Instanzenzug: LG Bielefeld Az: 4 KLs 14/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat hinsichtlich des Schuldspruchs den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II.2 und II.8 der Urteilsgründe; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte im März 2020 Marihuana, Kokain und Ecstasy-Tabletten in einem einheitlichen Geschäft zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Zwischen April und Juni 2020 erwarb er bei elf Gelegenheiten entweder Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 70% Kokainhydrochlorid oder Marihuana bzw. Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 10% THC, die er anschließend in Teilmengen gewinnbringend weiterveräußerte.
3Unter anderem erwarb der Angeklagte am 10,4 Kilogramm Marihuana (Fall II.2 der Urteilsgründe) und am vier Kilogramm Kokain (Fall II.3 der Urteilsgründe), nachdem er früher erworbene Betäubungsmittel vollständig verkauft hatte. Aus diesen Mengen veräußerte er in einem Geschäft am gleichzeitig 35 Gramm Kokain und zwei Kilogramm Marihuana an einen Abnehmer sowie in einem weiteren Geschäft am zugleich 100 Gramm Kokain und ein Kilogramm Marihuana.
4Am erwarb der Angeklagte 6,9 Kilogramm Marihuana (Fall II.8 der Urteilsgründe) und am vier Kilogramm Kokain (Fall II.10 der Urteilsgründe), nachdem er früher erworbenes Marihuana bzw. Kokain vollständig verkauft hatte. Aus diesen Mengen veräußerte der Angeklagte in einem Geschäft am gleichzeitig ein Kilogramm Marihuana und 250 Gramm Kokain an einen Abnehmer sowie am zugleich ein Kilogramm Marihuana und 400 Gramm Kokain.
52. Die konkurrenzrechtliche Bewertung des festgestellten Geschehens als tatmehrheitlich begangene Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet in den Fällen II.2 und II.3 sowie II.8 und II.10 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken; insoweit liegt jeweils Tateinheit vor.
6Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG die Einzelverkäufe durch den Erwerb der hierfür erworbenen Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden werden (vgl. Rn. 14 mwN). Es hat jedoch übersehen, dass der Angeklagte aus den in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe in getrennten Geschäften erworbenen Marihuana- und Kokainmengen Teilmengen in einheitlichen Umsatzgeschäften gleichzeitig weiterveräußerte. Dasselbe gilt für die Fälle II.8 und II.10 der Urteilsgründe. In einem Fall, in dem Teilmengen aus zwei verschiedenen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworbenen Rauschgiftmengen gleichzeitig verkauft werden, liegt aufgrund der teilweisen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen Tateinheit im Sinne des § 52 StGB vor (vgl. Rn. 6 mwN). Bei dieser Sachlage besteht somit jeweils Tateinheit zwischen der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Marihuana und der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Kokain.
73. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Es bedarf weder einer Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit in den von der Änderung betroffenen Fällen (vgl. Rn. 3) noch des Zusatzes „unerlaubt“ bei sämtlichen Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. Rn. 2).
84. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der beiden Einzelstrafen in den Fällen II.2 und II.8 der Urteilsgründe in Höhe von zwei Jahren und zehn Monaten sowie zwei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe. Die Gesamtstrafe kann bestehen bleiben. Der Senat schließt angesichts der verbleibenden zehn Einzelstrafen zwischen einem Jahr Freiheitsstrafe und drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte, zumal der Schuld- und Unrechtsgehalt unverändert bleiben.
95. Angesichts des nur geringen Teilerfolgs ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:110423B4STR7.23.0
Fundstelle(n):
WAAAJ-40270