BGH Beschluss v. - StB 38/23

Instanzenzug: Az: III-6 St 1/23

Gründe

I.

1Der Angeschuldigte wurde am vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem Folgetag ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des ), sodann aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des ), aufrechterhalten durch Beschluss des Ermittlungsrichters des ). Gegenstand des Haftbefehls war danach der Vorwurf, der Angeschuldigte habe durch zwei selbständige Handlungen am in D.     versucht, einen anderen zur Begehung eines Verbrechens in Form einer schweren Brandstiftung zu bestimmen, und am Folgetag in B.    versucht, eine schwere Brandstiftung zu begehen. Der Generalbundesanwalt hat unter dem wegen des zugrundeliegenden Sachverhalts Anklage zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben, dabei die zweite Tat aufgrund weiterer Beweismittel rechtlich jedoch als versuchte Brandstiftung gewertet.

2Das Oberlandesgericht hat den Haftbefehl durch Beschluss vom (III-6 St 1/23) dahin neu gefasst, dass der Angeschuldigte lediglich der versuchten Brandstiftung am dringend verdächtig sei. In Bezug auf die weitere ihm vorgeworfene Tat sei von einem strafbefreienden Rücktritt auszugehen. Der Generalbundesanwalt hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Haftbefehl auch auf die weitere angeklagte Tat zu stützen. Das Oberlandesgericht hat am beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Zwischenzeitlich hat der Senat im Rahmen der besonderen Haftprüfung durch Beschluss vom (AK 29/23) die Fortdauer der gegenwärtig aufgrund des durch das Oberlandesgericht neu gefassten Haftbefehls vollzogenen Untersuchungshaft angeordnet.

II.

3Die Beschwerde ist - jedenfalls derzeit - unzulässig.

41. Gemäß § 304 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO ist das Rechtsmittel gegen Beschlüsse des im ersten Rechtszug zuständigen Oberlandesgerichts nur in enumerativ aufgeführten Fällen eröffnet. Soweit hierzu nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO die Verhaftung zählt, betrifft dies wegen des Ausnahmecharakters grundsätzlich nur Entscheidungen darüber, ob der Beschuldigte in Haft zu nehmen oder zu halten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 1/76, BGHSt 26, 270, 271; vom - StB 19/11, BGHR StPO § 304 Abs. 5 Verhaftung 5 Rn. 4; vom - StB 22/23, juris Rn. 3). Diese enge Auslegung gilt ebenso in der Konstellation, dass mit der Beschwerde lediglich die Erweiterung eines bestehenden Haftbefehls dem Tatvorwurf nach erstrebt und nicht Bestand oder Vollzug der Haftanordnung als solche in Frage gestellt wird (s. BGH, Beschlüsse vom - StB 3/91, BGHSt 37, 347, 349; vom - StB 5/02, BGHSt 47, 249, 250 f.; vom - StB 2/15, juris Rn. 26). Solange die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft nicht von Art und Umfang des Schuldvorwurfs im Haftbefehl abhängt, ist der für die Ausnahmeregelung des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO maßgebliche Gesichtspunkt, dass nur die Verhaftung selbst als der vollzogene oder zu vollziehende Eingriff in die persönliche Freiheit einer Überprüfung auf ihre Berechtigung im Beschwerdeverfahren unterzogen werden soll, nicht betroffen. Die Zulassung der Beschwerde nur zu dem Zweck, Fragen rechtlicher oder tatsächlicher Art zu klären, die zwar für das weitere Strafverfahren von Bedeutung sind, letztlich aber nach den Vorstellungen des Beschwerdeführers keine Auswirkung auf den Fortbestand der Haft haben, wäre nur schwer mit der auf Beschleunigung und Konzentration angelegten Natur des Haftverfahrens in Einklang zu bringen und liefe dem Charakter des § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO als eng auszulegende Ausnahmeregelung zuwider (s. , BGHSt 37, 347, 349 f.).

52. Hieran gemessen ist der Beschwerdegegenstand für den Fortbestand der Untersuchungshaft zumindest gegenwärtig ohne Bedeutung. Der Senat hat im besonderen Haftprüfungsverfahren die Fortdauer der Untersuchungshaft durch den Beschluss vom angeordnet und darin dargelegt, dass bereits der Tatvorwurf der versuchten Brandstiftung für sich genommen die Haft derzeit trägt. Für diese kommt es mithin auf den weiteren Vorwurf der versuchten Anstiftung zu einer schweren Brandstiftung gegenwärtig nicht an. Anlass für eine davon abweichende Beurteilung ergibt sich weder aus dem Beschwerdevorbringen noch sonst.

6Nach den dargelegten Maßstäben führt zur Zulässigkeit der Beschwerde nicht, dass ohne den weiteren Tatvorwurf die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Hauptverhandlung gemäß § 120 GVG fehlen könnte. Diese Frage betrifft nämlich nicht die momentan vollzogene Untersuchungshaft. Über die sachliche Zuständigkeit für das Hauptverfahren hat vorrangig das Oberlandesgericht, bei dem die Anklage eingereicht ist, zu befinden. Dass gegen eine etwaige Entscheidung im Sinne des § 209 Abs. 1 StPO ebenso wie gegen eine Nichteröffnung sofortige Beschwerde eingelegt werden könnte (§ 210 Abs. 2 StPO), rechtfertigt es - auch unter Beschleunigungsgesichtspunkten - nicht, das gesetzlich vorgesehene Verfahren im Rahmen der Haftbeschwerde vorwegzunehmen.

Schäfer                    Hohoff                    Anstötz

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:210623BSTB38.23.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-43756