte Person die erforderliche persönliche Eignung oder Zuverlässigkeit i. S. d. § 14 Nr. 1 Halbsatz 1 RDG a. F. nicht mehr besitzt, ist berufsbezogen unter Berücksichtigung der konkret beabsichtigten rechtsdienstleistenden Tätigkeit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einzelfallbezogen zu überprüfen.
3. Im Hinblick auf die in § 1 Abs. 1 Satz 2 RDG a. F. genannten Schutzzwecke des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, dürfen bei den in § 14 Nr. 1 RDG a. F. genannten Personen keine Tatsachen erkennbar sein, die erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Erbringung von Rechtsdienstleistungen begründen.
4. Die Regelbeispiele des § 14 Nr. 3 Halbsatz 2 RDG a. F. verdeutlichen, dass nur erhebliche und/oder beharrliche Verstöße gegen die sich aus der Registrierung ergebende Befugnis den Widerruf nach § 14 Nr. 3 RDG a. F. rechtfertigen. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist hiervon erst auszugehen, wenn mildere Mittel, insbesondere Hinweise durch die Behörde oder Auflagen, nicht zum Erfolg geführt haben.
5. Die Erbringung qualifizierter Rechtsdienstleistungen setzt voraus, dass die geschäftlichen Handlungen eines Inkassodienstleisters der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen. Zu den unternehmerischen Sorgfaltspflichten eines Inkassodienstleisters zählt unter anderem, keine Forderungen geltend zu machen, die erkennbar ganz oder teilweise nicht bestehen.
6. Bei Erbringung qualifizierter Rechtsdienstleistungen besteht für Inkassodienstleister jedenfalls dann eine Pflicht zur Überprüfung der geltend gemachten Forderung, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich ein Kunde der Dienste des Inkassounternehmens in betrügerischer Absicht bedient. Aber auch wenn sich sonstige Zweifel an dem Bestehen einer Forderung geradezu aufdrängen oder bei substantiiert erhobenen Einwendungen gegen eine geltend gemachte Forderung ist ein Inkassounternehmen im Rahmen einer qualifizierten Rechtsdienstleistung gehalten, das Bestehen der Forderung näher zu prüfen. Beim Masseninkasso ist in solchen Fällen eine übergreifende Schlüssigkeitsprüfung in großer Zahl geltend gemachter gleichartiger Ansprüche geboten.
7. Im Vordergrund der beruflichen Tätigkeit eines Inkassodienstleisters muss stets die Forderungseinziehung stehen. Andere, nicht unter den Begriff der Inkassodienstleistung fallende Rechtsdienstleistungen sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG als Nebenleistung nur dann zulässig, wenn sie im Zusammenhang mit der Inkassodienstleistung stehen.
8. Wegen des durch den Widerruf erfolgenden Eingriffs in die Berufsfreiheit registrierter bzw. zur Rechtsdienstleistung qualifizierter Personen ist die zuständige Behörde gehalten, jeden Einzelfall besonders sorgfältig zu prüfen. Nach den Umständen des Einzelfalls muss die Annahme gerechtfertigt sein, dass der Schutz der Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs oder der Rechtsordnung durch eine Fortsetzung der Rechtdienstleistung gefährdet wäre. Die Behörde ist dann auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht berechtigt, statt des Widerrufs mildere Aufsichtsmaßnahmen zur Erreichung des Schutzes des Rechtsverkehrs zu ergreifen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird wegen des Eingriffs in die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG bei der verwaltungsgerichtlich voll überprüfbaren Auslegung der Tatbestandsmerkmale berücksichtigt. Auf der Rechtsfolgenseite hat der Gesetzgeber der Behörde im Rahmen des § 14 RDG kein Ermessen eingeräumt, das für eine darüberhinausgehende Verhältnismäßigkeitsprüfung Raum ließe.