Instanzenzug: Az: 117 KLs 18/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
21. Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
32. Demgegenüber hält das Erkenntnis der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand, soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
4a) Die Prüfung, ob diese Maßregel anzuordnen ist, drängte sich angesichts der Urteilsfeststellungen auf. Danach hatte der Angeklagte vor der verfahrensgegenständlichen Tat in erheblichem Ausmaß Alkohol konsumiert. Eine gut zweieinhalb Stunden nach der Tat entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,04 ‰. Er stand zudem unter der Wirkung von Kokain, Tilidin und THC. Seine trotz der Mischintoxikation nicht erheblich beeinträchtigte Steuerungsfähigkeit hat die Strafkammer mit seiner Alkoholgewöhnung und seinem Leistungsvermögen während der Tat begründet. Seinen Alkoholkonsum empfindet er selbst als „problematisch“, weswegen er sich in der Vergangenheit bereits einer Entgiftung unterzog, in deren Folge er jedoch den übermäßigen Alkoholkonsum wieder aufnahm. Zudem konsumiert er regelmäßig Drogen, insbesondere Kokain. Er ist mehrfach wegen Verbrechen bzw. Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt.
5b) Angesichts dieser Feststellungen hätte sich das Landgericht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Unterbringung des jungen Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB anzuordnen ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom ‒ 2 StR 388/20, juris Rn. 3 f.; vom ‒ 2 StR 11/22; ‒ 4 StR 248/16, juris Rn. 33 ff.). Sie legen das Bestehen eines Hangs im Sinne des § 64 Satz 1 StGB ebenso nahe wie dasjenige eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen einem Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und der Anlasstat. Das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 64 StGB ist ebenfalls nicht auszuschließen.
6c) Die Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf daher − mit sachverständiger Unterstützung (§ 246a StPO) − neuer Verhandlung und Entscheidung. Dem steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO); er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Landgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. Senat, Urteil vom – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:130423B2STR101.23.0
Fundstelle(n):
QAAAJ-41163