Umsatzsteuer | Ermäßigter Steuersatz für Blut- und Gewebetransporte (BFH)
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG setzt bei Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs voraus, dass auch die Voraussetzungen des Satzes 3 dieser Vorschrift vorliegen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt sich unter den dort genannten Voraussetzungen die Steuer für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke i. S. der §§ 51 bis 68 AO verfolgen.
Sachverhalt: Der Kläger ist ein Verein, der nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt (§§ 51 – 68 AO). In den Streitjahren führte er u.a. Transporte von Blut und Gewebeproben zwischen Arztpraxen/Krankenhäusern auf der einen Seite und Laboren auf der anderen Seite durch. Vertragliche Beziehungen bestanden dabei lediglich zwischen dem Kläger und den Krankenhäusern, Ärzten bzw. den Laboren. Zu den Patientinnen und Patienten, deren Proben transportiert wurden, bestanden keine Vertragsbeziehungen.
Das FA lehnte eine Steuerbegünstigung dieser Leistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG ab. Denn die Leistungen seien im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erbracht worden, der kein Zweckbetrieb i. S. des § 66 AO sei. Die Leistungen kämen im Streitfall nämlich nicht unmittelbar dem begünstigten Personenkreis (Verletzte, Kranke und Behinderte) zugute, sondern seien gegenüber Dritten (Krankenhäusern/Laboren/ Ärzten) erbracht worden (s. unsere Online-Nachricht v. 4.10.2022).
Der BFH sah die Revision des FA als begründet an:
Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FGO). Das FG hat die Steuersatzermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG zu Unrecht bejaht. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden.
Der Änderung des Anhangs III Nr. 15 der MwStSystRL durch die Richtlinie (EU) 2022/542 v. (ABl EU Nr. L 107, S. 1) kommt als unionsrechtliche Grundlage des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG keine Rückwirkung auf Umsätze vor ihrem Inkrafttreten zu.
Im zweiten Rechtsgang wird das FG Folgendes zu beachten haben:
Wird die Steuersatzermäßigung für den Zweckbetrieb nach § 66 AO begehrt, ist zunächst zu prüfen, ob der Kläger mit den Blut- und Gewebetransporten seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichte (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alternative 2 UStG).
Falls das FG die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alternative 2 UStG verneinen sollte, wird es weiter zu prüfen haben, ob die streitgegenständlichen Leistungen in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dienen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alternative 1 UStG).
Ohne Bindung nach § 126 Abs. 5 FGO weist der Senat vorsorglich zur Anwendung von § 66 AO darauf hin, dass nach den bisherigen Feststellungen des FG (Rz 42 des Urteils) die Transportleistungen des Klägers den hilfebedürftigen Personen nicht im Sinne des § 66 Abs. 3 AO "zugute kommen", da sie nicht entsprechend dem direkt "an den Patienten" erbracht wurden, sondern Kontakt zu diesen lediglich über die in verschlossenen und verpackten Behältnissen befindlichen Blut- und Gewebeproben bestand.
Quelle: ; NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
NWB NAAAJ-45036