BGH Beschluss v. - 5 StR 392/21

Instanzenzug: Az: 5 StR 392/21 Beschlussvorgehend Az: 537 KLs 12/19

Gründe

11. Der Senat hat mit Beschluss vom die Revision des Angeklagten gegen das gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen und zu einigen der erhobenen Verfahrensrügen ergänzende Ausführungen zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts gemacht. Danach war eine Verfahrensrüge unzulässig erhoben worden (§ 344 Abs. 2 StPO), weil das in Rede stehende Befangenheitsgesuch lediglich in einer handschriftlichen, weitgehend unleserlichen Fassung zum Gegenstand des Rügevorbringens gemacht worden war. Soweit das Vorbringen lesbar war, fehlte es an konkretem Vortrag zu einem eine Besorgnis der Befangenheit begründenden Verfahrensgeschehen.

2Mit Schreiben seines Verteidigers vom hat der Angeklagte hiergegen eine Gehörsrüge nach § 33a StPO erhoben und „vorsorglich“ beantragt, „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren“. Der Senat hätte auf die fehlende Lesbarkeit hinweisen müssen; weder die seinerzeit abgelehnten Strafkammermitglieder und die über das Befangenheitsgesuch entscheidende Strafkammer noch Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwaltschaft und Generalbundesanwalt hätten diesen Umstand angeführt. Der Revisionsführer habe daher davon ausgehen können, dass der Rügevortrag den formalen Anforderungen entsprochen habe.

32. Der Rechtsbehelf ist auch bei gebotener Umdeutung in eine Gehörsrüge nach § 356a StPO unbegründet. Der Senat hat weder zum Nachteil des Angeklagten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches form- und fristgerechtes Vorbringen des Angeklagten übergangen oder in sonstiger Weise dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

4Entgegen der Ansicht des Angeklagten bestand keine Pflicht des Senats, den Angeklagten vorab auf die aus der weitgehenden Unleserlichkeit des handschriftlichen Befangenheitsgesuchs folgende Unzulässigkeit der Verfahrensrüge (vgl. hierzu , NStZ 2022, 767) hinzuweisen. Eine anderenfalls auf diesem Weg eingeräumte Ergänzung einer zunächst nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge widerspräche der Systematik des Revisionsverfahrens und würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO außer Kraft setzen. Dies stünde auch nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen (, BGHSt 1, 44, 46).

53. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig, weil das Verfahren durch den Beschluss des Senats vom rechtskräftig abgeschlossen ist und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens – jenseits der Nachholung rechtlichen Gehörs nach § 356a StPO – nicht mehr möglich ist ( mwN). Zudem liegt hinsichtlich der hier allein in Betracht kommenden Revisionsbegründungsfrist kein Versäumnis vor, weil die Revision mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 525/18; vom – 1 StR 513/11). Eine besondere Verfahrenslage, in der die Wiedereinsetzung zur Nachholung von Verfahrensbeanstandungen ausnahmsweise gewährt werden kann, weil diese zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des Angeklagten unerlässlich erscheint (vgl. mwN), ist hier nicht ersichtlich.

64. Die zur Gehörsrüge ergangene Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:250423B5STR392.21.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-39680