BGH Urteil v. - X ZR 31/21

Patentnichtigkeitssache: Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage nach Erlöschen des Streitpatents - Leistungsüberwachungsgerät

Leitsatz

Leistungsüberwachungsgerät

Nach dem Erlöschen des Streitpatents ist eine Nichtigkeitsklage nur noch zulässig, wenn der Kläger ein eigenes, in seiner Person begründetes Interesse an der Nichtigerklärung des Patents hat. Ein allein in der Person Dritter begründetes Interesse vermag eine Nichtigkeitsklage ebenso wenig zu rechtfertigen wie ein Interesse der Allgemeinheit.

Gesetze: § 81 Abs 1 PatG

Instanzenzug: Az: 6 Ni 8/18 (EP) Urteil

Tatbestand

1Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 076 806 (Streitpatents), das am unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom angemeldet wurde und mittlerweile durch Zeitablauf erloschen ist.

2Das Streitpatent betrifft ein tragbares GPS-basiertes Gerät zur Überwachung der sportlichen Leistung. Patentanspruch 1, auf den zweiundzwanzig weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:

A portable personal performance monitor for monitoring athletic performance when carried by an athlete, comprising a global positioning system GPS receiver (604) for acquiring time-stamped geographical position data of the athlete, computing means (802) for conversion of said position data into athletic performance feedback data and presentation means (202, 605, 606) for presenting said feedback data to said athlete.

3Patentanspruch 24, auf den neun weitere Ansprüche zurückbezogen sind, schützt die Nutzung eines Überwachungsgeräts mit entsprechenden Merkmalen in einem Meldesystem.

4Die Klägerinnen streben die Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang der Ansprüche 1, 9, 10, 12, 20 und 22 an. Sie haben geltend gemacht, der angegriffene Gegenstand gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Die Beklagte, die die Klägerin zu 1 und ein mit der Klägerin zu 2 verbundenes Unternehmen wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch nimmt, hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in fünf geänderten Fassungen verteidigt.

5Das Patentgericht hat die Klage der Klägerin zu 2 als unzulässig abgewiesen. Auf die Klage der Klägerin zu 1 hat es das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit dessen Inhalt über die mit Hilfsantrag III verteidigte Fassung hinausgeht. Im Übrigen hat es diese Klage als unbegründet abgewiesen.

6In der Berufungsinstanz begehren die Klägerinnen weiterhin die Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang. Die Beklagte strebt die vollständige Abweisung der Klage an und verteidigt das Streitpatent weiterhin auch in der Fassung der erstinstanzlichen Hilfsanträge.

Gründe

7Die Berufungen sind zulässig. Die Rechtsmittel der Klägerinnen haben Erfolg und führen zur Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

8A. Die Klage der Klägerin zu 2 ist zulässig.

9Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob das Patentgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin zu 2 die Zulässigkeit der Klage nicht zu stützen vermag.

10Im Streitfall ergeben sich jedenfalls aus dem ergänzenden Vorbringen in der Berufungsinstanz konkrete Anhaltspunkte für eine Beteiligung der Klägerin zu 2 an den angegriffenen Verletzungshandlungen, die ein eigenes berechtigtes Interesse an der Nichtigerklärung des Streitpatents begründen.

111. Das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten, nicht schutzfähigen Patents rechtfertigt die Nichtigkeitsklage nur, solange das Schutzrecht noch in Kraft steht.

12Ist das Patent entfallen, kann es allenfalls noch Rechte Einzelner betreffen. Ab diesem Zeitpunkt kann ein Angriff auf das Schutzrecht nicht mehr mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden. Vielmehr muss ein Rechtsschutzbedürfnis dargelegt werden (vgl. nur , GRUR 2022, 1628 Rn. 15 - Stammzellengewinnung).

132. Der Umstand, dass eine Nichtigkeitsklage in diesem Stadium nur noch zum Schutz individueller Rechte und Interessen zulässig ist, hat zur Folge, dass der Kläger ein eigenes, in seiner Person begründetes Interesse an der Nichtigerklärung des Patents haben muss. Ein allein in der Person Dritter begründetes Interesse vermag eine Nichtigkeitsklage ebenso wenig zu rechtfertigen wie ein Interesse der Allgemeinheit.

14a) Ein solches Interesse kann sich, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, daraus ergeben, dass der Nichtigkeitskläger eine Inanspruchnahme wegen Verletzung des Streitpatents besorgen muss.

15Die Frage, ob ein eigenes Rechtsschutzinteresse vorliegt, darf hierbei nicht nach allzu strengen Maßstäben beurteilt werden.

16Soll eine Nichtigkeitsklage der vorbeugenden Abwehr von Ansprüchen dienen, ist nicht ausschlaggebend, ob diese bereits geltend gemacht oder auch nur angekündigt sind. Hinreichender Anlass, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, besteht vielmehr schon dann, wenn der Kläger Anlass zu der Besorgnis hat, er könne auch nach Ablauf der Schutzdauer noch Ansprüchen wegen zurückliegender Handlungen ausgesetzt sein. Ein Rechtsschutzinteresse darf in solchen Fällen nur dann verneint werden, wenn eine solche Inanspruchnahme ernstlich nicht mehr in Betracht kommt (Beschluss vom - X ZR 90/18, GRUR 2020, 1074 Rn. 25 ff. - Signalübertragungssystem).

17b) Eine Nichtigkeitsklage gegen ein abgelaufenes Patent ist nach der Rechtsprechung des Senats auch dann zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse daran hat, die Inanspruchnahme eines Dritten wegen Verletzung des Streitpatents abzuwenden (, GRUR 2020, 1074 Rn. 26 - Signalübertragungssystem).

18Ein berechtigtes Interesse, eine Inanspruchnahme Dritter abzuwenden, hat der Senat in einer Konstellation bejaht, in der Abnehmer des Nichtigkeitsklägers wegen Verletzung des angegriffenen Patents durch Anbieten und Inverkehrbringen von Software in Anspruch genommen wurden, die vom Nichtigkeitskläger zur Verfügung gestellt wurde (, GRUR 2020, 1074 Rn. 26 - Signalübertragungssystem).

19In dieser Konstellation wird der Nichtigkeitskläger zwar auch im Interesse seiner Kunden tätig. Die Nichtigerklärung des Streitpatents liegt jedoch typischerweise zugleich in seinem eigenen Interesse, weil er die mit der Verletzungsklage angegriffenen Ausführungsformen zur Verfügung gestellt hat und deshalb nicht auszuschließen ist, dass er von seinen Abnehmern in Regress genommen wird.

203. Ob sich bei Anlegung dieses Maßstabs ein hinreichendes eigenes Interesse der Klägerin zu 2 im Streitfall schon daraus ergibt, dass sie mit der Beklagten eines Verletzungsrechtsstreits gesellschaftsrechtlich verbunden ist und innerhalb des Unternehmensverbunds die Wahrnehmung von deren Interessen übernommen hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.

21Offenbleiben kann auch die Frage, ob das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin zu 2, sie sei in den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eingebunden, hinreichend konkret ist, um ein eigenes berechtigtes Interesse an der Nichtigkeitsklage bejahen zu können. Eine Beteiligung der Klägerin zu 2 an diesen Vertriebshandlungen ergibt sich jedenfalls hinreichend konkret aus ihrem ergänzenden Vorbringen in der Berufungsinstanz.

22Nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag müssen Kunden, die eines der mit der Verletzungsklage angegriffenen Geräte nutzen möchten, mit der Klägerin zu 2 eine Vereinbarung über die Verarbeitung der dabei anfallenden Daten schließen.

23Abnehmer, die die in Rede stehenden Geräte zum eigenen Gebrauch erwerben, sind typischerweise daran interessiert, diese bestimmungsgemäß zu nutzen. Wenn dies nur nach Abschluss einer Vereinbarung mit der Klägerin zu 2 möglich ist, erbringt diese eine wesentliche Unterstützungsleistung, ohne die der Absatz der Geräte erheblich behindert würde. Jedenfalls aufgrund dieser Mitwirkung muss die Klägerin zu 2 ernstlich besorgen, ebenfalls wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommen zu werden.

24B. Die Nichtigkeitsklage ist in vollem Umfang begründet.

25I. Das Streitpatent betrifft ein tragbares GPS-basiertes Gerät zur Überwachung der sportlichen Leistung.

261. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift werden Laufen, Radfahren und andere Sportarten, die im Freien ausgeübt werden können, wegen ihrer gesundheitsfördernden Wirkungen zunehmend populär.

27Um sich bei solchen Aktivitäten im Laufe der Zeit zu steigern, sei es wichtig, die Leistung und deren Entwicklung messen zu können. Dies sei im Stand der Technik beispielsweise bei Läufern nur in Innenräumen auf Laufbändern möglich. Mit dem breit verfügbaren Global Positioning System (GPS) sei es möglich, die geographische Breite und Länge am Empfangsort zu berechnen. Tragbare GPS-Geräte seien zwar für das Bootfahren, Angeln oder Jagen auf dem Markt. Diese Geräte, bei denen eine optische Anzeigeeinheit die aktuelle geographische Position, Ziele und Navigationsanweisungen für die Fahrt zu einem ausgewählten Ort anzeige, seien indessen im Allgemeinen auf Navigationszwecke beschränkt und nicht für einen Sportler zur Verwendung im Freien ausgelegt (Abs. 3-5).

28Im Stand der Technik bekannte Geräte für Golfspieler oder Fußgänger wiesen weder einen Algorithmus zur Echtzeit-Bestimmung der sportlichen Leistung noch eine akustisch wahrnehmbare Darstellung der Informationen, eine Einrichtung zum Speichern der Historie der Übungsdaten oder Mittel zur Unterhaltung des Sportlers auf. Die Gehäuse seien voluminös und typischerweise mit eingebauten Antennen versehen, die verhinderten, dass die Geräte während des Trainings bequem getragen werden könnten, ohne die Übertragung der Satellitensignale zu unterbrechen. Die ausschließlich optische Informationsübermittlung erfordere eine häufige visuelle Interaktion, die die Sicherheit und Konzentration des Nutzers beeinträchtige, was diese Geräte für den Einsatz bei sportlichen Aktivitäten als ungeeignet erscheinen lasse (Abs. 8).

292. Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Gerät zur Verfügung zu stellen, das klein und leicht genug ist, um von einem Sportler im Freien getragen werden zu können, und die Leistung sowie die dafür maßgeblichen Parameter kontinuierlich und konsistent in Echtzeit überwacht und meldet (Abs. 9).

303. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 ein tragbares Gerät zur Überwachung der sportlichen Leistung vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (die aufeinander aufbauenden Änderungen nach sind durch unterschiedliche Arten der Unterstreichung gekennzeichnet):

314. Einige Merkmale bedürfen der Erörterung.

32a) Tragbar im Sinne von Merkmal 1.1 ist ein Gerät, wenn seine Abmessungen und sein Gewicht so gering sind, dass es von einem Sportler getragen werden kann, ohne dass dessen Bewegungsfähigkeit wesentlich eingeschränkt ist.

33Nach der Beschreibung des Streitpatents kann das Gerät so ausgestaltet sein, dass es am Oberarm befestigt, einfach in der Hand gehalten oder an einem Gürtel oder an einem Armband angebracht werden kann (Abs. 23). Patentanspruch 1 enthält indessen keine Festlegung auf eines dieser Details.

34b) Eine wesentliche Grundlage für die Ermittlung der Leistungsdaten sind die mit Hilfe eines GPS-Empfängers empfangenen zeitgestempelten geographischen Positionsdaten im Sinne von Merkmal 1.2.

35Wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, enthalten Zeitstempel im Sinne von Merkmal 1.2 nicht zwingend die Zeitangaben, anhand derer der GPS-Empfänger die aktuelle Position ermittelt. Erforderlich und ausreichend ist eine der jeweiligen Position zugeordnete Zeitangabe, die die Feststellung ermöglicht, zu welchem Zeitpunkt der Sportler sich an der jeweils angegebenen Position befunden hat.

36c) Anhand solcher Daten-Tupel ermittelt die nach Merkmal 1.3 vorgesehene Berechnungseinrichtung Meldedaten zur sportlichen Leistung.

37aa) Als Beispiele für Daten zur sportlichen Leistung nennt die Streitpatentschrift die zurückgelegte Strecke, die aktuelle und die mittlere Geschwindigkeit, das aktuelle und mittlere Schritttempo, der Kalorienverbrauch, die verbleibende Strecke und die verbleibende Zeit (Abs. 9 Z. 34-36; Abs. 42 Z. 12-15).

38Auch bezüglich dieser Details enthält Patentanspruch 1 keine zwingenden Festlegungen.

39bb) Hinsichtlich der (technischen) Voraussetzungen, unter denen nach Merkmal 1.2 gewonnene Daten-Tupel in Meldedaten umgewandelt werden, enthalten die erteilte Fassung und die mit den Hilfsanträgen I und II verteidigten Fassungen unterschiedliche Anforderungen.

40(1) Nach der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 reicht es aus, wenn Daten-Tupel der genannten Art gewonnen und in irgendeiner Weise in Meldedaten umgewandelt werden können, die die sportliche Leistung betreffen.

41Eine Speicherung der Daten-Tupel oder der daraus gewonnenen Meldedaten ist danach nicht zwingend erforderlich. Es genügt die Darbietung der Daten gemäß Merkmal 1.4.

42(2) Nach Hilfsantrag I muss es gemäß den Merkmalen 1.1a, 1.2 und 1.2a möglich sein, zeitgestempelte geographische Positionsdaten kontinuierlich zu gewinnen und in einer Speichereinrichtung abzulegen.

43(a) Ob die Anforderung, dass die Gewinnung der Daten kontinuierlich erfolgt, bereits in der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 zum Ausdruck kommt und damit die Fassung von Hilfsantrag I - wie die Beklagte geltend macht - insoweit nur der Klarstellung dient, kann dahingestellt bleiben. Auch die mit Hilfsantrag I verteidigte Fassung ist aus den nachfolgend aufgezeigten Gründen nicht patentfähig.

44(b) Aus der Anforderung, dass der Empfänger in der Lage sein muss, die Daten kontinuierlich zu gewinnen und zu speichern, ergibt sich, dass ein Speichervorgang auch unabhängig von einem Benutzereingriff möglich sein muss. Wie viele Daten-Tupel die Speichereinrichtung gleichzeitig vorhalten kann und wie lange sie dort belassen werden, ist hingegen nicht im Einzelnen festgelegt.

45(3) Nach Hilfsantrag II muss es gemäß Merkmal 1.1b zusätzlich möglich sein, die durch Umwandlung der zeitgestempelten geographischen Positionsdaten gewonnenen Meldedaten ebenfalls in einer Speichereinrichtung abzulegen.

46(a) Aus dem Zusammenhang mit den Merkmalen 1.2 und 1.3 ergibt sich, dass diese Speicherung ebenfalls kontinuierlich erfolgen muss.

47Sowohl die Umwandlung nach Merkmal 1.3 als auch die Speicherung nach Merkmal 1.1b beziehen sich auf Daten, die gemäß Merkmal 1.2 kontinuierlich gewonnen werden. Daraus ergibt sich, dass auch die Merkmal 1.2 nachgelagerten Verarbeitungsschritte kontinuierlich erfolgen müssen.

48(b) Die nach Merkmal 1.1b gespeicherten Daten müssen gemäß Merkmal 1.3a so vorgehalten werden, dass es möglich ist, sie zur weiteren Speicherung und Langzeitanalyse an einen Computer zu übertragen.

49Daraus ergibt sich, dass die gespeicherten Meldedaten jedenfalls bei typischen Einsatz-Szenarien auch noch nach dem Abschluss der sportlichen Aktivität zur Verfügung stehen müssen, weil in der Regel erst danach die Möglichkeit zur Übertragung auf einen Computer besteht.

50Für die Speicherung der zeitgestempelten geographischen Positionsdaten, aus denen die Meldedaten gewonnen werden, ergeben sich auch nach Hilfsantrag II keine vergleichbaren Anforderungen.

51cc) Ob - wie die Beklagte geltend macht - Merkmal 1.3 zwingend erfordert, dass mehrere nach Merkmal 1.2 gewonnene Positionsdatensätze zueinander in Beziehung gesetzt werden, um die Sportleistungs-Meldedaten als "Feedback" zu berechnen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Auch bei der engeren Auslegung erweist sich das Streitpatent aus den nachfolgend aufgezeigten Gründen als nicht rechtsbeständig.

52d) Die in Merkmal 1.4 vorgesehene Darbietung der Daten kann nach der Beschreibung zum Beispiel mittels eines Audio-Moduls über Kopfhörer erfolgen oder durch visuelle Ausgabe über ein Display (Abs. 30, 45).

53Auch insoweit enthält Patentanspruch 1 keine näheren Festlegungen. Insbesondere bedarf es nicht zwingend einer akustischen Ausgabe, auch wenn diese in der Beschreibung als besonders vorteilhaft bezeichnet wird.

54II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

55Der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 werde durch das US-amerikanische Patent 5 546 092 (D5) vorweggenommen. D5 offenbare einen tragbaren GPS-Empfänger, der bei Outdoor-Sportarten, wie beispielsweise beim Bergsteigen, in der Hand getragen werden und dabei leistungsbezogene Daten anzeigen könne. Der Empfänger empfange Satellitensignale, aus denen er die geographischen Positionsdaten des Sportlers gewinne, die er zusammen mit der aktuellen Uhrzeit in einem Datensatz speichere. Das Gerät verfüge über eine Berechnungseinrichtung, die die Positionsdaten in Informationen über die Leistung auf bestimmten Streckenabschnitten umwandle und dem Sportler mitteile. Zwar werde nicht beschrieben, ob und wie die zeitgestempelten Positionsdaten in eine Angabe der Geschwindigkeit des Sportlers umgewandelt werden. D5 offenbare aber zum Beispiel die Angabe der Entfernung vom Start, der Entfernung zum Ziel sowie der voraussichtlichen Ankunftszeit. Diese Angaben seien nur möglich, wenn zeitgestempelte Positionsdaten des Ortes, an dem sich der Sportler tatsächlich befinde, berücksichtigt würden.

56Der mit den Hilfsantrag I verteidigte Gegenstand sei durch D5 nahegelegt. In D5 werde zwar nicht beschrieben, die gewonnenen zeitgestempelten Positionsdaten während einer Übungseinheit kontinuierlich zu speichern. Dies werde dem Fachmann, einem Diplom-Ingenieur oder Master der Elektrotechnik mit Schwerpunkt Nachrichtentechnik, der mit der Herstellung und Anwendung von GPS-Trackern befasst sei und bezüglich ergonomischer und sportphysiologischer Fragestellungen mit einem Sportwissenschaftler zusammenarbeite, ausgehend von D5 aber durch sein Fachwissen nahegelegt. Der in D5 offenbarte GPS-Empfänger umfasse einen internen Speicher, in dem aktuelle zeitgestempelte Positionsdaten mittels eines manuellen Tastendrucks abgespeichert werden könnten. Der Empfänger könne über ein Verbindungskabel mit einem externen Plotter oder PC verbunden werden, um die ermittelten Daten sammeln und analysieren zu können. Daher habe Veranlassung bestanden, zu überlegen, wie Sportleistungsdaten auch in Situationen analysiert werden könnten, in denen kein externer Speicher angeschlossen werden könne, etwa bei Aktivitäten im Freien. Den schon vorhandenen internen Gerätespeicher so auszubilden, dass die zeitgestempelten Positionsdaten nicht nur auf Tastendruck, sondern laufend zur kontinuierlichen Überwachung der Fortschritte des Sportlers gespeichert werden könnten, liege im Rahmen des fachmännischen Wissens und Handelns und stelle daher keine erfinderische Tätigkeit dar.

57Der mit Hilfsantrag II verteidigte Gegenstand sei ebenfalls durch D5 nahegelegt.

58Dagegen habe das Streitpatent in der mit Hilfsantrag III verteidigten Fassung Bestand.

59Das US-amerikanische Patent 5 438 518 (D1), das Benutzerhandbuch zum Magellan GPS ColorTRAK, Ausgabe 1997 (D3), das Benutzerhandbuch zum Garmin GPS II plus, Ausgabe 3/1998 (D4) sowie die US-amerikanischen Patente 5 546 092 (D5) und 5 434 789 (D6) offenbarten jedenfalls keinen Herzfrequenzsensor im Sinne von Merkmal 20.1 und überwiegend auch keinen Drucksensor zum Ermitteln des Atmosphärendrucks im Sinne der Merkmale 10.1 und 10.2 (D1, D4, D5 und D6). In der internationalen Patentanmeldung 98/00204 (D12), der europäischen Patentschrift 638 336 (D13), dem Auszug aus der Zeitschrift "Cycling Plus", 10/1997 (D14) und dem Artikel "Touring with a Magic Compass" aus der Zeitschrift "Adventure Cyclist", 6/1997 (D15), die Trainingscomputer und Leistungsüberwachungsgeräte für den Fitnessbereich zum Gegenstand hätten, fehle es jeweils an einer Offenbarung der Merkmale 1.2 und 1.3 in der Fassung der Hilfsanträge. Der im Internet veröffentlichte Artikel der LA Times (http://articles.latimes.com/1997-04-27/news/ls-52865§1 big-brother, D16) berichte zwar, dass GPS-Geräte auch als Orientierungsmittel beim Golfsport oder zur Überwachung von Laufgeschwindigkeit und Puls in Abhängigkeit der Streckensteigung eingesetzt werden könnten, enthalte aber weder Ausführungen dazu, wie ein solches GPS-Gerät ausgebildet sein könnte, noch gebe es Hinweise auf das Vorhandensein eines Herzfrequenzsensors. Die US-amerikanischen Patente 5 470 233 (D2), 5 422 814 (D7), 5 646 857 (D8), 5 448 773 (D9), 5 265 025 (D10) und 5 592 173 (D11) beträfen keine Leistungsüberwachungsgeräte, sondern GPS-Systeme oder GPS-Geräte, die die Funktion eines klassischen Navigationssystems ausübten.

60Der mit Hilfsantrag III verteidigte Gegenstand sei auch nicht durch den Stand der Technik nahegelegt. D3, D4 und D5 enthielten keinen Hinweis darauf, dass die Herzfrequenz des Sportlers überwacht werden sollte, und hätten daher weder für sich noch in Kombination mit anderen Entgegenhaltungen eine Anregung gegeben, einen entsprechenden Sensor vorzusehen. Das in D12 offenbarte Leistungsüberwachungsgerät könne zwar eine GPS-Funktionalität aufweisen. Diese sei aber darauf beschränkt, Orientierungsinformationen zur Verfügung zu stellen. Eine Weiterverarbeitung der GPS-Daten wie im Streitpatent sei dagegen nicht vorgesehen. Eine Anregung, die GPS-Funktionalität in diese Richtung weiter auszubilden, ergebe sich aus D12 nicht. Weil dort die Steigung mit Hilfe eines Neigungssensors ermittelt werde, habe auch keine Veranlassung bestanden, zusätzlich einen barometrischen Höhensensor vorzusehen.

61III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren hinsichtlich der erteilten Fassung und der Hilfsanträge I und II im Ergebnis stand, nicht aber hinsichtlich der mit Hilfsantrag III verteidigten Fassung.

621. Im Ergebnis zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der mit Hilfsantrag II verteidigte Gegenstand nicht patentfähig ist. Daraus ergibt sich zugleich, dass das Streitpatent im angegriffenen Umfang auch in der erteilten Fassung und in der Fassung nach Hilfsantrag I nicht patentfähig ist.

63Dabei kann offenbleiben, ob diese Gegenstände durch D5 offenbart oder nahegelegt sind. Sie sind jedenfalls durch das Gerät Garmin GPS II plus und die Erläuterungen dazu im zugehörigen Handbuch (D4) vollständig offenbart.

64aa) D4 gehört entgegen der Auffassung der Beklagten zum Stand der Technik.

65(1) Für eine Veröffentlichung von D4 vor dem Prioritätstag des Streitpatents () spricht der darin enthaltene Copyright-Vermerk mit der Jahreszahl 1997.

66Nach der Lebenserfahrung deutet ein solcher Vermerk auf ein Erscheinen des Werks alsbald nach Drucklegung hin (, MMR 2018, 228 Rn. 30).

67(2) Für eine Veröffentlichung noch im Jahr 1997 sprechen auch die Anzeige für ein Gerät dieses Typs in der Zeitschrift "Boating", Ausgabe August 1997 (D4E) und der Artikel in der Zeitschrift "pc PRO", Ausgabe Januar 1998 (D4F), der von Versuchen mit einem solchen Gerät in Verbindung mit einem Minicomputer der Marke Psion berichtet und das Navigationsgerät als relativ neu (a relatively recent product) bezeichnet.

68bb) Aus D4F ergibt sich zugleich, dass ein Gerät dieses Typs vor dem Prioritätstag bereits der Öffentlichkeit zur Verfügung stand.

69Der Artikel beruht nicht allein auf Beschreibungen des Geräts, sondern auf einem vom Verfasser des Artikels durchgeführten Test. Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass das Gerät damals - wenn auch erst seit relativ kurzer Zeit - am Markt verfügbar war. Letzteres wird durch die bereits im Jahr 1997 veröffentlichte Anzeige in D4E bestätigt.

70cc) Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob das Handbuch im Laufe der Zeit Änderungen erfahren hat.

71Angesichts der konsistenten Datumsangaben aus unterschiedlichen Quellen und der übereinstimmenden Beschaffenheitsangaben in diesen Quellen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die für die Beurteilung des Streitfalls relevanten Eigenschaften bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents öffentlich zugänglich waren, und zwar nicht nur aufgrund der Informationen in D4, sondern auch aufgrund der in D4F dokumentierten Funktionen des am Markt verfügbaren Geräts.

72dd) D4 offenbart ein GPS-Navigationsgerät für Outdoor-Aktivitäten, wie beispielsweise Wandern und Radfahren (S. 54), das in der Hand gehalten werden kann (S. 7 und Abb. 7a).

73(1) Auf der Grundlage der von GPS-Satelliten übermittelten Funksignale berechnet das Gerät die aktuelle Position des Nutzers, verfolgt dessen Fortbewegung nach und aktualisiert die Positionsdaten kontinuierlich (S. 1 Abs. 1, S. 2 Abs. 2). Das Gerät zeigt auf einem Display verschiedene Daten an, beispielsweise die Bewegungsrichtung, die Strecke, die Geschwindigkeit, die Position und die Höhenmeter (S. 12 Abs. 2).

74Ferner wird die Fortbewegung des Nutzers in Form eines track log, einer Art elektronischer Brotkrumenspur, in Echtzeit angezeigt, wobei die Wegpunkte fortlaufend gespeichert werden. Hierbei wird auch die Geschwindigkeit angezeigt (S. 15 und Figuren 15a und 15b).

75(2) Zu den gespeicherten Daten gehören ausweislich der als Anlage D4G vorgelegten Aufstellung neben den Positionsdaten auch die Länge eines Wegabschnitts, die dafür benötigte Zeit und die sich daraus ergebende Geschwindigkeit.

76Dass die in D4G dokumentierten Daten bereits von den vor dem Prioritätstag verfügbaren Geräten gespeichert worden sind, ergibt sich aus dem detaillierten und in sich schlüssigen Vorbringen der Klägerin zur Historie der eingesetzten Software-Versionen und zum (nach dem Prioritätstag erfolgten) Kauf eines Geräts mit einer Software-Version, die bereits vor dem Prioritätstag verfügbar war. Die Beklagte zeigt keine Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung ergeben.

77Die Anzeige von Länge, Breite, Höhe, Zeit und Geschwindigkeit wird auch in D4F beschrieben, ferner die Ausgabe solcher Daten im Format NMEA an andere Geräte. Letztere bildet in diesem Artikel sogar den Kernpunkt des Interesses.

78(3) Das Gerät verfügt außerdem über einen Timer, der nach jeder Aktivität zurückgesetzt werden kann. Dies ermöglicht die Anzeige der seit dem letzten Zurücksetzen zurückgelegten Strecke, der Zeit, in der eine Bewegung stattgefunden hat, der durchschnittlichen Geschwindigkeit und der Höchstgeschwindigkeit (S. 27).

79ee) Damit sind sämtliche Merkmale von Patentanspruch1 in der mit Hilfsantrag II verteidigten Fassung offenbart.

80(1) Das in D4 offenbarte Gerät ist nicht als reines Navigationsgerät eingerichtet, sondern auch zur Leistungsüberwachung im Sinne von Merkmal 1.1.

81Die aufgrund des erwähnten track logs ermittelte Geschwindigkeit wird auch in der Beschreibung des Streitpatents (Abs. 42) als Angabe angeführt, die zur Ermittlung der sportlichen Leistung erhoben wird.

82(2) Mit der Aufzeichnung des track log und der Speicherung der Wegpunkte mit den in D4G dargestellten Informationen offenbart D4 die kontinuierliche Gewinnung und Speicherung zeitgestempelter geographischer Positionsdaten im Sinne von Merkmal 1.2 und deren kontinuierliche Umwandlung in Meldedaten im Sinne von Merkmal 1.3.

83Bei der Ermittlung der Geschwindigkeit auf den einzelnen Abschnitten werden hierbei jeweils mehrere Datensätze herangezogen, wie dies Merkmal 1.3 nach Auffassung der Beklagten erfordert.

84(3) Wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, weist das in D4 offenbarte Gerät eine Anzeigevorrichtung im Sinne von Merkmal 1.4 auf.

85(4) Mit der Möglichkeit, die aufgezeichneten Daten zu exportieren, wie dies in D4G dargestellt ist, sind auch die zusätzlichen Merkmale nach Hilfsantrag II offenbart.

862. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts war der mit Hilfsantrag III verteidigte Gegenstand durch den Stand der Technik nahegelegt.

87a) Zu Recht hat das Patentgericht allerdings angenommen, dass dieser Gegenstand neu ist.

88aa) D5 und D4 offenbaren weder einen Herzfrequenzsensor im Sinne von Merkmal 20.1 noch einen Drucksensor zum Ermitteln eines Atmosphärendrucks gemäß den Merkmalen 10.1 und 10.2.

89bb) Die als Addendum zum Handbuch zum Magellan GPS ColorTRAK (D3) bezeichnete Anleitung (D3A) offenbart zwar einen integrierten barometrischen Drucksensor, nicht aber einen Sensor für die Herzfrequenz.

90cc) D12 offenbart ein stationäres System für Indoor-Training.

91(1) Das System umfasst ein tragbares Überwachungsgerät und eine Trainingsvorrichtung, wie beispielsweise einen Fahrradtrainer.

92Das Überwachungsgerät verfügt über eine Aufnahmefunktion, mittels derer eine körperliche Aktivität kennzeichnende Daten, beispielsweise bestimmte Rennstrecken und Trainingsrouten, aufgezeichnet werden können. Das Überwachungsgerät kann mit dem Trainingsgerät gekoppelt werden, so dass mittels der aufgezeichneten Daten die entsprechende körperliche Aktivität auf dem Trainingsgerät simuliert und vom Trainierenden nachvollzogen werden kann (S. 2 Z. 2-6).

93Das tragbare Überwachungsgerät kann auf der Grundlage eines tragbaren Fahrradcomputers konstruiert sein, wie er im Stand der Technik bekannt ist. Ein solches Gerät kann vom Trainierenden in Form einer Armbanduhr getragen oder an das Fahrrad montiert werden (S. 25 Z. 8-12). Es überwacht und speichert die durchschnittliche Herzfrequenz, die Höchst- und Niedrigzielzonen mit Alarmeinrichtung, die aktuelle Herzfrequenz, die Erholungsgeschwindigkeit und die EKG-Aufzeichnung. Weitere Mess- und Aufzeichnungsfunktionen können CO2-, Sauerstoff- oder andere Blutgas-Werte betreffen. Der Fahrradcomputer und das Überwachungsgerät können auch andere Funktionen bieten, beispielsweise die Angabe der Route, der aktuellen Geschwindigkeit, der Durchschnittsgeschwindigkeit, der Höchstgeschwindigkeit, der aktuellen Steigung und Neigung, der erreichten Höhenmeter, der Fahrstrecke oder der zurückgelegten Kilometer (S. 25 Z. 14-25).

94Der tragbare Computer kann auch automatisch oder händisch die Neigung, die Entfernung oder die Herzfrequenz abfragen und diese Daten speichern (S. 26 Z.1-5). Er verfügt ferner über typische Uhr- und Zeitmessfunktionen wie eine Stoppuhr, unterschiedliche Zeitgeber, die Angabe der Tageszeit oder eine Alarmfunktion (S. 26 Z. 12-15).

95Die Vorrichtung kann außerdem eine GPS-Funktionalität aufweisen (S. 26 Z. 8-9).

96(2) Damit ist Merkmal 20.1 offenbart.

97(3) Nicht offenbart sind die Merkmale 10.1 und 10.2.

98Die Vorrichtung der D12 kann zwar die erreichten Höhenmeter sowie Neigungen und Steigungen der Route angeben und speichern. Eine Höhenmessung mittels eines Drucksensors ist aber nicht erwähnt.

99b) Die nach Hilfsantrag III zusätzlich vorgesehenen Merkmale sind jedoch durch D4 und D12 nahegelegt.

100aa) Aus dem in D12 enthaltenen Hinweis, das dort offenbarte, auf den Funktionen von bekannten Fahrradcomputern beruhende Überwachungsgerät könne auch GPS-Funktionalität aufweisen, ergab sich nicht nur die Anregung, die üblichen Funktionen eines Fahrradcomputers um die Anzeige der geographischen Länge und Breite zu ergänzen. Vielmehr bestand Anlass, auch darüber hinausgehende Möglichkeiten eines GPS-Systems zu nutzen, soweit dies für die in D12 offenbarten Zwecke sinnvoll erscheint. Hierzu gehören die aus D4 bekannte Ermittlung und Speicherung der Geschwindigkeit und der ergänzende Einsatz von GPS zur Ermittlung der Höhe.

101Umgekehrt ergab sich aus einer Zusammenschau der beiden Entgegenhaltungen die Anregung, bekannte GPS-Geräte um Funktionen zu erweitern, wie sie von herkömmlichen Fahrradcomputern und ähnlichen Geräten bekannt waren.

102Dem steht nicht entgegen, dass solche zusätzlichen Einrichtungen im Stand der Technik vor allem bei stationären Vorrichtungen eingesetzt wurden. D12 zeigt, dass die Messung der Herzfrequenz auch bei tragbaren Geräten eingesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund bestand Anlass, den Stand der Technik weitergehend darauf zu untersuchen, welche für stationäre Geräte bekannten Funktionen sich auch für den Einsatz im mobilen Umfeld eignen. Zu diesen Funktionen gehört neben der Messung der Herzfrequenz auch die barometrische Ermittlung der Höhe.

103bb) Dass eine Höhenmessung auch aufgrund der GPS-Signale oder aufgrund von Neigungsdaten möglich ist, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

104Im Stand der Technik war bekannt, dass die Höhenmessung mit Hilfe von GPS eine geringere Genauigkeit aufweist als die Bestimmung der geographischen Länge und Breite. Dies wird etwa in D4F erwähnt (S. 323 rechte Spalte).

105Aus dem US-amerikanischen Patent 5 646 857 (D8) war auch bekannt, dass diese Ungenauigkeiten durch den zusätzlichen Einsatz von Drucksensoren behoben werden können. Eine solche Verbesserung der Genauigkeit bot sich auch bei tragbaren Geräten nach dem Vorbild von D4 und D12 an.

106IV. Der mit Hilfsantrag IV verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.

1071. Nach Hilfsantrag IV soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 um folgende Merkmale ergänzt werden:

1.5 einer Speichereinrichtung (608) und einer zentralen Verarbeitungseinheit (602) zur Steuerung des Betriebs des GPS-Empfängers (604);

1.6 einem Sensor (610) zum Ermitteln des Atmosphärendrucks mit einem Ausgang, der in die Zentralverarbeitungseinheit (602) eingegeben wird;

1.7 Mitteln zum Stoppen und Wiederaufnehmen des Betriebs der Verarbeitungseinrichtung, wenn eine Geschwindigkeit des Sportlers unter eine bestimmte Schwelle fällt;

1.8 einem Herzfrequenzsensor (611) zum Ermitteln der Herzfrequenz des Sportlers, mit einem Ausgang, der in die Zentralverarbeitungseinheit (602) eingegeben wird,

1.9 wobei der GPS-Empfänger (604) zum Aufnehmen einer Folge von zeitgestempelten GPS-Routenpunkten für den Sportler ausgebildet ist und die Berechnungseinrichtung (602) zur Berechnung der Sportleistungs-Meldedaten aus der Folge der zeitgestempelten Routenpunkte ausgebildet ist.

1082. Der damit verteidigte Gegenstand entspricht trotz der abweichenden Formulierungen bis auf Merkmal 1.7 im Wesentlichen dem mit Hilfsantrag III verteidigten Gegenstand und unterliegt deshalb insoweit keiner abweichenden Beurteilung.

1093. Merkmal 1.7 setzt nicht voraus, dass die Umwandlung in Meldedaten zur sportlichen Leistung komplett abgeschaltet wird, wenn die Geschwindigkeit des Sportlers unter eine bestimmte Schwelle fällt. Es reicht vielmehr aus, wenn die Umwandlung in Meldedaten in diesem Fall temporär unterbleibt.

110Dieses Merkmal ist in D4 offenbart.

111Zu den Funktionen des in D4 beschriebenen Geräts gehört ein Trip Timer. Dieser zeigt die Zeit an, in der seit dem letzten Zurücksetzen eine Geschwindigkeit registriert worden ist (S. 27).

112Eine solche Messung ist nur dann möglich, wenn die Erfassung in Zeiträumen unterbleibt, in denen keine Bewegung festgestellt wird, also die gemessene Geschwindigkeit unterhalb eines festgelegten Mindestwerts liegt.

113V. Der mit Hilfsantrag V verteidigte Gegenstand des Streitpatents ist ebenfalls nicht patentfähig.

1141. Nach Hilfsantrag V soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag III um folgende Merkmale aus Hilfsantrag IV ergänzt werden:

1.7 Mittel zum Stoppen und Wiederaufnehmen des Betriebs der Verarbeitungseinrichtung, wenn eine Geschwindigkeit des Sportlers unter eine bestimmte Schwelle fällt;

1.9 wobei der GPS-Empfänger (604) zum Aufnehmen einer Folge von zeitgestempelten GPS-Routenpunkten für den Sportler ausgebildet ist und die Berechnungseinrichtung (602) zur Berechnung der Sportleistungs-Meldedaten aus der Folge der zeitgestempelten Routenpunkte ausgebildet ist.

1152. Der mit dieser Fassung beanspruchte Gegenstand ist weiter als der mit Hilfsantrag IV verteidigte Gegenstand und unterliegt deshalb keiner abweichenden Beurteilung.

116VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG sowie § 97 Abs. 1 und § 91 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:200623UXZR31.21.0

Fundstelle(n):
OAAAJ-43647