NWB Nr. 31 vom Seite 2137

... alle Unklarheiten beseitigt?

Dr. Martin Kahsnitz | Rechtsanwalt, Steuerberater | c•k•s•s Carlé • Korn • Stahl • Strahl Partnerschaft mbB, Köln

BMF-Schreiben zur Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)

Durch das JStG 2022 wurde die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 72 EStG eingeführt. Kern der Vorschrift ist die Steuerfreiheit von Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage unter bestimmten Voraussetzungen. Bis zur Einführung der Steuerbefreiung erzielten Steuerpflichtige, die eine Photovoltaikanlage installieren ließen, steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Einspeisevergütungen, Zahlungen von Mietern für den gelieferten Strom und Entnahmen durch Nutzung des selbst produzierten Stroms mussten versteuert werden. Andererseits konnten Zinsen, AfA, Wartungs- und Reparaturaufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Steuerdogmatisch führt die Vorschrift wohl zu gewerblichem Betriebsvermögen ohne Einkünfte.
Am hat das BMF nunmehr das BMF-Schreiben (NWB PAAAJ-44782) zur Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG) veröffentlicht. Neben Konkretisierungen im Bereich des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs der Befreiungsvorschrift sind von besonderer Bedeutung die Ausführungen zum Verhältnis zwischen der Befreiungsvorschrift und den § 7g, § 3c Abs. 1, § 6 Abs. 3 und 5 und § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Das BMF-Schreiben stellt klar, dass der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung oder Entnahme einer Photovoltaikanlage unter den Befreiungstatbestand fällt (vgl. Rz. 11). Der Gesetzeswortlaut („im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage“) hätte wohl auch eine engere Auslegung getragen. Allerdings scheint dies nur bei nach § 3 Nr. 72 EStG privilegierten Photovoltaikanlagen der Fall zu sein; d. h. beim Übergang zu einer nach § 3 Nr. 72 EStG privilegierten Photovoltaikanlage müssen die stillen Reserven versteuert werden (vgl. Rz. 18; bis zur Anwendung von § 3 Nr. 72 EStG „gelten die allgemeinen Grundsätze“). Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen zu § 6 Abs. 3 und 5 EStG. Eine unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG ist nach dem BMF nicht möglich, wenn nach der Übertragung eine Veränderung zu einer nach § 3 Nr. 72 EStG privilegierten Photovoltaikanlage erfolgt; d. h. der Übergang zu einer nach § 3 Nr. 72 EStG privilegierten Photovoltaikanlage beim neuen Eigentümer vollzogen wird.
Hinsichtlich des Ausschlusses der gewerblichen Infizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG über § 3 Nr. 72 Satz 3 EStG stellt das BMF klar, dass es grundsätzlich zu Zwangsentnahmen hinsichtlich der Wirtschaftsgüter (außer der Photovoltaikanlage) des Betriebsvermögens bei vermögensverwaltenden Mitunternehmerschaften kommt. Aus Vertrauensschutzgründen wird von einer Entnahme abgesehen, wenn die Verstrickung der stillen Reserven bis zum aus anderen Gründen wiederhergestellt ist (vgl. Rz. 23). Sollte in diesen Fällen keine originäre gewerbliche Tätigkeit gefunden werden, verbleibt die Gestaltungsmöglichkeit einer GmbH &. Co. KG (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG).
Das beseitigt sicherlich nicht alle Unklarheiten. Die ertragsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen bleibt damit spannend.

Martin Kahsnitz

Fundstelle(n):
NWB 2023 Seite 2137
IAAAJ-45363