Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Vollentgeltliche Einbringung durch Kapitalkonto I
Erläuterung anhand des BFH-Urteils IV R 2/20
[i]BFH, Urteil v. 23.3.2023 - IV R 2/20 NWB AAAAJ-40730 Die Frage, wann eine vollentgeltliche Übertragung von Privatvermögen in eine gewerbliche Personengesellschaft vorliegt und in welchem Fall eine unentgeltliche Einlage gegeben ist, beschäftigt nicht nur den BFH regelmäßig. Entscheidend ist insbesondere, welche Gegenpositionen sich im Kapital der Gesellschaft durch die Einbringung erhöhen, letztlich also in welcher Form die Buchungen in der Mitunternehmerschaft erfolgen. Hierzu hat der BFH kürzlich ein wichtiges Urteil veröffentlicht.
.
I. Sachverhalt und Streitfrage
[i]Einbringung von Privatvermögen als Einlage oder als vollentgeltlicher VorgangDer nicht schnell zu überblickende Sachverhalt lässt sich für die Betrachtung dieses Beitrags darauf beschränken, dass steuerliches Privatvermögen in eine gewerblich tätige GbR von ihren Gesellschaftern eingebracht wurde. Diese Übertragung ist vereinbarungsgemäß gegen das Festkapitalkonto und mit dem übersteigenden Betrag gegen ein gesamthänderisch gebundenes Rücklagekonto gebucht worden.
Im Verfahren am BFH war strittig, ob die Einlagevorschriften anzuwenden sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG und hier als Besonderheit des Urteilsfalls zusätzlich § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG). Das hätte insbesondere dazu geführt, dass die zuvor im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten AfA-Beträge nicht „nochmals“ im Gewerbetrieb abzugsfähig gewesen wären. Dieser Überlegung lag die Wertung als unentgeltlicher Vorgang zugrunde. Die Kläger waren dagegen der Auffassung, dass die Einbringung als vollentgeltlich zu werten ist.
II. Rechtsprechung des BFH
1. Einbringungen gegen Gesellschaftsrechte
Der BFH urteilte wie folgt: Schon nach seiner bisherigen Rechtsprechung führt die Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in eine gewerbliche S. 647 [i]Schon bisher Auffassung des BFH: Gutschrift auf Kapitalkonto I führt zu entgeltlichem VorgangPersonengesellschaft dann zu einem entgeltlichen Vorgang, wenn im Gegenzug Gesellschaftsrechte eingeräumt oder erweitert (= gewährt) werden. Gesellschaftsrechte werden gewährt, wenn der Wert des eingebrachten Wirtschaftsguts dem Kapitalkonto des Gesellschafters gutgeschrieben wird, welches nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags die Gesellschaftsrechte repräsentiert. Im Fall eines gesellschaftsvertraglich vereinbarten Mehrkontenmodells wird dieses Konto üblicherweise als Festkapitalkonto oder Kapitalkonto I bezeichnet. An dieser Rechtsprechung hält der urteilende IV. Senat des BFH fest.
[i]Veräußerungsvorgang beim EinbringendenDer Einbringende führt eine Veräußerung durch, bei der Mitunternehmerschaft liegt ein Anschaffungsgeschäft vor. Es handelt sich dabei um ein tauschähnliches Geschäft, nämlich den Tausch des Wirtschaftsguts gegen Gesellschaftsanteile.
Die Wertung als vollentgeltliches Geschäft aufgrund der Gewährung von Gesellschaftsrechten schließt die Annahme einer unentgeltlichen Einlage aus. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG kommt deshalb nicht zur Anwendung.