Online-Nachricht - Mittwoch, 12.07.2023

Mietpreisbremse | Verjährung des Auskunftsanspruchs gemäß § 556g Abs. 3 BGB (BGH)

Der Auskunftsanspruch des Mieters gegen den Vermieter nach § 556g Abs. 3 BGB verjährt selbständig und unabhängig von dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung überzahlter Miete innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (, VIII ZR 8/22, VIII ZR 60/22 und VIII ZR 125/22).

Hintergrund: Der Vermieter ist auf Verlangen des Mieters verpflichtet, Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete nach den Vorschriften dieses Unterkapitels maßgeblich sind, soweit diese Tatsachen nicht allgemein zugänglich sind und der Vermieter hierüber unschwer Auskunft geben kann, § § 556g Abs. 3 Satz 1 BGB.

Sachverhalt: In allen vier Verfahren macht die Klägerin, eine in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, aus abgetretenem Recht Ansprüche von Mietern, deren Wohnungen gemäß der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegen, wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) gegen die beklagten Vermieter geltend.

Sie verlangt gemäß § 556g Abs. 3 BGB die Erteilung von Auskunft über verschiedene für die Berechnung der zulässigen Miethöhe nach den §§ 556d ff. BGB maßgebliche Umstände, gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB die Rückzahlung ihrer Ansicht nach überzahlter Miete und als Schadensersatz die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Die Beklagten berufen sich unter anderem auf Verjährung des Auskunftsanspruchs (§ 214 Abs. 1 BGB).

Hierzu führten die Richter des BGH u.a. weiter aus:

  • Der Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB verjährt selbständig und unabhängig von dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung überzahlter Miete gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt dabei erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Auskunftsanspruch kann damit vor dem Rückzahlungsanspruch verjähren.

  • Bei dem Auskunftsanspruch handelt es sich zwar um einen Hilfsanspruch zu dem auf Rückzahlung überzahlter Miete gerichteten Hauptanspruch des Mieters. Er unterscheidet sich aber von dem Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB (Treu und Glauben), welcher grundsätzlich nicht vor dem Hauptanspruch verjährt, dem er dient, maßgeblich dadurch, dass der Gläubiger (Mieter) nicht erst auf der Grundlage der Auskunft in die Lage versetzt wird, seinen Zahlungsanspruch zu verfolgen und durchzusetzen. Der Mieter hat in einem Rückforderungsprozess neben einer ordnungsgemäßen Rüge gemäß § 556g Abs. 2 BGB lediglich die Anwendbarkeit und die Voraussetzungen des Grundtatbestandes des § 556d Abs. 1 BGB - das Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % bei Mietbeginn - darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Hierfür benötigt er die Auskunft des Vermieters, welche nur die nicht allgemein zugänglichen preisbildenden Faktoren, vor allem aber die vom Vermieter in einem Rückzahlungsprozess darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden, eine höhere Miete erlaubenden Ausnahmetatbestände der §§ 556e, 556f BGB umfasst, in der Regel nicht.

  • Die für den Auskunftsanspruch geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) beginnt nicht bereits mit dessen Entstehung (Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses), sondern erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Gesetzgeber hat diesen Anspruch als sog. verhaltenen Anspruch ausgestaltet, bei dem der Gläubiger (hier der Mieter) die Leistung jederzeit verlangen kann, der Schuldner (hier der Vermieter) die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen muss. Für diese Einordnung sprechen der Wortlaut der gesetzlichen Regelung ("auf Verlangen des Mieters") sowie der Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, welcher darin besteht, ein durch die strukturelle Unterlegenheit auf angespannten Wohnungsmärkten bedingtes Informationsdefizit des Mieters auszugleichen, und schließlich die für verhaltene Ansprüche charakteristische und bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen von Vermieter und Mieter als unbillig empfundene Gefahr einer Anspruchsverjährung infolge des zeitlichen Auseinanderfallens von Entstehung und Geltendmachung des Anspruchs.

Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 12.7.2023 (il)

Fundstelle(n):
NWB SAAAJ-43825