Umsatzsteuer | Unterschiedliche Entlastungswirkung der Umsatzsteuersenkung auf Gaslieferungen (hib)
Die Bundesregierung hat zu unterschiedlichen Entlastungswirkungen der Umsatzsteuersenkung auf Gaslieferungen bei Verbrauchern Stellung genommen (Antwort der Bundesregierung vom , BT-Drucks. 20/7305, auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (BT-Drucks. 20/7108)).
Hintergrund: Seit Oktober 2022 gilt in Deutschland eine reduzierte Umsatzsteuer auf den Verbrauch von Erdgas und Biogas sowie Wärme über das Wärmenetz. Diese Maßnahme wurde im Rahmen des Konjunkturpakets der Bundesregierung beschlossen, um die finanziellen Auswirkungen der steigenden Energiepreise abzufedern (Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz, BT-Drucks. 20/3530).
Fraglich ist, wie sich die Umsatzsteuersenkung konkret auf die Gas- und Wärmerechnung der Verbraucher auswirkt. Mit seinem (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 25.10.2022) hat das BMF Spielräume bei der Art des Abrechnungszeitraums geschaffen. Für den Endverbraucher ist der Zeitraum der Umsatzsteuerermäßigung daher abhängig von dem Abrechnungsmodell, das der Gasanbieter wählt („Stichtagsregel“, „Zeitscheibenmodell“, „Hybridmodell“). Damit haben Anbieter beispielsweise im Falle des Ablesestichtags am 31. Dezember die Wahl einen Zeitraum von 30 Monaten (Oktober 2021 bis März 2024) oder 36 Monaten (Januar 2021 bis Dezember 2023) dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Somit werden einige Verbraucher länger und stärker von der Steuersenkung profitieren als andere.
Hierzu führt die Bundesregierung u.a. weiter aus:
Nach den verwaltungsinternen Regelungen in Rn. 12 des zur befristeten Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz und Wärme über ein Wärmenetz im Zeitraum vom bis werden die Lieferungen von Gas oder Wärme durch Versorgungsunternehmen an Kunden nach Ablesezeiträumen (z.B. vierteljährlich oder jährlich) abgerechnet. Sofern die Ablesezeiträume zu einem Zeitpunkt nach dem und vor dem enden, sind grundsätzlich die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums dem ab geltenden Umsatzsteuersatz von 7 Prozent zu unterwerfen. Sofern Ablesezeiträume nach dem enden, sind grundsätzlich die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums dem Umsatzsteuersatz von 19 Prozent zu unterwerfen (Stichtagsmodell).
Manche Versorger rechnen jedoch auch mit verkürzten Abrechnungszeiträumen zum ab. Die Finanzverwaltung lässt es nach dem in diesem Fall für umsatzsteuerrechtliche Zwecke zu, diese gesonderten Abrechnungen bei Kunden in der Weise vorzunehmen, dass die Ergebnisse der Ablesezeiträume, die regulär nach dem und/oder vor dem enden, im Verhältnis der Tage vor und ab dem aufgeteilt werden (Zeitscheibenmodell). Beim Zeitscheibenmodell handelt es sich um eine Vereinfachungsregelung. Vergleichbare Regelungen haben alle BMF-Schreiben zu Steuersatzänderungen ab dem Jahr 1968 enthalten.
Erst das Zeitscheibenmodell ermöglicht es, den Willen des Gesetzgebers zielgenau umzusetzen und Verbraucher für 18 Monate zu entlasten. Denn bei der reinen Anwendung des Stichtagsmodells wäre bei jährlichen Abrechnungszeiträumen der ermäßigte Umsatzsteuersatz, abhängig vom jeweiligen Ende des Abrechnungszeitraums, entweder nur für 12 oder für 24 Monate anwendbar. Ein 18-monatiger Begünstigungszeitraum wäre hingegen bei jährlichen Abrechnungszeitraum mit dem Stichtagsmodell nicht erzielbar.
Zudem erleichtert das Zeitscheibenmodell den Versorgern die Abrechnung gegenüber den Kunden. Denn bei Preisänderungen ist nach § 12 Absatz 2 der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) der für die neuen Preise maßgebliche Verbrauch zeitanteilig zu berechnen. Entsprechendes gilt nach § 12 Absatz 2 Satz 2 GasGVV bei Änderung des Umsatzsteuersatzes. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung haben die Versorger in ihren IT-Systemen regelmäßig das Zeitscheibenmodell implementiert. Hingegen ist eine Abrechnung nach dem Stichtagsmodell wohl zumindest manchen Versorgern IT-seitig nicht möglich.
Bei dem zitierten BMF-Schreiben handelt es sich um eine Verwaltungsanweisung, die die Finanzverwaltung bindet, nicht jedoch die Steuerpflichtigen oder die Gerichte. BMF-Schreiben stellen keine gesetzlichen Regelungen dar. Demgemäß regelt das BMF-Schreiben keine zivilrechtlichen Fragestellungen. Es obliegt daher den Vertragsparteien zu prüfen, ob zivilrechtliche Regelungen eine bestimmte Abrechnungsmethode indizieren.
Quelle: BT-Drucks. 20/7305 v. (il)
Fundstelle(n):
RAAAJ-42781