NWB Nr. 23 vom Seite 1609

Nicht en passant

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Gesetzliche Tatbestandsmerkmale kritisch hinterfragt

Seit der Reisekostenreform 2014 ist der im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung schon bisher im EStG verwendete Begriff des eigenen Hausstands erstmals gesetzlich definiert. Das Vorliegen eines eigenen Hausstands setzt danach das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte durch diese Konkretisierung zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen und Streitpotenzial vermieden werden. Doch gerade das neu kodifizierte Erfordernis der Kostenbeteiligung am Familienhaushalt stellt die Beteiligten, wie Heine/Trinks es schon in NWB 43/2015 S. 3156 befürchtet haben, vor besondere Herausforderungen. Noch deutlicher hatte es Schneider, damals Richter im VI. BFH-Senat, formuliert (s. Beilage zu NWB 9/2013 S. 44): „Die Neuregelung der doppelten Haushaltsführung scheint insgesamt misslungen. Der Versuch, den eigenen Hausstand durch eine gesetzliche Regelung näher zu spezifizieren, bringt im Ergebnis weder Rechtssicherheit noch vermeidet er Streitpotenzial. Weniger ist manchmal mehr; die Entwicklung der Rechtsprechung dazu zeigt, dass sich dieser Tatbestand offenbar doch nicht en passant in gesetzliche Tatbestandsmerkmale fügen lässt.“ – Knapp zehn Jahre später hatte der BFH nun erstmals Gelegenheit, zur Auslegung des Begriffs der finanziellen Beteiligung zu entscheiden. Anlass für Heine/Trinks, sich auf erneut den Fragestellungen rund um die Kostenbeteiligung zu widmen.

Schon länger kritisch hinterfragt wird die Rechtmäßigkeit der sog. Aufteilungsgebote im deutschen Umsatzsteuerrecht. Sie stehen in einem Spannungsverhältnis zum vom EuGH vertretenen sog. Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung. Danach darf eine einheitliche Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts nicht aufgeteilt werden; vielmehr teilen Nebenleistungen das Schicksal der jeweiligen Hauptleistung. In der Vergangenheit war der BFH der Auffassung, dass gesetzliche Aufteilungsgebote dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung vorgehen. Ein aktuelles Urteil des EuGH von Anfang Mai dieses Jahres könnte nun aber Anlass für eine Neubewertung der Zulässigkeit von Aufteilungsgeboten im deutschen Umsatzsteuerrecht sein. Die Auswirkungen dieser EuGH-Entscheidung erläutert Masuch auf .

In der Dauerkritik steht das Alterseinkünftegesetz. Zwar hat der Gesetzgeber mit dem JStG 2022 als ersten Schritt die volle steuerliche Berücksichtigung von Rentenbeiträgen von 2025 auf 2023 vorgezogen, um die sog. Doppelbesteuerung von Renten zu vermeiden. Der angekündigte zweite Schritt – die zeitliche Streckung der Rentenbesteuerung, die ebenfalls ab 2023 gelten soll – steht aber immer noch aus. In der Zwischenzeit hat das Hessische FG zu einer Hinterbliebenenrente entschieden, dass diese „a priori“ keiner Doppelbesteuerung unterliegen kann. Allerdings – so Ermel auf – hat es sich das Gericht wohl zu einfach gemacht.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2023 Seite 1609
LAAAJ-41438