Online-Nachricht - Donnerstag, 11.05.2023

Bilanzierung | Steuerliche Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts gem. Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB (BFH)

Der Handelsbilanzwert für Nachsorgerückstellungen bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze (Anschluss an , BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195). Der maßgebliche Handelsbilanzwert bestimmt sich unter Berücksichtigung der als GoB zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des Handelsrechts (§§ 252 ff. HGB) und damit auch unter Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist, welche Rechtsfolgen sich aus der Ausübung des Beibehaltungswahlrechts nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) in der Handelsbilanz der Klägerin für die Bewertung einer Nachsorgerückstellung in deren Steuerbilanz zum ergeben.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab ().

Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Das FG hat zwar zutreffend erkannt, dass die Klägerin dem Grunde nach verpflichtet war, eine Nachsorgerückstellung zu bilden.

  • Allerdings hält die Ermittlung der Höhe der Nachsorgerückstellung der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das FG hat seiner Berechnung rechtsfehlerhaft den abgezinsten Erfüllungsbetrag gem. § 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 HGB zugrunde gelegt, anstatt den von der Klägerin zum angesetzten handelsbilanziellen Rückstellungswert, der sich nach Ausübung des Wahlrechts gem. Art. 67 EGHGB ergeben hat, als Ausgangspunkt zu wählen.

  • Die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz folgt den handelsrechtlichen Vorschriften, soweit dem steuerrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen (§ 5 Abs. 6 EStG). Für die Bewertung der im Streitfall vorliegenden Sachleistungsrückstellung sieht § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG vor, dass Rückstellungen "höchstens insbesondere" unter Berücksichtigung der in den Buchst. a bis f der Vorschrift genannten Grundsätze anzusetzen sind. Danach dürfen die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG ergebenden Rückstellungsbeträge den zulässigen Ansatz nach der Handelsbilanz nicht überschreiten.

  • Die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG haben keinen absoluten Vorrang vor den handelsrechtlichen Bewertungsregeln, sondern wirken - wie die Formulierung "höchstens insbesondere" zeigt - begrenzend: Überschreitet der steuerrechtliche Wertansatz den handelsrechtlichen Wertansatz, gilt der niedrigere handelsrechtliche Wert.

  • Der maßgebliche handelsrechtliche Wertansatz bestimmt sich unter Berücksichtigung der als GoB zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des Handelsrechts (§§ 252 ff. HGB, vgl. , unter II.3.; wohl auch Marx, StuB 23/2019, S. 885, 889) und damit auch unter Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB.

  • Dieses Normverständnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zum Verhältnis von handelsrechtlichen und steuerrechtlichen (Passivierungs-)Wahlrechten.

  • Das FG-Urteil entspricht den dargelegten Grundsätzen nur zum Teil. Das FG hat der Berechnung des von ihm als zutreffend erachteten Rückstellungswertes zum in Höhe von 8.214.680 € nicht den von der Klägerin zum unter Berücksichtigung der GoB ermittelten und angesetzten handelsbilanziellen Rückstellungswert zugrunde gelegt, der sich nach Ausübung des Wahlrechts gem. Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ergeben hat, sondern es hat den abgezinsten Erfüllungsbetrag gem. § 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 HGB angesetzt. Seine Entscheidung war daher aufzuheben.

  • Die Sache ist nicht spruchreif, denn eine abschließende Ermittlung des zutreffenden Rückstellungswertes ist auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht möglich.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
VAAAJ-39635