... alle Unklarheiten beseitigt?
BMF-Schreiben zur Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)
Durch das JStG 2022 wurde die Befreiungsvorschrift des § 3
Nr. 72 EStG eingeführt. Kern der Vorschrift ist die Steuerfreiheit von
Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer
Photovoltaikanlage unter bestimmten Voraussetzungen. Bis zur Einführung der
Steuerbefreiung erzielten Steuerpflichtige, die eine Photovoltaikanlage
installieren ließen, steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Einspeisevergütungen, Zahlungen von Mietern für den gelieferten Strom und
Entnahmen durch Nutzung des selbst produzierten Stroms mussten versteuert
werden. Andererseits konnten Zinsen, AfA, Wartungs- und Reparaturaufwendungen
als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Steuerdogmatisch führt die
Vorschrift wohl zu gewerblichem Betriebsvermögen ohne
Einkünfte.
Am hat das BMF nunmehr das BMF-Schreiben
(NWB PAAAJ-44782) zur Steuerbefreiung für
Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG) veröffentlicht. Neben
Konkretisierungen im Bereich des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs
der Befreiungsvorschrift sind von besonderer Bedeutung die Ausführungen zum
Verhältnis zwischen der Befreiungsvorschrift und den § 7g, § 3c
Abs. 1, § 6 Abs. 3 und 5 und § 15 Abs. 3 Nr. 1
EStG.
Das BMF-Schreiben stellt klar, dass der Gewinn oder
Verlust aus der Veräußerung oder Entnahme einer Photovoltaikanlage unter den
Befreiungstatbestand fällt (vgl. Rz. 11).
Der Gesetzeswortlaut („im Zusammenhang mit dem Betrieb einer
Photovoltaikanlage“) hätte wohl auch eine engere Auslegung getragen.
Allerdings scheint dies nur bei nach § 3 Nr. 72 EStG privilegierten
Photovoltaikanlagen der Fall zu sein; d. h. beim Übergang zu einer nach
§ 3 Nr. 72 EStG privilegierten Photovoltaikanlage müssen die stillen
Reserven versteuert werden (vgl. Rz. 18;
bis zur Anwendung von § 3 Nr. 72 EStG „gelten die allgemeinen
Grundsätze“). Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen zu § 6
Abs. 3 und 5 EStG. Eine unentgeltliche Übertragung nach § 6
Abs. 3 und 5 EStG ist nach dem BMF nicht möglich, wenn nach der
Übertragung eine Veränderung zu einer nach § 3 Nr. 72 EStG
privilegierten Photovoltaikanlage erfolgt; d. h. der Übergang zu einer
nach § 3 Nr. 72 EStG privilegierten Photovoltaikanlage beim neuen
Eigentümer vollzogen wird.
Hinsichtlich des Ausschlusses der
gewerblichen Infizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG über
§ 3 Nr. 72 Satz 3 EStG stellt das BMF klar, dass es
grundsätzlich zu Zwangsentnahmen hinsichtlich der Wirtschaftsgüter (außer der
Photovoltaikanlage) des Betriebsvermögens bei vermögensverwaltenden
Mitunternehmerschaften kommt. Aus Vertrauensschutzgründen wird von einer
Entnahme abgesehen, wenn die Verstrickung der stillen Reserven bis zum
aus anderen Gründen wiederhergestellt ist (vgl. Rz. 23). Sollte in diesen Fällen keine originäre
gewerbliche Tätigkeit gefunden werden, verbleibt die Gestaltungsmöglichkeit
einer GmbH &. Co. KG (§ 15 Abs. 3 Nr. 2
EStG).
Das beseitigt sicherlich nicht
alle Unklarheiten. Die ertragsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen
bleibt damit spannend.
Martin Kahsnitz
Fundstelle(n):
NWB 2023 Seite 2137
IAAAJ-45363