BGH Beschluss v. - VIII ZR 320/21

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 9 U 77/19vorgehend LG Frankfurt Az: 2-04 O 214/18 Urteil

Gründe

11. Aus dem vom Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schriftsatz vom in den Verfahren VIII ZR 111/21 und VIII ZR 140/21 vorgelegten Auszug aus dem Schweizerischen Handelsamtsblatt vom und aus der von der Rechtspflegerin in dem Verfahren VIII ZR 140/21 eingeholten Auskunft aus dem Handelsamtsblatt ("Vorläufige Konkursanzeige S.      Sw.        AG in Liquidation") ergibt sich, dass die Beklagte durch (rechtskräftiges) Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom gemäß Art. 731b Abs. 1 Nr. 3 Schweizer Obligationenrecht (nachfolgend: OR) aufgelöst und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs angeordnet worden ist.

22. Ausgehend von diesem Sachverhalt geht der Senat nach vorläufiger rechtlicher Einschätzung davon aus, dass das hiesige Verfahren infolge der vom Bezirksgericht Zürich nach Art. 731b Abs. 1 Nr. 3 OR angeordneten "Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs" gemäß § 352 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 343 InsO unterbrochen ist.

3a) Für das allgemeine Konkursverfahren nach Schweizer Recht hat der Bundesgerichtshof eine Anerkennungsfähigkeit (vgl. , BGHZ 122, 373, 375 [zu §§ 237, 238 KO]; vom - VI ZR 315/13, ZIP 2014, 1997 Rn. 53 [zum Nachlassverfahren]) sowie eine entsprechende Unterbrechungswirkung für inländische Verfahren bereits grundsätzlich bejaht (vgl. , NZI 2019, 423 Rn. 16; Urteil vom - VI ZR 14/11, NZI 2012, 572 Rn. 32 ff. [zum Nachlassverfahren]).

4b) Die dem zugrunde liegenden Erwägungen sind auf den Fall einer Anordnung nach Art. 731b Abs. 1 Nr. 3 OR übertragbar, da nach allgemeiner Auffassung der schweizerischen Rechtsprechung und Literatur dieses "Konkursverfahren ohne Konkurseröffnung" wie ein normales Konkursverfahren nach den Art. 197 ff. SchKG durchgeführt wird (Schweizer Bundesgericht, Urteile vom - 4A 238/2014, BGE 141 III 43, 44, unter E. 2.3.1; vom - 5A 137/2013, unter E. 1.2.2 [jeweils abrufbar unter www.bger.ch]; Bohrer/Kummer in Zürcher Kommentar Obligationenrecht, 3. Aufl., Art. 731b Rn. 67 ff.; Lorandi, AJP 2008, 1378, 1390; siehe auch Strub/Jeanneret in Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, Stand: Juni 2021, Schweiz Rn. 124). Wie die Insolvenzordnung nach deutschem Recht ist dieses Liquidationsverfahren auf die Verwertung des Gesellschaftsvermögens zur Befriedigung ihrer Gläubiger gerichtet, führt nach Art. 204 Abs. 1 SchKG zum Verlust der Verfügungsbefugnis des Konkursschuldners und beansprucht zudem gemäß Art. 207 Abs. 1 SchKG eine der Vorschrift des § 240 ZPO vergleichbare Unterbrechungswirkung für laufende Zivilprozesse (vgl. , aaO Rn. 19).

5Mithin dürfte auch eine Liquidationsanordnung nach Art. 731b Abs. 1 Nr. 3 OR als anerkennungsfähiges Insolvenzverfahren im Sinne von §§ 343, 352 Abs. 1 Satz 1 InsO zu qualifizieren sein mit der Folge, dass die Unterbrechungswirkung nach § 240 ZPO eingreifen würde. Es bedürfte also keiner anwaltlichen Fristüberwachung mehr, wie sie beim Ruhen des Verfahrens nach § 251 ZPO erforderlich ist.

63. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses. Überdies werden sie gebeten, das zugehörige Aktenzeichen und die oben genannte Entscheidung des Bezirksgerichts - soweit ihnen zugänglich - zur Gerichtsakte zu übersenden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:030522BVIIIZR320.21.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-41056