BGH Urteil v. - AnwZ (Brfg) 12/21

Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Unvereinbarkeit der Arbeitnehmerüberlassung mit dem Anwaltsberuf; Gefahr von Interessenkollisionen

Gesetze: § 7 S 1 Nr 8 BRAO, § 46 Abs 1 BRAO, § 46 Abs 2 S 1 BRAO, § 46 Abs 5 BRAO, § 1 AÜG, § 611 BGB, § 611a BGB, Art 12 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: AnwZ (Brfg) 12/21 Beschlussvorgehend Anwaltsgerichtshof Hamm Az: 1 AGH 10/20 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger ist Volljurist. Seit dem Jahr 2007 ist er für die F.       GmbH (damals firmierend als P.        GmbH), ein Zeitarbeitsunternehmen, tätig und dort laut Arbeitsvertrag vom seit dem als "Senior Director/Personalberater" beschäftigt.

2Am schloss der Kläger mit der F.         GmbH eine "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag", mit der ergänzend seine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer der F.        GmbH vereinbart wurde. In einer "Tätigkeitsbeschreibung zur Vorlage bei der Rechtsanwaltskammer" vom selben Tage erklärte die F.       GmbH, dass der Kläger ab dem bei ihr als Volljurist angestellt sei und ab diesem Tag im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung ausschließlich für die Kanzlei T.               Partnerschaftsgesellschaft mbB (im Folgenden: Kanzlei T.           ) am Standort D.     im Bereich Litigation tätig sein werde. Außerdem erteilte sie dem Kläger eine "Freistellungserklärung" für die Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts neben seiner Tätigkeit als Angestellter. Wegen des genauen Inhalts der Vereinbarungen und Erklärungen wird auf die zur Akte gereichten Ablichtungen des Arbeitsvertrags, der Zusatzvereinbarung, der Tätigkeitsbeschreibung und der Freistellungserklärung Bezug genommen.

3Am schloss die F.       GmbH mit der Kanzlei T.          einen "Arbeitnehmerüberlassungs- und Personalvermittlungsvertrag" über die Überlassung des Klägers an die Kanzlei zur Mitarbeit in einem Masseklageverfahren als Volljurist (sog. "entliehener Projektanwalt"), wegen dessen Einzelheiten auf die in der Beiakte befindliche Ablichtung verwiesen wird.

4Unter dem erteilte die Kanzlei T.            dem Kläger eine "Unwiderrufliche Einverständnis- und Freistellungserklärung" für die Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt neben seiner Tätigkeit als Projektanwalt und gab in einer "Tätigkeitsbeschreibung" vom an, dass dem Kläger jeweils unter Überwachung eines Partners der Kanzlei die Prüfung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit zivilgerichtlichen Klageverfahren, das Abfassen von Schriftsätzen und die Beantwortung von Gerichtskorrespondenz, die Vertretung von Mandanten der Kanzlei vor Gericht sowie der Abschluss von Vergleichen und die Abgabe sonstiger verfahrensrelevanter Erklärungen obliege, wobei er erst nach erfolgter Zulassung als Rechtsanwalt nach außen in Gerichtsverfahren bzw. gegenüber Mandanten der Kanzlei auftreten werde. Der genaue Inhalt der Erklärungen ergibt sich aus den zur Akte gereichten Ablichtungen der Erklärungen.

5Mit Schreiben vom beantragte der Kläger bei der Beklagten seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Im Laufe des Zulassungsverfahrens gab er an, dass er nach seiner Zulassung aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags auch für die Kanzlei T.          ohne Untermandatierung und unter deren Briefkopf in Gerichtsverfahren bzw. gegenüber Mandanten nach außen auftreten solle.

6Die Beklagte lehnte den Zulassungsantrag mit Bescheid vom mit der Begründung ab, dass die Tätigkeit des Klägers als Leiharbeitnehmer der F.        GmbH bei der Kanzlei T.           nicht die Voraussetzungen der in § 46 BRAO abschließend geregelten Formen einer zulässigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs im Anstellungsverhältnis erfülle und daher mit dem Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 7 Nr. 8 BRAO (in der bis zum geltenden Fassung, im Folgenden: aF; jetzt § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO) unvereinbar sei.

7Der Anwaltsgerichtshof (AGH NRW, BRAK-Mitt. 2021, 111) hat die dagegen erhobene Klage des Klägers abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

8Die Beklagte habe zu Recht angenommen, dass die beabsichtige Tätigkeit des Klägers im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung an die Kanzlei T.           mit § 7 Nr. 8 BRAO aF nicht vereinbar sei, weil sie keiner der in § 46 BRAO abschließend geregelten zulässigen Formen einer Beschäftigung von Rechtsanwälten im Angestelltenverhältnis unterfalle. § 46 Abs. 1 BRAO sei nicht erfüllt, weil Arbeitgeber des Klägers im Sinne dieser Vorschrift die Leiharbeitgeberin F.      GmbH sei und nicht die den Kläger entleihende Rechtsanwaltskanzlei. Für eine "funktionale" Auslegung des Arbeitgeberbegriffs des § 46 BRAO, etwa durch Bezugnahme auf die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis und den Tätigkeitserfolg des Arbeitnehmers, bestehe keine Grundlage. Damit seien auch die Voraussetzungen einer Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 BRAO nicht erfüllt, weil der Kläger nicht ausschließlich in Rechtsangelegenheiten der F.       GmbH, sondern in Rechtsangelegenheiten der entleihenden Rechtsanwaltskanzlei bzw. von deren Mandanten anwaltlich tätig werde. Eine Zulassung weiterer Gestaltungsformen anwaltlicher Tätigkeit sei auch unter verfassungs- und europarechtlichen Gesichtspunkten nicht geboten. Der Unvereinbarkeit der beabsichtigten Tätigkeit mit dem Beruf des Rechtsanwalts im Sinne von § 7 Nr. 8 BRAO aF könne auch nicht durch Tätigkeitsverbote nach § 45 BRAO (in der bis zum geltenden Fassung; im Folgenden: aF) begegnet werden, weil diese nicht verhindern könnten, dass der Kläger für die entleihende Rechtsanwaltskanzlei außerhalb des "Back Office" tätig werde. Dies sei nur durch eine entsprechende Selbstverpflichtung der Entleiherin möglich, die der Kläger aber nicht beigebracht habe.

9Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung.

10Der Kläger ist der Auffassung, der Anwaltsgerichtshof habe den Zulassungsversagungsgrund des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO unzulässig weit ausgelegt, weil er verkannt habe, dass eine Zulassungsversagung wegen Unvereinbarkeit im Sinne dieser Vorschrift aus verfassungsrechtlichen Gründen nur in Betracht komme, wenn sich im konkreten Einzelfall bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise zwischen Erst- und Zweittätigkeit eine Pflichtenkollision deutlich abzeichne, die auch nicht durch Berufsausübungsregelungen beseitigt werden könne. Eine solche konkrete Pflichten- bzw. Interessenkollision zwischen seiner Tätigkeit als Jurist bei einem Entleihbetrieb einerseits und seiner (beabsichtigten) Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt andererseits zeige der Anwaltsgerichtshof jedoch nicht auf und sei auch nicht zu befürchten bzw. faktisch ausgeschlossen. Denkbar seien allein Konflikte, die auch zwischen einzelnen Aufträgen eines Rechtsanwalts oder zwischen der Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt und als Syndikusrechtsanwalt auftreten könnten und denen durch Berufsausübungsregelungen wie § 45 BRAO aF begegnet werden könne. Die gegenteilige Auffassung des Anwaltsgerichtshofs widerspreche zudem der in der Gesetzesbegründung zu §§ 46 ff. BRAO zum Ausdruck kommenden Offenheit des Anwaltsberufs für neue Beratungsmodelle. Gerade bei größeren Anwaltssozietäten bestehe immer häufiger das Bedürfnis, Rechtsanwälte flexibel in bestimmten, zeitlich befristeten Projekten einzusetzen.

11Darüber hinaus sei seine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer bei der Kanzlei T.            auch nach § 46 Abs. 1 BRAO zulassungsfähig. Entgegen der Ansicht des Anwaltsgerichtshofs sei der Begriff des Arbeitgebers im Sinne dieser Vorschrift insbesondere aus teleologischen Gründen, aber auch aufgrund verfassungs- und europarechtlicher Vorgaben zwingend funktionsbezogen dahingehend auszulegen, dass er den Inhaber des arbeitgebertypischen Weisungsrechts und damit hier die entleihende Rechtsanwaltskanzlei umfasse.

12Der Kläger beantragt,

das Urteil des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom abzuändern und

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom zu verpflichten, ihn als Rechtsanwalt zuzulassen,

hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom zu verpflichten, über seinen Antrag vom unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

13Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

14Sie ist der Ansicht, der Begriff des Arbeitgebers im Sinne von § 46 BRAO sei formal entsprechend § 611a Abs. 1 BGB auf die Vertragspartei des Arbeitnehmers zu beziehen. Das sei im Fall der Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG ausschließlich der (verleihende) Arbeitgeber. Ein funktionales Verständnis des Arbeitgeberbegriffs sei bereits im Wortlaut des § 46 BRAO nicht angelegt und auch unter Berücksichtigung weiterer Auslegungsgesichtspunkte nicht geboten. Die Unvereinbarkeit der Tätigkeit des Klägers mit dem Beruf des Rechtsanwalts im Sinne von § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO folge damit bereits daraus, dass er in abhängiger Stellung als Angestellter in Widerspruch zu § 46 BRAO für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber tätig sei. Einer Prüfung, ob im vorliegenden Fall konkret eine Pflichten- bzw. Interessenkollision zwischen den beiden Tätigkeiten bestehe, bedürfe es daher nicht mehr.

15Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Beiakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Senats vom Bezug genommen.

Gründe

16Die nach § 112e Satz 1 und 2 BRAO i.V.m. § 124a Abs. 6 VwGO statthafte und zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage mit Recht abgewiesen.

I.

17Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO) und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet. Die Ablehnung des Antrags des Klägers vom , ihn zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen, ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat den Zulassungsantrag zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass einer Zulassung des Klägers der Versagungsgrund des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO entgegensteht.

181. Nach § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn die antragstellende Person eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann.

19a) Ziel der Regelung ist, die fachliche Kompetenz und die Integrität sowie einen ausreichenden Handlungsspielraum der Rechtsanwälte zu sichern und die notwendigen Vertrauensgrundlagen der Rechtsanwaltschaft zu schützen (vgl. etwa BVerfGE 87, 287, 321; BGH, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 41/05, NJW 2006, 2488 Rn. 4 und vom - AnwZ (Brfg) 7/20, BRAK-Mitt. 2020, 361 Rn. 7). Dabei kommt es für die Frage der Vereinbarkeit des Anwaltsberufs mit anderen Tätigkeiten nicht nur auf die Integrität des einzelnen Bewerbers und die Besonderheiten seiner beruflichen Situation an. Selbst wenn diese im Einzelfall günstig beurteilt werden können, muss darüber hinaus berücksichtigt werden, ob die Ausübung des zweiten Berufs beim rechtsuchenden Publikum begründete Zweifel an der Unabhängigkeit und Kompetenz eines Rechtsanwalts wecken muss und dadurch das Ansehen der Rechtsanwaltschaft insgesamt in Mitleidenschaft gezogen wird (BVerfGE 87, 287, 320 f.; BGH, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 41/05, NJW 2006, 2488 Rn. 4 und vom - AnwZ (Brfg) 7/20, BRAK-Mitt. 2020, 361 Rn. 7).

20b) Mit dem Anwaltsberuf als freiem und unabhängigem Beruf (§§ 1 bis 3 BRAO) nicht vereinbar ist danach eine Tätigkeit, die dem Rechtsanwalt rechtlich und tatsächlich nicht den Handlungsspielraum belässt, der für die Ausübung des Anwaltsberufs unentbehrlich ist. Hierfür ist erforderlich, dass er den Anwaltsberuf in einem wenn auch beschränkten, so doch nennenswerten Umfang und jedenfalls mehr als nur gelegentlich ausüben kann (vgl. BVerfGE 87, 287, 323; AnwZ (B) 49/10, NJW 2012, 534 Rn. 27 mwN). Dies ist durch eine unwiderrufliche Nebentätigkeitsgenehmigung oder Freistellungsbescheinigung sicherzustellen (vgl. etwa AnwZ (B) 56/94, NJW-RR 1995, 949).

21Außerdem muss die Tätigkeit nach Art und Inhalt mit dem Anwaltsberuf im berufsrechtlichen Sinne vereinbar sein. Dabei spielt keine Rolle, ob die Tätigkeit im Rahmen einer gehobenen, der anwaltlichen Berufsausübung vergleichbaren Stellung ausgeübt wird (vgl. BVerfGE 87, 287, 325 f.). Auch eine erwerbswirtschaftliche Prägung der Tätigkeit steht einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht von vorneherein entgegen. Vielmehr ist ein Ausschluss bei einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit nur dann gerechtfertigt, wenn sich die Gefahr einer Pflichten- bzw. Interessenkollision der eigenen beruflichen Interessen des Antragstellers mit denen seiner Mandanten deutlich abzeichnet und ihr nur mit einer Berufswahlschranke begegnet werden kann (BVerfGE 87, 287, 330; BGH, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 79/02, NJW 2004, 212 mwN und vom - AnwZ (Brfg) 7/20, BRAK-Mitt. 2020, 361 Rn. 8 mwN). Solche Interessenkollisionen, die das Vertrauen in die anwaltliche Unabhängigkeit gefährden, liegen vor allem dann nahe, wenn ein kaufmännischer Beruf die Möglichkeit bietet, Informationen zu nutzen, die aus der rechtsberatenden Tätigkeit stammen (BVerfGE 87, 287, 329; AnwZ (Brfg) 10/12, NJW-RR 2014, 498 Rn. 7). Dabei ist darauf abzustellen, ob die zweitberufliche Tätigkeit bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise von Seiten der Mandantschaft die Wahrscheinlichkeit von Pflichten- und Interessenkollisionen nahelegt. Außer Betracht bleiben jedoch solche Pflichtenkollisionen, die sich ergäben, wenn der Rechtsanwalt in ein und derselben Angelegenheit sowohl als Rechtsanwalt als auch in seinem Zweitberuf tätig würde; insoweit greifen die Tätigkeitsverbote der § 43a Abs. 4 und 6, § 45, § 46 Abs. 2 BRAO (vgl. BGH, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 79/02, NJW 2004, 212 und vom - AnwZ (Brfg) 7/20, BRAK-Mitt. 2020, 361 Rn. 9 mwN).

22Dass eine Tätigkeit nach Art und Inhalt mit dem Beruf des Rechtsanwalts unvereinbar im Sinn von § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO ist, kann sich auch aus der Rechtsstellung ergeben, in der der Rechtsanwalt seine anwaltlichen Tätigkeiten ausübt. Angesichts des gesetzlichen Leitbildes des freien und selbständigen Rechtsanwalts (§§ 1, 3 BRAO) können aus anwaltlichen Tätigkeiten als Rechtsanwalt in einer abhängigen Stellung wie einem Anstellungsverhältnis, bei der die anwaltliche Unabhängigkeit des Rechtsanwalts nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise gewährleistet ist, Gründe folgen, dass diese Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf im berufsrechtlichen Sinn unvereinbar ist.

23c) Die Frage der Vereinbarkeit einer anderweitigen Tätigkeit mit dem Beruf des Rechtsanwalts ist nicht abstrakt nach deren Art, sondern jeweils unter Berücksichtigung ihrer konkreten Ausgestaltung zu prüfen (vgl. AnwZ (B) 26/84, NJW 1986, 435, 436; Weyland/Vossebürger, BRAO, 10. Aufl., § 7 Rn. 102). Die Entscheidung über den Versagungsgrund hängt davon ab, was der Antragsteller konkret nach seiner Zulassung als Rechtsanwalt zu tun beabsichtigt. Dass er die der Zulassung entgegenstehende Tätigkeit zur Zeit der Entscheidung der Rechtsanwaltskammer noch nicht ausübt, sondern sie erst aufnehmen will, sobald er zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, ist dabei unerheblich (vgl. BGH, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 10/67, BGHZ 49, 244, 245 f. und vom - AnwZ (B) 43/84, BGHZ 94, 65, 67; Weyland/Vossebürger, BRAO, 10. Aufl., § 7 Rn. 103). Abzustellen ist dabei auf die Aufgaben und Befugnisse, die dem Antragsteller nach dem Gesetz und den vertraglichen Vereinbarungen zukommen, auch wenn er diese im konkreten Fall tatsächlich nicht ausüben sollte. Maßgeblich ist insoweit nicht die tatsächliche Handhabung, sondern dass der Antragsteller rechtlich zu entsprechenden Tätigkeiten berechtigt bzw. verpflichtet wäre. Bei der Auslegung nicht eindeutiger vertraglicher Vereinbarungen kann allerdings für deren Verständnis der tatsächlichen Handhabung durch die Vertragsparteien als Indiz Bedeutung zukommen (vgl. AnwZ (Brfg) 8/21, BRAK-Mitt. 2022, 223 Rn. 16 mwN).

24d) Regelungsgegenstand des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO ist allerdings zunächst allein die Frage, ob die Ausübung der anderen Tätigkeit mit dem Beruf des Rechtsanwalts (un-)vereinbar ist. Die davon zu unterscheidende Frage, ob die beabsichtigte Tätigkeit als Rechtsanwalt für sich genommen zu einer Verletzung sonstiger Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung führen würde, ist dagegen in der Regel der standesrechtlichen Aufsicht der Rechtsanwaltskammer überlassen. Einzelheiten der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs beziehungsweise der Gestaltung einer anwaltlichen Praxis selbst erfasst der Versagungsgrund des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO nicht. Soweit es sich jedoch um grundsätzliche, die Stellung des Rechtsanwalts und das Vertrauen in seine Unabhängigkeit betreffende Fragen handelt, ist schon im Zulassungsverfahren zu prüfen, ob die beabsichtigte Ausübung des anderweiten Berufs mit dem Beruf des Rechtsanwalts vereinbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 10/67, BGHZ 49, 244, 245 f. und vom - AnwZ (B) 17/86, BRAK-Mitt. 1986, 223 f.; jeweils mwN; AGH Baden-Württemberg, NJW-RR 1998, 270, 271; Weyland/Vossebürger, BRAO, 10. Aufl., § 7 Rn. 103).

252. Ausgehend davon ist die Beschäftigung des Klägers als juristischer Leiharbeitnehmer bei der F.       GmbH gemäß den ihr zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen im Sinn von § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO mit dem Beruf des Rechtsanwalts unvereinbar und kann das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden.

26Das ergibt sich - wie der Kläger im Ausgangspunkt zutreffend geltend macht - allerdings nicht bereits aus der Natur seiner Tätigkeit als juristischer Leiharbeitnehmer. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beschäftigung als juristischer Leiharbeitnehmer im konkreten Fall den obigen Anforderungen des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO genügt. Dafür muss rechtlich und tatsächlich sowohl gewährleistet sein, dass dem Antragsteller neben seiner Leiharbeitnehmertätigkeit ein ausreichender Handlungsspielraum für die Ausübung seiner Anwaltstätigkeit verbleibt, als auch, dass er bei den möglichen Entleihern nicht zu Tätigkeiten eingesetzt wird, die er nach § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO nicht ausüben darf (vgl. Weyland/Vossebürger, BRAO, 10. Aufl., § 7 Rn. 120; Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl., § 7 Rn. 93). Jedenfalls die zweite Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

27a) Die Zusatzvereinbarung vom über die Beschäftigung des Klägers als Leiharbeitnehmer der F.       GmbH enthält weder die Zusicherung, dass der Kläger nur an Entleiher überlassen wird, bei denen ihm die Möglichkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs verbleibt, noch ist danach gewährleistet, dass er nicht zu Tätigkeiten eingesetzt wird, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO unvereinbar sind.

28§ 2 Abs. 2 Satz 1 der Zusatzvereinbarung bestimmt hinsichtlich der Art des Einsatzes des Klägers lediglich, dass er "als Volljurist" eingestellt wird, wobei die F.        GmbH nach Satz 2 der Regelung allerdings auch berechtigt ist, ihm eine andere, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende, gleichwertige und gleich bezahlte Aufgabe zuzuweisen. Nach § 2 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung ist der Kläger verpflichtet, bei Kunden der F.      GmbH tätig zu werden und gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft und nach bestem Können auszuführen, ohne dass der Kreis möglicher Kunden vertraglich näher bestimmt oder eingeschränkt wird. Darüber hinaus wird das allgemeine Direktionsrecht gemäß § 2 Abs. 5 der Zusatzvereinbarung "hinsichtlich der Aufgaben im Kundenbereich dem Kunden übertragen". Damit besteht vertraglich die Möglichkeit, dass der Kläger an einen Entleiher überlassen wird, dessen Tätigkeit - wie etwa bei der Tätigkeit als Versicherungs- oder Grundstücksmakler, Vermittler von Finanzdienstleistungen, Vermögensberater einer Bank oder Berater und Akquisiteur (vgl. Nachweise bei , NJW 2016, 2561 Rn. 24) - mit dem Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO unvereinbar ist, und von diesem in Ausübung des ihm übertragenen Direktionsrechts auch in diesen Tätigkeitsbereichen eingesetzt wird.

29b) Die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wäre auch dann nach § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO zu versagen, wenn die Tätigkeitsbeschreibungen und Freistellungserklärungen der F.          GmbH und der Kanzlei T.          als verbindliche und abschließende Regelung der Leiharbeitnehmertätigkeit des Klägers bei der F.      GmbH anzusehen wären.

30aa) Durch die unwiderruflichen Freistellungserklärungen der F.        GmbH und der Kanzlei T.           ist zwar gewährleistet, dass dem Kläger ein ausreichender Handlungsspielraum für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs neben seiner Tätigkeit als Leiharbeitnehmer verbleibt.

31bb) Die nach den Tätigkeitsbeschreibungen beabsichtigte Überlassung des Klägers als Leiharbeitnehmer der F.       GmbH an die Kanzlei T.         ist aber nach Art und Inhalt mit dem Beruf des Rechtsanwalts nicht vereinbar im Sinn von § 7 Satz 1 Nr. 8 Fall 1 BRAO.

32(1) Die Bundesrechtsanwaltsordnung geht in §§ 1 bis 3 BRAO vom Leitbild des freien und selbständigen Rechtsanwalts aus (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 25 zu § 46 Abs. 1 BRAO-E). Nach § 1 und § 3 Abs. 1 BRAO ist die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts elementare Voraussetzung anwaltlicher Tätigkeit. Sie soll eine allein an den Interessen des Mandanten ausgerichtete Beratung frei von sachfremden Einflüssen, insbesondere fremden wirtschaftlichen Interessen, sicherstellen (BT-Drucks. 18/5201, S. 30 f.). Diese Unabhängigkeit ist bei einer anwaltlichen Tätigkeit im Anstellungsverhältnis namentlich durch die vertraglichen Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers und durch die wirtschaftliche Abhängigkeit des Angestellten von seinem Arbeitgeber gefährdet (vgl. AnwZ (Brfg) 23/19, BGHZ 226, 170 Rn. 29; siehe auch Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 46 Rn. 27, 33: "Grundsätzlich verhält sich der Arbeitnehmerbegriff kontradiktorisch zum Begriff der Unabhängigkeit.").

33Das schließt eine Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in unselbständiger Stellung zwar nicht aus. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 46 BRAO verdeutlicht, dass eine anwaltliche Tätigkeit auch als Angestellter ausgeübt werden kann (BT-Drucks. 18/5201, S. 18). Nach den Gesetzesmaterialien ist insbesondere auch die anwaltliche Unabhängigkeit nicht davon abhängig, ob der Beruf im Angestelltenverhältnis oder selbständig ausgeübt wird (BT-Drucks. 18/5201, S. 18). Unter welchen Voraussetzungen die anwaltliche Unabhängigkeit bei einer Tätigkeit im Anstellungsverhältnis hinreichend gewährleistet ist und die Arbeitnehmerstellung des Rechtsanwalts daher nicht in Widerspruch zu dem Berufsbild des Rechtsanwalts steht, hat der Gesetzgeber aber in § 46 BRAO abschließend geregelt. Das ist nach § 46 Abs. 1 BRAO entweder bei der Anstellung als Rechtsanwalt bei einem anwaltlichen Arbeitgeber der Fall, weil dieser selbst dem anwaltlichen Berufsrecht unterliegt und von daher den Stellenwert der anwaltlichen Unabhängigkeit kennt und zu berücksichtigen hat (BT-Drucks. 18/5201, S. 18), oder nach § 46 Abs. 2 BRAO bei der Anstellung als Syndikusrechtsanwalt bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber, wenn die in § 46 Abs. 2 bis 6 BRAO genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Beides ist hier nicht der Fall.

34(2) Nach § 46 Abs. 1 BRAO darf ein Rechtsanwalt seinen Beruf als Angestellter eines Arbeitgebers ausüben, der selbst als Rechtsanwalt, Patentanwalt oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaft tätig ist.

35Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Arbeitgeber im Sinn des § 46 Abs. 1 BRAO ist - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend angenommen hat - im Fall der Arbeitnehmerüberlassung der Leiharbeitgeber (Verleiher) als Vertragspartner des Leiharbeitnehmers und nicht der Entleiher als Inhaber des arbeitgebertypischen Weisungsrechts. Arbeitgeber des Klägers im Sinne des § 46 Abs. 1 BRAO ist daher die F.         GmbH, die nicht zu den in der Vorschrift genannten anwaltlichen Arbeitgebern gehört.

36(a) Arbeitgeber ist nach herkömmlichem Begriffsverständnis die Person, gegenüber der ein Arbeitnehmer vertraglich zur Erbringung seiner weisungsgebundenen Leistung gegen Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist (§§ 611, 611a BGB). Das ist bei einer legalen Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG auch während der Zeit der Überlassung an einen Entleiher (nur) das Leiharbeitsunternehmen (vgl. BVerfGE 21, 261, 268; BAGE 60, 282, 289; Staudinger/ Richardi/Fischinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 611a Rn. 156). § 1 Abs. 1 Satz 1 und 3 AÜG weisen allein dem Verleiher die Rolle des Vertragsarbeitgebers zu, dem gegenüber der Leiharbeitnehmer vertraglich zur Leistungserbringung verpflichtet ist und der dem Leiharbeitnehmer gemäß § 611a Abs. 2 BGB i.V.m. § 8 AÜG (Gleichstellungsgrundsatz) die Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung schuldet (vgl. Roloff, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 23. Aufl., § 1 AÜG Rn. 83 f.). Dass dem Entleiher während der Überlassung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ein fachliches bzw. tätigkeitsbezogenes Weisungsrecht gegenüber dem Leiharbeitnehmer zusteht, ändert nichts daran, dass zwischen ihnen kein Vertrag, sondern nur ein vertragsähnliches Beschäftigungsverhältnis besteht (vgl. BeckOK Arbeitsrecht/Kock, 66. Edition, § 1 AÜG Rn. 45, 50; Hamann in Schüren/Hamann, AÜG, 6. Aufl., § 1 Rn. 97, 103; MünchKomm BGB/Spinner, 9. Aufl., § 611a Rn. 34; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., Einf v § 611 Rn. 38 aE, 40). § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG lässt den Entleiher nur im Fall eines nach § 9 AÜG unwirksamen Leiharbeitsvertrags kraft Gesetzes in die Arbeitgeberstellung einrücken. Der Leiharbeitnehmer sieht sich daher sowohl Pflichten gegenüber seinem Arbeitgeber als auch gegenüber dem Entleiher ausgesetzt.

37(b) Eine Auslegung des Arbeitgeberbegriffs des § 46 Abs. 1 BRAO dahingehend, dass dieser im Fall der Arbeitnehmerüberlassung (auch) den anwaltlichen Entleiher als Inhaber des arbeitgebertypischen Weisungsrechts erfasst, kommt entgegen der Ansicht des Klägers jedenfalls bei einem - wie hier - nichtanwaltlichen Verleiher nicht in Betracht.

38(aa) Der Wortlaut des § 46 Abs. 1 BRAO bietet für eine solche Auslegung keinen Anhalt. Mangels einer Legaldefinition des Arbeitgeberbegriffs in § 46 BRAO und angesichts der übrigen Regelungen der Bundesrechtsanwaltsordnung spricht das oben dargelegte herkömmliche Verständnis für eine enge, auf den Vertragspartner des Arbeitsvertrags bezogene Auslegung. Der Hinweis des Klägers, dass der Gesetzgeber den Begriff des Arbeitgebers/Arbeitnehmers in anderen Gesetzen auch ohne entsprechende Klarstellung auf das "funktionale Arbeitsverhältnis" bei Drittanstellungskonstellationen erstrecke bzw. eine solche Erstreckung jedenfalls nicht ausschließe, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung, weil jedes Gesetz grundsätzlich autonom auszulegen, d.h. eine normzweckorientierte Auslegung der jeweiligen auf den Arbeitnehmer/Arbeitgeber abstellenden Vorschrift geboten ist (vgl. BAGE 60, 282, 289; 144, 74 Rn. 25; 144, 340 Rn. 21 ff.; 153, 171 Rn. 29; 158, 19 Rn. 24 zur Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs; Ulrici in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 10).

39(bb) In den Gesetzesmaterialien wird die Möglichkeit anwaltlicher Tätigkeit in Form von Leiharbeitsverhältnissen zwar nicht erwähnt und damit auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Allerdings ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass der Gesetzgeber von einem engen, d.h. vertragspartnerbezogenen Begriff des Arbeitgebers im Sinne von §§ 611, 611a BGB ausgegangen ist. Dafür spricht auch, dass zum Zeitpunkt der Neuregelung des § 46 BRAO Leiharbeitsverhältnisse schon lange bekannt waren.

40(aaa) Nach der Begründung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte (vom , BGBl. I 2015, 2517) sollte mit der Neuregelung des § 46 Abs. 1 BRAO lediglich die bereits nach bisheriger Rechtslage zulässige Beschäftigung von Rechtsanwälten bei Arbeitgebern, die den gleichen Berufspflichten wie der angestellte Rechtsanwalt unterliegen, ausdrücklich gesetzlich klarstellend geregelt werden (BT-Drucks. 18/5201, S. 25 f. zu § 46 Abs. 1 BRAO-E). Die Materialien verweisen in diesem Zusammenhang u.a. auf die in § 59b Abs. 2 Nr. 8 BRAO (in der bis zum geltenden Fassung) enthaltene und mit § 26 BORA bereits ausgeübte Kompetenz der Satzungsversammlung zur Regelung der Pflichten im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Rechtsanwälten. Demnach hatte der Gesetzgeber bei § 46 Abs. 1 BRAO Anstellungsverhältnisse vor Augen, bei denen die Wahrung anwaltlicher Berufspflichten und -rechte durch standesrechtliche Vorschriften und eine standesrechtliche Kontrolle hinreichend gewährleistet ist.

41Das ist bei der Arbeitnehmerüberlassung durch einen nichtanwaltlichen Verleiher entgegen der Ansicht des Klägers auch dann nicht der Fall, wenn der Entleiher seinerseits zu den in § 46 Abs. 1 BRAO genannten anwaltlichen Arbeitgebern gehört. Im Fall der Arbeitnehmerüberlassung steht zwar nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG das fachliche Weisungsrecht dem Entleiher zu, nicht aber das sonstige Weisungsrecht, etwa betreffend die Festlegung des Einsatzbetriebs (vgl. Hamann in Schüren/Hamann, AÜG, 6. Aufl., § 1 AÜG Rn. 133, 139). Des Weiteren bleibt allein der Verleiher zur Abmahnung und verhaltensbedingten Kündigung des Leiharbeitnehmers befugt (vgl. Schüren in Schüren/Hamann, AÜG, Einleitung Rn. 297; Christ in Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 66 Rn. 97). Schließlich geht insbesondere die Pflicht zur Vergütung des Leiharbeitnehmers auch während der Zeit der Überlassung nicht auf den Entleiher über (Ulrici in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 6), sondern verbleibt bei dem nicht standesrechtlich gebundenen und damit auch nicht gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 b) BORA zur Gewährleistung einer angemessenen Vergütung verpflichteten Verleiher. Dass dieser dem Gleichstellungsgrundsatz des § 8 AÜG unterliegt, steht der vom Gesetzgeber zugrunde gelegten unmittelbaren Unterworfenheit des Arbeitgebers unter das anwaltliche Berufsrecht und unter die standesrechtliche Kontrolle nicht gleich. Aus Sicht eines ihn beauftragenden oder von ihm vertretenen Mandanten wäre der als Leiharbeitnehmer beschäftigte Rechtsanwalt daher "Diener dreier Herren".

42Nach der Gesetzesbegründung kann es auch nicht als ausreichend angesehen werden, dass der anwaltliche Entleiher seinerseits berufsrechtlich - in "mittelbarer" Anwendung von § 26 BORA - verpflichtet sein könnte, nur solche Rechtsanwälte im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei sich zu beschäftigen, die bei ihrem Entleiher zu § 26 BORA entsprechenden Bedingungen angestellt sind. Angesichts der eingehenden Begründung für die Einbeziehung von Patentanwälten und rechts- oder patentanwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften in den Kreis der nach § 46 Abs. 1 BRAO zulässigen Arbeitgeber unter Verweis auf die für diese geltenden standesrechtlichen Vorschriften wäre zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit einer demgegenüber nur mittelbaren Absicherung des anwaltlichen Berufsrechts in der Gesetzesbegründung ebenfalls ausdrücklich genannt und gegebenenfalls gesondert begründet hätte.

43(bbb) Für ein vertragspartnerbezogenes Verständnis des Arbeitgeberbegriffs in § 46 Abs. 1 BRAO spricht auch die Gesetzesbegründung zu den Regelungen einer Anstellung als Syndikusrechtsanwalt in § 46 Abs. 2 bis 6, §§ 46a ff. BRAO.

44Insoweit ist, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend angenommen hat, aufgrund des engen Regelungszusammenhangs dieser Vorschriften mit § 46 Abs. 1 BRAO und des ihnen zugrundeliegenden gemeinsamen Zwecks, die unselbständige Ausübung des Rechtsanwaltsberufs gesetzlich zu regeln, von einem einheitlichen Verständnis des Arbeitgeberbegriffs auszugehen (vgl. BAGE 158, 19 Rn. 29 f.).

45Die Gesetzesbegründung zur Regelung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt stellt an zahlreichen Stellen nicht auf den Inhaber des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts, sondern auf das Bestehen eines unmittelbaren Vertragsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Angestellten ab. Im allgemeinen Teil der Begründung wird ausgeführt, dass der Syndikusanwalt nach der früher geltenden "Zweitberufstheorie" in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten nichtanwaltlichen "Arbeitgeber (Syndikus)" stehe und in dieser Eigenschaft "auf Grund des im Arbeitsverhältnis geltenden Prinzips der Über- und Unterordnung und seiner Weisungsgebundenheit" nicht als Rechtsanwalt tätig sei (BT-Drucks. 18/5201, S. 14). Zu § 46 Abs. 4 BRAO-E wird ausdrücklich unter Bezugnahme auf eine Kommentierung zu § 611 BGB dargelegt, dass die vertraglich zu gewährleistende fachliche Unabhängigkeit dem Status des Syndikusrechtsanwalts als Arbeitnehmer nicht entgegenstehe, weil "das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht (Direktionsrecht)" zwar zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses gehöre, es "den Parteien des Arbeitsverhältnisses" jedoch freistehe, "das Direktionsrecht des Arbeitgebers" durch einzelvertragliche Abreden einzuschränken (BT-Drucks. 18/5201, S. 29 f.). Nach der Erläuterung zu § 46a Abs. 1 BRAO-E kann die unselbständige Ausübung des Rechtsanwaltsberufs "auf einem Anstellungsverhältnis zu einem anwaltlichen Arbeitgeber oder einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber" beruhen (BT-Drucks. 18/5201, S. 31). Dementsprechend bildet der Arbeitsvertrag nach den Ausführungen zu § 46a Abs. 3 BRAO-E auch die wesentliche Grundlage für die Prüfung des Vorliegens einer anwaltlichen Betätigung (BT-Drucks. 18/5201, S. 34). Der Ausschluss einiger berufsrechtlicher Vorschriften in § 46c Abs. 3 BRAO-E wird damit begründet, dass der Syndikusrechtsanwalt allein für seinen jeweiligen Arbeitgeber "auf Grundlage des mit diesem geschlossenen Dienstvertrags tätig" wird und den Arbeitgeber "bereits als Nebenpflicht aus dem arbeitsvertraglichen Schuldverhältnis" von der Ablehnung eines Auftrags zu unterrichten hat (BT-Drucks. 18/5201, S. 38 f.). Schließlich regelt § 46c Abs. 4Satz 2 BRAO-E nach der Gesetzesbegründung Fälle, in denen der Syndikusrechtsanwalt "auf Grundlage mehrerer Anstellungsverhältnisse" für verschiedene Arbeitgeber tätig ist (BT-Drucks. 18/5201, S. 39).

46(cc) Eine andere Auslegung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch aus systematischen und/oder teleologischen Erwägungen nicht geboten.

47Der Kläger meint, § 46 BRAO regele die Gefahr von Interessenkollisionen zwischen der Tätigkeit für einen Arbeitgeber und den Rechten und Pflichten eines Rechtsanwalts und spreche damit einen tätigkeitsbezogenen Konflikt an, der folglich nur mit dem Inhaber des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts bestehen könne. Diesen Konflikt löse das Gesetz nicht durch eine bestimmte Auslegung des Arbeitgeberbegriffs, sondern dadurch, dass in § 46 Abs. 4 BRAO der Vorrang berufsrechtlicher Pflichten vor arbeitsrechtlichen Weisungen eingeräumt werde. Diese Konfliktlösung gehe jedoch bei einer vertragspartnerbezogenen Auslegung des Arbeitgeberbegriffs im Fall der Arbeitnehmerüberlassung ins Leere, weil der Verleiher sein vertragliches Weisungsrecht in weiten Teilen dem Entleiher übertragen habe.

48Dem ist nicht zu folgen. Anders als der Kläger meint, hat sich der Gesetzgeber zur Vermeidung von Interessenkollisionen bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber nicht darauf beschränkt, in § 46 Abs. 4 BRAO Vorgaben für die Gewährleistung der Weisungsfreiheit der anwaltlichen Tätigkeit zu machen. Vielmehr hat er es zur Wahrung des Fremdkapitalverbots zusätzlich für erforderlich erachtet, die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung auf Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers zu beschränken(BT-Drucks. 18/5201, S. 30 f.). Eine Beratung Dritter hat er nur in den - nach der Rechtsprechung des Senats abschließend zu verstehenden und einer analogen Anwendung nicht zugänglichen (vgl. AnwZ (Brfg) 23/19, BGHZ 226, 170 Rn. 30 mwN) - in § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAO genannten Fällen zugelassen, weil dort insbesondere aufgrund des Gleichlaufs von Interessen beziehungsweise durch eine berufsrechtliche Bindung des Arbeitgebers eine Beeinflussung der Drittberatung durch andere wirtschaftliche Erwägungen vermieden werde (BT-Drucks. 18/5201, 30 f.; AnwZ (Brfg) 23/19, BGHZ 226, 170 Rn. 29). An der Geltung dieses Fremdkapital-/Fremdbesitzverbots für anwaltliche Tätigkeiten hat der Gesetzgeber auch bei der Neuregelung des § 46 BRAO im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (vom , BGBl. I 2021, 2363) ausdrücklich festgehalten (BT-Drucks. 19/30516, S. 47 zu § 46 Abs. 6 BRAO-E; BT-Drucks. 19/27670, S. 193 zu § 59i Abs. 5 BRAO-E).

49Ein entsprechender Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit wäre bei einem funktionalen Verständnis des Arbeitgeberbegriffs des § 46 Abs. 1 BRAO im Fall der Arbeitnehmerüberlassung durch einen nichtanwaltlichen Entleiher nicht hinreichend gewährleistet. Wie oben ausgeführt entzieht die Übertragung des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts den überlassenen Arbeitnehmer nur teilweise dem Einfluss seines nichtanwaltlichen Vertragsarbeitgebers. Das gilt nicht nur hinsichtlich des beim Verleiher verbleibenden Teils des Weisungsrechts, dessen Reichweite zudem - worauf der Anwaltsgerichtshof zutreffend hingewiesen hat - im Einzelfall nur schwer zu bestimmen sein könnte. So ist auch die hiesige Übertragung des Direktionsrechts während des Arbeitseinsatzes "hinsichtlich der Aufgaben im Kundenbetrieb" (§ 2 Abs. 5 der Zusatzvereinbarung) beziehungsweise "vornehmlich" für Anweisungen "im Zusammenhang mit der Ausführung" (§ 2 Abs. 2 Satz 3 des Überlassungsvertrags zwischen der F.        GmbH und der Kanzlei T.           ) nicht eindeutig. Vor allem aber verbleibt die Pflicht zur Vergütung des überlassenen Arbeitnehmers und das Recht zur Kündigung des Leiharbeitsverhältnisses bei seinem Vertragsarbeitgeber, von dem der Rechtsanwalt daher sowohl während der Zeit seiner Überlassung als auch danach weiterhin wirtschaftlich abhängig ist. In Anbetracht dessen kann eine Gefährdung seiner anwaltlichen Unabhängigkeit durch fremde wirtschaftliche Interessen (seines Verleihers) auch dann nicht ausgeschlossen werden, wenn der Entleiher dem anwaltlichen Berufsrecht unterliegt. Insofern unterscheidet sich die Stellung eines von einem nichtanwaltlichen Leiharbeitgeber überlassenen Rechtsanwalts erheblich von derjenigen des bei einem anwaltlichen Arbeitgeber unmittelbar angestellten Rechtsanwalts (a.A. Christoph, AnwBl 2021, 362, 363; Freundorfer/v. Falkenhausen, AnwBl Online 2021, 250, 251).

50Dagegen macht der Kläger ohne Erfolg geltend, eine Gefahr von Interessenkonflikten zwischen der Tätigkeit als Leiharbeitnehmer und als Rechtsanwalt sei auszuschließen, wenn - wie in seinem Fall - ausschließlicher Geschäftsgegenstand des Verleihers die Personalgestellung, konkret die Überlassung von Rechtsanwälten an Anwaltskanzleien oder Unternehmen sei und der Verleiher selbst keine Rechtsdienstleistungen anbieten dürfe, weil bei einer reinen Personalgestellung für den überlassenen Rechtsanwalt als Leiharbeitnehmer keine Konfliktsituationen wie bei einer Tätigkeit als Finanzmakler oder -berater entstehen könnten (so auch Christoph, AnwBl 2021, 362, 363). Ungeachtet der Frage, ob in diesem Fall etwaige Interessenkollisionen zwischen den Interessen des Verleihers einerseits und der entleihenden Anwaltskanzlei andererseits ausgeschlossen wären, steht dem jedenfalls entgegen, dass der Kläger explizit nicht (nur) zur Beratung der ihn entleihenden Anwaltskanzlei eingesetzt werden soll, sondern zur Beratung von deren Mandanten. Dass zwischen deren Interessen und denjenigen des Verleihers nicht ohne Weiteres ein Gleichlauf anzunehmen ist und damit die Gefahr einer Beeinflussung der gebotenen unabhängigen, allein im Mandanteninteresse erfolgenden anwaltlichen Beratung besteht, liegt auf der Hand. Insoweit unterscheidet sich die Situation nicht von derjenigen der Drittberatung durch einen bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber angestellten Syndikusrechtsanwalt, die der Gesetzgeber nur in den in § 46 Abs. 5 Satz 2 BRAO genannten Fällen für zulässig erachtet hat.

51Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung des Klägers (siehe auch Christoph, AnwBl 2021, 362, 363) auch nicht deshalb geboten, weil er an einen seinerseits an die anwaltlichen Berufspflichten gebundenen Entleiher überlassen ist und in fachlicher Hinsicht - wie ein dort fest angestellter Anwalt - von einem Partner der Kanzlei "betreut" wird. Laut Tätigkeitsbeschreibung der Kanzlei T.            wird der Kläger dort "jeweils unter Überwachung eines Partners der Kanzlei" tätig. Dagegen spricht, dass dem anwaltlichen Entleiher zwar das arbeitsrechtliche Weisungsrecht übertragen ist, dieser aber bei dessen Ausübung die anwaltliche Unabhängigkeit des überlassenen Rechtsanwalts zu beachten hat. Unabhängig davon, in welchem Umfang das fachliche Weisungsrecht dadurch konkret eingeschränkt ist (zum diesbezüglichen Meinungsstand siehe Waldhausen, Gegenwartsprobleme des anwaltlichen Arbeitsrechts, 2021, S. 74 ff.), vermag die "Überwachung" durch einen Partner der entleihenden Kanzlei nicht hinreichend zu gewährleisten, dass die anwaltliche Tätigkeit des überlassenen Rechtsanwalts bei der Bearbeitung der einzelnen Mandate frei von einer Beeinflussung durch fremde wirtschaftliche Interessen erfolgt. Dies ändert insbesondere nichts daran, dass den als Leiharbeitnehmer angestellten Rechtsanwalt in Ausübung seiner anwaltlichen Tätigkeit Pflichten gegenüber "drei Herren" treffen.

52(3) Die Tätigkeit des Klägers erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO, weil der Kläger entgegen § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 BRAO nicht in Rechtsangelegenheiten seines Arbeitgebers anwaltlich tätig ist.

53(a) Aus den zuvor ausgeführten Gründen ist unter Arbeitgeber im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO im Fall der Arbeitnehmerüberlassung ebenfalls der Verleiher (als Vertragspartner des angestellten Rechtsanwalts) und nicht der Entleiher (als Inhaber des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts) zu verstehen. Dafür sprechen auch hier der Wortlaut der Norm, die Gesetzesmaterialien sowie Systematik und Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.

54Insbesondere kann auch hier - anders als der Kläger meint - im Verhältnis zwischen Verleiher und Entleiher nicht allein wegen der sich (in der Regel) nicht überschneidenden Geschäftsgegenstände von einem Gleichlauf der Interessen ausgegangen werden, der die Gefahr eines Interessenkonflikts für den überlassenen Rechtsanwalt zuverlässig ausschließen würde. Vielmehr besteht auch hier die Möglichkeit, dass die anwaltliche Tätigkeit des überlassenen Rechtsanwalts nicht allein an den Interessen des Entleihers ausgerichtet, sondern auch von wirtschaftlichen Erwägungen im Hinblick auf seine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Verleiher beeinflusst wird (vgl. BayAGH, NJW-RR 2017, 1404 Rn. 22 ff.; AGH Baden-Württemberg, NJW 2018, 560 Rn. 54 ff.; , juris Rn. 24 ff.; Then in Die Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte, 2017, S. 28, 37 ff.; a.A. Huff, AnwBl 2017, 40, 42 und NJW 2018, 564; Löwe/Wallner/Werner, BRAK-Mitt. 2017, 102, 104; Freundorfer/ v. Falkenhausen, AnwBl Online 2021, 250, 252). Das gilt erst Recht, wenn der überlassene Rechtsanwalt - wie hier - nicht nur zur anwaltlichen Beratung und Vertretung des Entleihers in dessen Rechtsangelegenheiten tätig werden soll, sondern in Rechtsangelegenheiten von dessen Mandanten.

55Hinzu kommt die systematische Erwägung, dass bei einem funktionalen Verständnis des Arbeitgeberbegriffs des § 46 Abs. 2 BRAO der Vorschrift des § 46 Abs. 5 BRAO die ihr nach den Gesetzesmaterialien zugedachte eingrenzende Funktion genommen würde, da damit eine anwaltliche Tätigkeit für Dritte trotz Anstellung bei einem nichtanwaltlichen Vertragspartner allein durch die Übertragung des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung auf den Dritten ermöglicht würde.

56Dementsprechend hat der Senat auch bei einer Tätigkeit in einer gemeinsamen Einrichtung gemäß § 44b SGB II bei Prüfung des § 46 Abs. 5 BRAO nicht auf den/die Geschäftsführer/in der Einrichtung als Inhaber/in der Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion (§ 44d Abs. 3 und 4 SGB II) abgestellt, sondern auf die Person, der gegenüber der in der gemeinsamen Einrichtung tätige Angestellte arbeitsvertraglich zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet war ( AnwZ (Brfg) 38/17, NJW-RR 2019, 946 Rn. 13 ff.; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 56/18, juris Rn. 2).

57(b) Arbeitgeber des Klägers im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO ist daher ebenfalls die F.         GmbH, in deren Rechtsangelegenheiten der Kläger aber nicht tätig wird bzw. werden soll. Auch einer der Ausnahmetatbestände des § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAO ist in Bezug auf die F.      GmbH als Arbeitgeber nicht erfüllt.

58Zwar steht nach der Neuregelung des § 46 Abs. 6 BRAO nicht mehr jede drittberatende Tätigkeit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegen. Da diese drittberatende Tätigkeit gemäß § 46 Abs. 6 Satz 3 BRAO aber keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO ist und der Kläger nach den vorliegenden Tätigkeitsbeschreibungen im Wege der Arbeitnehmerüberlassung ausschließlich zu einer solchen Drittberatung überlassen wird, fehlt es an der für eine Zulassung nach § 46 Abs. 2 BRAO erforderlichen anwaltlichen Prägung seines Arbeitsverhältnisses (vgl. AnwZ (Brfg) 63/17, NJW 2019, 3649 Rn. 15, 18).

59Im Übrigen käme selbst bei einem "funktionalen" Verständnis des Arbeitgeberbegriffs des § 46 Abs. 2 BRAO im Fall der Arbeitnehmerüberlassung eine Zulassung des Klägers als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO nur in Betracht, wenn sich dessen Tätigkeit auf die Rechtsangelegenheiten der entleihenden Kanzlei beschränken würde. Auch das ist aber nicht der Fall, da der Kläger ausdrücklich in Rechtsangelegenheiten der Mandanten der Kanzlei anwaltlich tätig werden soll und es sich nach der Rechtsprechung des Senats bei der Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers auch dann nicht um Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers handelt, wenn dieser sich zu einer Beratung des Kunden verpflichtet hat ( AnwZ (Brfg) 23/19, BGHZ 226, 170 Rn. 23). Da die rechtliche Beratung Dritter auch hier nach § 46 Abs. 6 Satz 1 BRAO einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zwar nicht entgegenstehen würde, nach § 46 Abs. 6 Satz 3 BRAO aber nicht als anwaltliche Tätigkeit im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO anzusehen wäre, würde es hier ebenfalls an der erforderlichen anwaltlichen Prägung des Arbeitsverhältnisses fehlen. Einer Zulässigkeit der Drittberatung in entsprechender Anwendung der Ausnahmeregelung des § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BRAO stünde der nach der Rechtsprechung des Senats abschließende Charakter der Ausnahmetatbestände des § 45 Abs. 5 Satz 2 BRAO entgegen. Zudem gälte auch hier - wie im Fall des § 46 Abs. 1 BRAO -, dass allein die Zwischenschaltung eines anwaltlichen Entleihers mit arbeitsrechtlicher Weisungsbefugnis gegenüber dem überlassenen Rechtsanwalt nichts daran ändert, dass die Unabhängigkeit seiner anwaltlichen Tätigkeit für die Mandanten der entleihenden Kanzlei aufgrund seiner fortbestehenden arbeitsvertraglichen Bindung an den nichtanwaltlichen Verleiher und daraus resultierende fremde wirtschaftliche Interessen gefährdet ist.

60(4) § 46 BRAO enthält eine abschließende Regelung zulässiger Formen angestellter anwaltlicher Tätigkeit (a.A. Freundorfer/v. Falkenhausen, AnwBl Online 2021, 250, 251).

61(a) Für eine umfassende abschließende Regelung spricht bereits der Wortlaut der Norm, demzufolge § 46 Abs. 2 BRAO eine Regelung für die anwaltliche Tätigkeit von Angestellten "anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften" enthält.

62(b) Das ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien. Laut Begründung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom (BGBl. I 2015, 2517) sollte die Tätigkeit angestellter Rechtsanwälte, insbesondere der Syndikusanwälte, mit der Neuregelung berufsrechtlich "ausdrücklich geregelt" und "klar umrissen" werden (BT-Drucks. 18/5201, S. 13), wobei "die nicht in § 46 Absatz 1 BRAO-E erfassten Formen der anwaltlichen Berufsausübung … unter § 46 Absatz 2 BRAO-E" fallen sollten (BT-Drucks. 18/5201, S. 26 zu § 46 Abs. 1 BRAO-E). Dass dabei "ergänzend" zu den Grundtypen angestellter anwaltlicher Tätigkeit "Mischformen der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs" weiterhin möglich sein sollten (BT-Drucks. 18/5201, S. 19), gibt - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend angenommen hat - keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Wie sich aus der weiteren Begründung ergibt, war mit diesen "Mischformen" keine andere, erweiterte oder atypische Form angestellter anwaltlicher Tätigkeit gemeint, sondern (nur), dass neben einer Tätigkeit in Form des § 46 Abs. 1 oder 2 BRAO zusätzlich eine weitere anwaltliche Tätigkeit als selbständiger freier Anwalt, in weiteren Anstellungsverhältnissen gemäß § 46 Abs. 1 oder 2 BRAO oder eine sonstige mit dem Rechtsanwaltsberuf gemäß § 7 BRAO vereinbare Tätigkeit ausgeübt werden kann.

63Dementsprechend wird auch in den Materialien zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften (Gesetz vom , BGBl. I 2021, 2363) darauf verwiesen, dass mit dem neu gefassten § 46 Abs. 1 BRAO "eine abschließende Regelung" der in Betracht kommenden Arbeitgeber für Rechtsanwälte getroffen worden sei (BT-Drucks. 19/27670, S. 174 zu § 59b Abs. 1 Satz 1 BRAO).

64(c) Für dieses Verständnis der Gesamtregelung des § 46 BRAO spricht zudem der abschließende Charakter von § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAO.

65Wie oben ausgeführt sind die dort genannten Fälle ausnahmsweise zulässiger Drittberatungen durch einen Syndikusrechtsanwalt nach der Rechtsprechung des Senats sowie nach dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens und der Gesetzesbegründung zu § 46 Abs. 5 BRAO-E abschließend zu verstehen und einer analogen Anwendung nicht zugänglich. Eine Ausweitung der Syndikusrechtsanwaltstätigkeit auf sonstige rechtliche Beratungen von Kunden oder Mandaten des Arbeitgebers wollte der Gesetzgeber insbesondere zur Sicherung der - von ihm als Kernelement anwaltlicher Tätigkeit angesehenen - fachlichen Unabhängigkeit (auch) des Syndikusrechtsanwalts verhindern (vgl. AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 56, 60 und vom - AnwZ (Brfg) 23/19, BGHZ 226, 170 Rn. 30). Dem widerspräche es, würde man atypische, in § 46 BRAO nicht ausdrücklich geregelte Vertragsgestaltungen anwaltlicher angestellter Tätigkeit (wie etwa im Wege der Arbeitnehmerüberlassung durch einen nichtanwaltlichen Verleiher) zulassen, weil damit - wie oben dargelegt - der gesetzlich beabsichtigte Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit nicht mehr hinreichend gewährleistet wäre.

66(5) Die Überlassung des Klägers als Leiharbeitnehmer der F.        GmbH an die Kanzlei T.          zur anwaltlichen Beratung und Vertretung von deren Mandanten kann auch nicht in analoger Anwendung des § 46 Abs. 1 oder Abs. 2 BRAO als zulässig angesehen werden.

67Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben, wie er sich aus dem Gesetz selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung ergibt und aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann (st. Rspr.; siehe nur AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 59 mwN).

68Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Wie oben ausgeführt ergibt sich weder aus der Bundesrechtsanwaltsordnung selbst, namentlich der hier in Rede stehenden Vorschriften der §§ 46 ff. BRAO, noch aus den Gesetzesmaterialien zu den vorstehend genannten Bestimmungen ein Regelungsplan des Gesetzgebers, wonach über die konkret geregelten Formen unselbständiger anwaltlicher Tätigkeit hinaus weitere Gestaltungen anwaltlicher Berufsausübung in abhängiger Stellung ermöglicht werden sollten. Im Gegenteil ist der Gesetzesbegründung zu § 46 BRAO eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber insoweit eine abschließende Regelung treffen wollte. Eine - nach Auffassung des Klägers sachgerechte - Ausweitung der Möglichkeit anwaltlicher Tätigkeit im Angestelltenverhältnis auf andere Fallkonstellationen wollte der Gesetzgeber insbesondere zur Sicherung der - von ihm als Kernelement angesehenen (BT-Drucks. 18/5201, S. 18, 20, 26, 28 ff.) - fachlichen Unabhängigkeit des Rechtsanwalts gerade auch im Hinblick auf die Gefahr einer Beeinflussung durch fremde wirtschaftliche Interessen verhindern (vgl.BT-Drucks. 18/5201, S. 30 f.).

69Im Übrigen ist der hier zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht auch nicht im oben genannten Sinne mit den vom Gesetzgeber geregelten Tatbeständen des § 46 Abs. 1 und Abs. 2 BRAO vergleichbar, da - wie oben ausgeführt - in der vorliegenden Konstellation gerade kein vergleichbarer Schutz vor einer Beeinträchtigung der anwaltlichen Unabhängigkeit durch das Einwirken fremder wirtschaftlicher Interessen gewährleistet ist.

70(6) Diese Auslegung des § 46 BRAO begegnet verfassungs- und/odereuroparechtlich keinen Bedenken.

71(a) Der damit bewirkte Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das gilt auch für einen damit etwa verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit der Kanzlei T.           (als anwaltliche Entleiherin) und der F.        GmbH (als Verleiherin), auf die Art. 12 Abs. 1 GG gemäß Art. 19 Abs. 3 GG seinem Wesen nach entsprechend anwendbar ist (vgl. AnwZ (Brfg) 33/16, BGHZ 214, 235 Rn. 16, 47 mwN zur Anwendbarkeit auf die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung), sofern man insoweit nicht nur von einer reflexhaften Beeinträchtigung ohne Eingriffsqualität ausgeht.

72§ 46 BRAO enthält eine Berufsausübungsregelung betreffend die Art und Weise der unselbständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs, ohne dass dieser Form der Berufsausübung gegenüber der selbständigen Ausübung ein eigenständiges soziales Gewicht im Sinne eines eigenständigen Berufsbilds zukommt (BT-Drucks. 18/5201, S. 18, 31; siehe auch AnwZ (Brfg) 23/19, BGHZ 226, 170 Rn. 40 und vom - AnwZ (Brfg) 17/20, NJW 2021, 629 Rn. 29; jeweils zum Syndikusrechtsanwalt).

73Die Freiheit der Berufsausübung kann beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dies zweckmäßig erscheinen lassen. Der Grundrechtsschutz beschränkt sich hier auf die Abwehr in sich verfassungswidriger, weil etwa übermäßig belastender und nicht zumutbarer Auflagen (grundlegend BVerfGE 7, 377, 405 f.; vgl. zur st. Rspr. BVerfGE 125, 260, 360 mwN). Danach ist der Ausschluss angestellter anwaltlicher Tätigkeit als Leiharbeitnehmer eines nichtanwaltlichen Verleihers durch eine eher enge Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 46 BRAO verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht.

74Die Regelung ist zur Erreichung des damit verfolgten Gemeinwohlziels - Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit anwaltlicher Tätigkeit im Angestelltenverhältnis - und des legitimen Zwecks der Sicherung einer funktionierenden Rechtspflege (vgl. nur BVerfGE 135, 90 Rn. 57 ff.) geeignet und erforderlich. Der hinsichtlich der Erforderlichkeit bestehende Beurteilungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers (vgl. dazu BVerfGE 115, 276, 309; 116, 202, 225; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 44 mwN) wird damit nicht überschritten. Dass nach den bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar wäre, dass Regelungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten, ist nicht ersichtlich. Die vom Kläger genannten Tätigkeitsverbote vermögen die durch die wirtschaftliche Abhängigkeit des Leiharbeitnehmers von dem nichtanwaltlichen Verleiher begründete Gefährdung seiner fachlichen Unabhängigkeit nicht hinreichend auszuschließen, da diese Verbote eine berufliche Tätigkeit des Anwalts in derselben (Rechts-)Sache für eine andere Partei im widerstreitenden Interesse voraussetzen. Überdies lassen sich Interessenkollisionen und Pflichtverletzungen durch einen vorherigen und generellen Ausschluss einer Beschäftigungsform wirkungsvoller unterbinden als durch eine Standesaufsicht, die die Einhaltung der Berufspflichten ständig kontrollieren muss (vgl. BVerfGE 87, 287, 322).

75Bei der gebotenen Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs einerseits und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe andererseits ist diese Auslegung des § 46 BRAO auch zumutbar (verhältnismäßig im engeren Sinne). Der Senat verkennt dabei nicht die durch das Grundrecht der Berufsfreiheit geschützten Interessen der Beteiligten. Für den Rechtsanwalt kann sich das Modell der Leiharbeit als geeigneter Einstieg in die anwaltliche Berufsausübung darstellen, bei dem er die Möglichkeit hat, verschiedene Kanzleimodelle kennenzulernen oder zeitlich flexibler als bei einer Festanstellung, zugleich aber mit gesicherterem Einkommen als bei einer selbständigen Tätigkeit zu arbeiten. Für die entleihenden Rechtsanwaltskanzleien ermöglicht das Modell der Arbeitnehmerüberlassung den flexiblen Einsatz von Rechtsanwälten in bestimmten, zeitlich befristeten Projekten, deren Umfang und Dauer nicht abschätzbar und daher auch für eine befristete Anstellung weniger geeignet sind. Für das verleihende nichtanwaltliche Unternehmen wäre mit der Zulässigkeit der Arbeitnehmerüberlassung zu anwaltlichen Tätigkeiten ein neues Geschäftsfeld eröffnet. Diesen Interessen kann aber - berufsrechtlich unbedenklich - auch dadurch Rechnung getragen werden, dass Juristen im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei einer Rechtsanwaltskanzlei im sog. Back Office, d.h. ohne anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis, eingesetzt oder aber - sollte eine flexible projektbezogene anwaltliche Tätigkeit gewünscht sein - im Wege befristeter Arbeitsverträge unmittelbar bei der Kanzlei angestellt, als freie Mitarbeiter beschäftigt oder als selbständige Rechtsanwälte unterbevollmächtigt werden. In Anbetracht dieser zahlreichen alternativen Gestaltungsformen, die für die Beteiligten im Vergleich zur Arbeitnehmerüberlassung allenfalls mit geringfügigen Nachteilen verbunden wären, erweist sich deren Ausschluss durch eine enge Auslegung des Arbeitgeberbegriffs des § 46 BRAO in Abwägung mit dem besonderem Gewicht, das dem Gemeinwohlziel der Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Rechtsanwalts sowie der Sicherung einer funktionierenden Rechtspflege zukommt, als zumutbar.

76Dagegen macht der Kläger ohne Erfolg geltend, dass das Leistungsspektrum anwaltlicher Tätigkeit nach der Gesetzesbegründung einem stetigen Wandel unterliege und sich der verändernden Nachfrage fortwährend anpasse (BT-Drucks. 18/5201, S. 19; vgl. auch BVerfGE 87, 287, 317, 320). Abgesehen davon, dass sich diese Erwägung ausweislich der Gesetzesbegründung vornehmlich auf den Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit und nicht ihren möglichen arbeitsrechtlichen Rahmen bezog, führt dieser Wandel des Leistungsspektrums in Anbetracht der oben aufgezeigten Möglichkeiten anderweitiger arbeitsrechtlicher Gestaltungen zu keinem Überwiegen der Interessen der Beteiligten gegenüber den schützenswerten Belangen der Rechtspflege.

77(b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Die mit der Untersagung einer Tätigkeit als Rechtsanwalt im Wege der Arbeitnehmerüberlassung durch einen nichtanwaltlichen Verleiher bei einem anwaltlichen Entleiher verbundene "Ungleichbehandlung" gegenüber einem beim anwaltlichen Entleiher unmittelbar angestellten, im Wege der freien Mitarbeit oder der Unterbevollmächtigung beschäftigten Rechtsanwalt ist aus den oben genannten Gründen gerechtfertigt.

78(c) Auch europarechtliche Erwägungen geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass.

79Das gilt zunächst für den Verweis des Klägers darauf, dass nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Leiharbeit (ABl. L 327 vom , S. 9; im Folgenden: Leiharbeitsrichtlinie) Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit nur aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Zutreffend ist, dass nach Satz 2 der Regelung zu diesen Gründen vor allem der Schutz der Leiharbeitnehmer, die Erfordernisse von Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz oder die Notwendigkeit, das reibungslose Funktionieren des Arbeitsmarktes zu gewährleisten und eventuellen Missbrauch zu verhüten, gehören. Dass die Gewährleistung einer fachlich unabhängigen Rechtsanwaltschaft und einer funktionierenden Rechtspflege in dieser beispielhaften Aufzählung nicht enthalten sind, ändert jedoch nichts daran, dass es sich hierbei (ebenfalls) um wesentliche Gründe des Allgemeininteresses handelt, die den genannten Beispielen jedenfalls an Gewicht gleichstehen.

80Überdies weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass Art. 4 Abs. 1 der Leiharbeitsrichtlinie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (NZA 2015, 423 Rn. 28, 31) dahingehend auszulegen ist, dass er nur an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gerichtet ist, indem er ihnen eine Überprüfungspflicht auferlegt, damit sie sicherstellen, dass etwaige Verbote und Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit gerechtfertigt sind, und nationale Gerichte nicht verpflichtet, Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit, die nicht aus Gründen des Allgemeininteresses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie gerechtfertigt sind, unangewendet zu lassen.

81Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union schließlich in der Entscheidung "Della Rocca" (NZA 2013, 495 Rn. 40) in Bezug auf die Überlassung von Leiharbeitnehmern von einem "doppelten Arbeitsverhältnis" gesprochen hat, folgt auch daraus nichts für die Auslegung des nationalen Arbeitnehmerbegriffs, da die in Art. 3 Absatz 1 der Leiharbeitsrichtlinie enthaltenen Begriffsbestimmungen nach Absatz 2 der Regelung das nationale Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmungen "Arbeitsentgelt", "Arbeitsvertrag", "Beschäftigungsverhältnis" oder "Arbeitnehmer" ausdrücklich unberührt lassen.

82cc) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Klägers, die Beschäftigung des Klägers als Leiharbeitnehmer eines nichtanwaltlichen Leiharbeitgebers sei nicht geeignet, gemäß § 7 Satz 1 Nr. 8 Fall 2 BRAO das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts zu gefährden. Gerade ein informierter Mandant, der um die Leiharbeitnehmerstellung des Rechtsanwalts weiß, dürfte - auch bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise - aufgrund der damit verbundenen Abhängigkeiten des Rechtsanwalts von seinem nichtanwaltlichen Verleiher Bedenken an der Qualität und Unabhängigkeit seiner Beratung haben. Der Ansicht des Klägers, dem Mandanten komme es regelmäßig nicht darauf an, in welcher Form der ihn beratende Rechtsanwalt bei der von ihm konsultierten Rechtsanwaltskanzlei beschäftigt werde (unmittelbar angestellt oder als Leiharbeitnehmer), sondern allein auf die fachliche Expertise und Kontrolle des Rechtsanwalts durch einen Berufsträger der Kanzlei (so auch Christoph, AnwBl 2021, 362, 363), vermag der Senat nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass der Kläger damit selbst bereits von einem unterschiedlichen Vertrauen der Rechtsuchenden in die selbständigen Berufsträger der Kanzlei einerseits und die dort "nur" angestellten Rechtsanwälte andererseits ausgeht, kommt bei den überlassenen Rechtsanwälten hinzu, dass sie neben den fachlichen Weisungen der Rechtsanwälte der entleihenden Kanzlei zusätzlich den Bindungen an ihren nichtanwaltlichen Verleiher unterliegen. Damit besteht die Gefahr, dass aus Sicht des Rechtsuchenden bei diesem Teil des Berufsstands nicht nur eine geringere Qualität der anwaltlichen Leistungen, sondern auch eine weniger vertrauenswürdige, weil möglicherweise nicht allein im Mandanteninteresse erfolgende Beratung zu befürchten sein kann und damit das Bild eines Rechtsanwalts "zweiter Klasse" entsteht.

83dd) Die Unzulässigkeit der beabsichtigten Leiharbeitnehmertätigkeit des Klägers nach § 46 BRAO betrifft nicht nur Einzelheiten der Ausübung des beabsichtigten Rechtsanwaltsberufs, sondern ist als grundsätzliche, die Stellung des Rechtsanwalts und das Vertrauen in seine Unabhängigkeit betreffende Frage vom Regelungsgegenstand des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO erfasst.

84Der Kläger beabsichtigt, die ihm durch die Zulassung als Rechtsanwalt zukommenden anwaltlichen Befugnisse nicht nur bei seiner selbständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs "in eigener Rechtsanwaltskanzlei", für den die F.       GmbH und die Kanzlei T.           ihm unwiderrufliche Einverständnis- und Freistellungserklärungen erteilt haben, zu nutzen, sondern auch im Rahmen seiner daneben ausgeübten unselbständigen anwaltlichen Tätigkeit als Angestellter eines nichtanwaltlichen Arbeitgebers. Auch wenn es sich hierbei - wie oben ausgeführt - lediglich um unterschiedliche Formen der Ausübung des einheitlichen Berufs des Rechtsanwalts handelt, betrifft die Frage, ob die anwaltlichen Befugnisse in einer nach § 46 BRAO zulässigen angestellten Tätigkeit ausgeübt werden, nicht nur eine Einzelheit der Berufsausübung, sondern die Kernelemente der Anwaltstätigkeit und damit die Stellung des Anwaltsberufs in Gänze. Wie oben dargelegt besteht bei der vom Kläger beabsichtigten Nutzung seiner Befugnisse als Rechtsanwalt bei einer weiteren Tätigkeit - neben seiner selbständigen anwaltlichen Tätigkeit - eine Gefahr für seine anwaltliche Unabhängigkeit durch Beeinflussung fremder wirtschaftlicher Interessen und für das Vertrauen in die Institution des Rechtsanwalts. Betroffen ist damit die grundsätzliche Stellung des Rechtsanwalts. Ähnlich wie bei der Begründung einer Sozietät als Rechtsanwalt mit Angehörigen anderer Berufe (vgl. dazu AnwZ (Brfg) 17/86, BRAK-Mitt. 1986, 223, 224) dehnt die beabsichtigte Tätigkeit die Grenzen des beruflichen Wirkungsfelds des Klägers grundlegend aus. Damit muss er sich auch der Prüfung stellen, ob diese Form der anwaltlichen Berufsausübung mit seinem Beruf als Rechtsanwalt vereinbar ist.

85ee) Die Annahme des Versagungsgrunds des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO hält auch verfassungsrechtlichen Grundsätzen stand. Insbesondere wird der Kläger dadurch nicht in seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

86(1) Der Senat verkennt nicht, dass § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO als Berufswahlregelung hohen Anforderungen unterliegt.

87Wird die Freiheit der Berufswahl mit dem Ziel beschränkt, die Verbindung bestimmter Tätigkeiten auszuüben, so ist dies nur zum Schutze eines besonders wichtigen "überragenden" Gemeinschaftsguts im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zulässig (vgl. BVerfGE 87, 287, 316). Die Gesichtspunkte, die die Verhältnismäßigkeitsprüfung leiten, hängen davon ab, wie intensiv in die Freiheit der Berufswahl eingegriffen wird. Dabei kann es auf den Zweck und die Mittel des Eingriffs ankommen. Wird der Zugang zu einem Beruf von den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Berufsbewerbers abhängig gemacht (subjektive Berufswahlregelung), wirkt die Freiheitsbeschränkung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für ihn weniger einschneidend als bei Zugangsvoraussetzungen, die mit seiner persönlichen Qualifikation nichts zu tun haben und von ihm nicht beeinflusst werden können (objektive Berufswahlregelung; vgl. BVerfGE 7, 377, 406 f.). Letztere sind daher im Allgemeinen nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt (BVerfGE 7, 377, 408; 21, 261, 267; 25, 1, 11).

88Diese strengen Anforderungen an objektive Zulassungsvoraussetzungen gelten allerdings nicht in gleichem Maße für objektive Beschränkungen der Zuwahl eines zweiten Berufs. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob eine gesetzliche Regelung den Zugang zu einem bestimmten gewünschten Beruf erheblich beschränkt oder nur den Zugang zu einem zweiten Beruf versperrt. Denn dem Berufsbewerber bleibt jedenfalls die ungehinderte und freie Entscheidung, je nach seiner Neigung den einen der beiden Berufe zu ergreifen (BVerfGE 21, 173, 181). Bei der Bewertung von Inkompabilitätsregelungen kommt es daher vor allem darauf an, welche wirtschaftlichen Folgen eine Berufssperre für die Bewerber verursacht und welchen Aufwand es kostet, die Sperre zu übersteigen (vgl. BVerfGE 21, 173, 181 f.; 87, 287, 317).

89(2) Ausgehend davon erweist sich der Eingriff in die Berufswahlfreiheit entgegen der Ansicht des Klägers hier als gerechtfertigt (a.A. Christoph, AnwBl 2021, 362, 363; Freundorfer/v. Falkenhausen, AnwBl Online 2021, 250, 251).

90Das Ziel des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO, die fachliche Unabhängigkeit sowie einen ausreichenden Handlungsspielraum der Rechtsanwälte zu sichern und das notwendige Vertrauen in die Rechtsanwaltschaft zu schützen, dient der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, also einem überragend wichtigen Gemeinwohlziel (vgl. BVerfGE 87, 287, 321).

91Die Annahme der Unvereinbarkeit im Sinne des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO ist im vorliegenden Fall auch zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich. Wie oben ausgeführt zeichnet sich bei einer Tätigkeit im Wege der Arbeitnehmerüberlassung durch einen nichtanwaltlichen Verleiher an eine Rechtsanwaltskanzlei zur Beratung von deren Mandaten die Gefahr von Interessenkollisionen und damit einer Beeinträchtigung der fachlichen Unabhängigkeit des Rechtsanwalts deutlich ab. Diese deutliche Gefahr von Interessenkollisionen und damit verbundenen Pflichtverletzungen lässt sich wirkungsvoller unterbinden, wenn durch die Zulassungsversagung nach § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO von vornherein und generell ausgeschlossen wird, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in dieser Konstellation zur anwaltlichen Beratung und Vertretung der Mandanten der Entleiherin genutzt wird als durch eine Standesaufsicht, die die Berufsausübung laufend kontrollieren müsste. Überdies dürfte es tatsächlich kaum möglich sein, standesrechtlich zu kontrollieren, ob der überlassene Rechtsanwalt bei der Beratung von Mandanten des anwaltlichen Entleihers im Einzelfall keinen widerstreitenden Interessen (des Mandanten einerseits und des nichtanwaltlichen Verleihers andererseits) ausgesetzt ist. Mildere Mittel, die nach den bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen als Alternative mit gleicher Wirkung in Betracht kämen (vgl. BVerfGE 115, 276, 309; 116, 202, 225; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 44), werden vom Kläger nicht aufgeführt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere reichen die in der Bundesrechtsanwaltsordnung enthaltenen Tätigkeitsverbote - wie oben dargelegt - nicht aus.

92Schließlich ist der Eingriff in die Berufsfreiheit auch nicht übermäßig belastend oder dem Kläger unzumutbar. Dem Kläger werden weder der Zugang zum Beruf des Rechtsanwalts noch die Ausübung einer weiteren juristischen oder auch anwaltlichen angestellten Tätigkeit generell verwehrt. Ihm bleibt die ungehinderte und freie Entscheidung, je nach Neigung nach Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben der eigenen selbständigen anwaltlichen Tätigkeit entweder als unmittelbar Angestellter einer der in § 46 Abs. 1 BRAO genannten Arbeitgeber oder als Syndikusrechtsanwalt eines nichtanwaltlichen Arbeitgebers gemäß § 46 Abs. 2 BRAO anwaltlich tätig zu sein oder aber im Wege der Arbeitnehmerüberlassung durch einen nichtanwaltlichen Leiharbeitgeber bei einer Rechtsanwaltskanzlei oder einem anderen Unternehmen als Jurist nichtanwaltlich eingesetzt zu werden. Überdies kann er als selbständiger Rechtsanwalt als freier Mitarbeiter einer Rechtsanwaltskanzlei oder im Wege der Untermandatierung tätig werden. In Anbetracht dieser Alternativen führt eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der diesen rechtfertigenden Gründe zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist.

II.

93Die Kostenentscheidung folgt aus § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:200323UANWZ.BRFG.12.21.0

Fundstelle(n):
DStR-Aktuell 2023 S. 14 Nr. 25
NJW 2023 S. 2724 Nr. 37
AAAAJ-41608