Anforderungen zur Bildung einer Einheitsjugendstrafe unter Einbeziehung eines früheren Urteils
Gesetze: § 31 Abs 2 JGG
Instanzenzug: Az: 28 KLs 10/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Sachbeschädigung unter Einbeziehung des zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt; daneben hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat hinsichtlich des Schuldspruchs und zur Einziehungsanordnung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
32. Der Strafausspruch hat jedoch keinen Bestand.Es ist zwar nicht zu beanstanden, dass die Jugendkammer die Verhängung einer Jugendstrafe gegen den Angeklagten für erforderlich erachtet hat. Sowohl schädliche Neigungen wie auch die Schwere der Schuld hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Hingegen begegnen die Ausführungen zur Höhe der Einheitsjugendstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Jugendkammer hat diese unter Einbeziehung des „auch unter Berücksichtigung der dort genannten Strafzumessungserwägungen“ gebildet. Dies ist rechtsfehlerhaft.
4a) Bei Anwendung von § 31 Abs. 2 JGG verliert das einbezogene Urteil im Strafausspruch seine Wirkung. Der zur Verhängung einer einheitlichen Jugendstrafe berufene Tatrichter hat daher im Rahmen der Strafzumessung eine neue, selbstständige, von der früheren Beurteilung unabhängige einheitliche Rechtsfolgenbemessung für die früher und jetzt abgeurteilten Taten vorzunehmen (vgl. Senat, Urteil vom – 2 StR 64/90, BGHR JGG § 31 Abs. 2, Einbeziehung 4; Beschluss vom – 2 StR 457/91, BGHR JGG § 31 Abs. 2 Einbeziehung 5; , BGHR JGG § 31 Abs. 2 Einbeziehung 7).
5b) Daran fehlt es hier. Das Landgericht hat zwar im Rahmen der konkreten Strafbemessung berücksichtigt, dass der Angeklagte aufgrund des einschlägig vorbestraft ist und unter laufender Bewährung stand. Mit Blick darauf, dass die Jugendkammer die „dort genannten Strafzumessungserwägungen“ berücksichtigt hat, ist zu besorgen, dass sie sich der Notwendigkeit, eine neue, selbstständige Bewertung aller früher und jetzt abgeurteilten Taten vornehmen zu müssen, nicht bewusst war. Die Strafzumessungserwägungen beziehen sich lediglich auf die jetzt neu abzuurteilende Tat. Eine Auseinandersetzung mit den früheren Entscheidungen und ihrer Bedeutung für den Erziehungsbedarf lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Die Einbeziehung des erfolgt somit lediglich formelhaft.
6c) Der Senat kann – entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts – nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht. Zwar ergibt sich aus den Ausführungen der Jugendkammer ein erheblicher Erziehungsbedarf des Angeklagten, doch ist nicht von vornherein auszuschließen, dass bei der gebotenen Gesamtwürdigung der nach § 31 Abs. 2 JGG einzubeziehenden Vorahndung auf eine geringere als die ausgesprochene Einheitsjugendstrafe erkannt worden wäre.
7d) Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und bleiben bestehen (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:090523B2STR57.23.0
Fundstelle(n):
UAAAJ-44494