BGH Urteil v. - II ZR 162/21

GmbH & Co. KG: Haftung des Geschäftsführers einer geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH; Erstreckung der Haftung auf die Kommanditgesellschaft

Leitsatz

1. Der Schutzbereich des zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses erstreckt sich im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft.

2. Die Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG erstreckt sich auch dann auf die Kommanditgesellschaft, wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist.

Gesetze: § 43 Abs 2 GmbHG

Instanzenzug: Hanseatisches Az: 11 U 71/20 Urteilvorgehend Az: 418 HKO 112/16

Tatbestand

1Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der D.                   GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin), einer Publikums-Kommanditgesellschaft. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin war zur Geschäftsführung ausschließlich eine Kommanditistin, die U.                     GmbH berechtigt. Der Beklagte wurde am zum weiteren Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin bestellt. Die U.                  GmbH war noch in weiteren Fondsgesellschaften geschäftsführende Kommanditistin.

2Die Schuldnerin warb Anlegergelder ein und stellte diese der mittlerweile insolventen D.                    AG als Darlehen zum Erwerb von Immobilien zur Verfügung. Im Darlehensvertrag war vereinbart, dass die Darlehen umfangreich besichert werden sollten. Aus den laufenden Zinsen sollten Ausschüttungen an die Anleger erfolgen.

3Der Kläger nimmt den Beklagten wegen einer Überweisung der Schuldnerin an die D.                     über 510.000 € auf einen Teilbetrag in Höhe von 200.000 € in Anspruch. An der Überweisung wirkte der Beklagte nicht mit. Zum Zeitpunkt der Überweisung waren von den in Höhe von etwa 38 Mio. € als Darlehen an die D.                   AG vergebenen Anlegergeldern im Widerspruch zu den Vereinbarungen in dem Darlehensvertrag nur etwa 2,7 Mio. € werthaltig besichert worden. Eine weitere Sicherheit wurde der Schuldnerin im Zusammenhang mit der Auszahlung der Darlehenstranche vom nicht bestellt.

4Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

5Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

6I. Das Berufungsgericht (OLG Hamburg, ZIP 2022, 485) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, ausgeführt:

7Dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 2 GmbHG zu. Der Beklagte habe seine Pflichten als Geschäftsführer der U.                    GmbH verletzt, indem er die Überweisung der Schuldnerin an die D.                   nicht verhindert habe, auch wenn er erst am seinen nach eigenem Vortrag mit 2.500 € monatlich vergüteten Dienst angetreten habe. Die Darlehensvergabe an die D.                  AG habe das Kerngeschäft der Schuldnerin dargestellt, mit dem sich der Beklagte bei Dienstantritt hätte befassen müssen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur unmittelbaren Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG gegenüber der Kommanditgesellschaft sei auf den Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin übertragbar. Die geschäftsführende Kommanditistin müsse ebenso wie die Komplementärin auf eine sorgfältige Geschäftsführung bedacht sein. Die übrigen Kommanditisten seien unabhängig davon schutzbedürftig, ob der handelnde Geschäftsführer für die Komplementärin oder für die geschäftsführende Kommanditistin auftrete.

8Unerheblich sei, dass der U.                    GmbH zugleich in weiteren Gesellschaften die Geschäftsführung übertragen worden und insofern die Geschäftsführung der Schuldnerin nicht ihre alleinige oder wesentliche Aufgabe gewesen sei. Jedenfalls wenn es wie hier im Zusammenhang mit der behaupteten Pflichtverletzung keinen Interessenkonflikt des Geschäftsführers in Bezug auf die Tätigkeit der geschäftsführenden Kommanditistin für andere Gesellschaften gegeben habe, gebe es keinen Grund, das Schutzbedürfnis der Kommanditgesellschaft hinter die nur abstrakt bestehende Möglichkeit einer Interessenkollision zurücktreten zu lassen. Ob es infolge einer internen Ressortverteilung unter den Geschäftsführern der Kommanditistin nicht die wesentliche Aufgabe gerade des Beklagten gewesen sei, die Geschäfte der Schuldnerin zu führen, sei ebenfalls nicht erheblich, weil ihm die Missstände jedenfalls nicht verborgen geblieben sein könnten.

9Indem der Beklagte den Abfluss der 510.000 € an die D.                   AG nicht verhindert habe, sei der Schuldnerin ein Schaden entstanden, da sie diesen Betrag von der mittlerweile insolventen D.                 AG weder zurückerlangen noch Ab- oder Aussonderungsrechte an deren Vermögensgegenständen geltend machen könne.

10II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

11Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten als Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbHG wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung rechtsfehlerfrei bejaht.

121. Der Schutzbereich des zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses erstreckt sich im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH darstellt.

13a) Der Bundesgerichtshof erstreckt in ständiger Rechtsprechung den Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft (vgl. , BGHZ 75, 321, 323 f.; Urteil vom - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 193 f.; Urteil vom - II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692 f.; Urteil vom - II ZR 236/00, ZIP 2002, 984, 985; Urteil vom - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304 Rn. 15 f.; Urteil vom - II ZR 141/19, ZIP 2020, 2117 Rn. 18).

14b) Die Grundsätze dieser Rechtsprechung sind auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch der Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH haftet gegenüber der Kommanditgesellschaft gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wie gegenüber der GmbH. Denn die Kommanditgesellschaft ist in den Schutzbereich des zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses einbezogen. Auch ohne die Voraussetzungen des § 328 BGB kann nämlich ein am Vertrag nicht beteiligter, aber von dessen Risiken mit betroffener Dritter berechtigt sein, gegen eine Vertragspartei Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Schutzpflicht geltend zu machen (, BGHZ 75, 321, 322 f. mwN). Die Annahme einer Schutzwirkung zu Gunsten Dritter setzt voraus, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt und der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags hat. Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes muss nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen. Die Einbeziehung Dritter muss schließlich dem Schutzpflichtigen bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein (st. Rspr.; vgl. , BGHZ 75, 321, 322 f. mwN; Urteil vom - VII ZR 151/18, BGHZ 225, 23 Rn. 22; Urteil vom - IX ZR 289/19, ZIP 2020, 1720 Rn. 12, jeweils mwN). So liegt der Fall hier.

15aa) Die Kommanditgesellschaft kommt bestimmungsgemäß mit der Leistung des Geschäftsführers in Berührung, wenn eine Kommanditisten-GmbH die Geschäfte der Kommanditgesellschaft führt, weil sich Fehlleistungen der Geschäftsführung zwangsläufig stets und in erster Linie zum Nachteil der Kommanditgesellschaft auswirken.

16bb) Das wohlverstandene Interesse der die Geschäfte einer Kommanditgesellschaft führenden und an dieser beteiligten GmbH geht dahin, dass ihr Geschäftsführer die Leitung der GmbH & Co. KG im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt. Sie muss auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligung bedacht sein. Vor allem aber haftet sie der Kommanditgesellschaft für Schäden aus der Verletzung der von ihr im Gesellschaftsvertrag übernommenen Geschäftsführungsaufgaben und muss sich dabei gemäß § 31 BGB analog Pflichtverletzungen ihres Geschäftsführers, dessen sie sich zur Erfüllung ihrer Geschäftsführungsaufgaben bedient, zurechnen lassen (für die Komplementär-GmbH: , BGHZ 197, 304 Rn. 18 mwN; Urteil vom - II ZR 255/16, ZIP 2018, 276 Rn. 16; Urteil vom - II ZR 141/19, ZIP 2020, 2117 Rn. 38). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die geschäftsführende GmbH die Komplementärin oder eine Kommanditistin der Kommanditgesellschaft ist; anderes zeigt auch die Revision nicht auf.

17cc) Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes besteht nach Treu und Glauben ein Bedürfnis. Die Kommanditgesellschaft ist gegenüber der geschäftsführenden GmbH und deren Geschäftsführer schutzbedürftig, ohne dass es darauf ankommt, ob die geschäftsführende GmbH ihre Komplementärin oder ihre Kommanditistin ist.

18(1) Eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers bei der Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft geht vor allem zu deren Lasten. Die Kommanditgesellschaft bzw. die Kommanditisten sind daher auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH angewiesen (vgl. , BGHZ 197, 304 Rn. 18 mwN), unabhängig davon, ob diese die Geschäftsführung als Komplementärin oder als Kommanditistin ausübt.

19(2) Die Kommanditgesellschaft bzw. die Kommanditisten haben regelmäßig keine Befugnisse, wie namentlich ein Weisungsrecht, um unmittelbar auf den Geschäftsführer der geschäftsführenden GmbH einzuwirken (für die Komplementär-GmbH vgl. , BGHZ 75, 321, 323; Urteil vom - II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 745; Urteil vom - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304 Rn. 18). Dieses Ungleichgewicht wird noch dadurch verstärkt, dass die geschäftsführende GmbH in gewissen Grenzen auf (pfändbare) Ersatzansprüche gegen ihren Geschäftsführer verzichten oder ihn trotz Kenntnis eines pflichtwidrigen Verhaltens entlasten kann (für die Komplementär-GmbH: , BGHZ 75, 321, 323; vgl. auch Urteil vom - II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 745 f.). Nur wenn der Kommanditgesellschaft aus dem Organ- und Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers zur GmbH ein eigener Anspruch gegen den Geschäftsführer zusteht, führt seine Entlastung durch die Gesellschafterversammlung der GmbH nicht zugleich zum Ausschluss der Kommanditgesellschaft mit Ansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer (vgl. , ZIP 2020, 2117 Rn. 21 mwN). Dies gilt für die geschäftsführende Komplementär-GmbH und die geschäftsführende Kommanditisten-GmbH gleichermaßen.

20(3) Die Schutzbedürftigkeit der Kommanditgesellschaft gegenüber der Kommanditisten-GmbH ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deswegen entscheidend herabgesetzt, weil deren Vollmacht widerruflich ist oder ein Widerspruchsrecht hinsichtlich der Geschäftsführung besteht.

21Eine eventuelle Widerrufsmöglichkeit bzw. ein Widerspruchsrecht stünde, wovon auch die Revision ausgeht, lediglich dem Komplementär zu, dessen Interessen mit den schutzbedürftigen Interessen der Kommanditgesellschaft bzw. der übrigen Kommanditisten nicht deckungsgleich sein müssen. Hier waren die weiteren Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin, die ehemaligen Beklagten zu 1 und 3, zugleich die Geschäftsführer der Komplementärin, deren Alleingesellschafter zudem mittelbar der ehemalige Beklagte zu 1 war.

22dd) Entgegen der Auffassung der Revision war das Interesse der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH an der Einbeziehung der Schuldnerin in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses zum Beklagten für diesen als Geschäftsführer der Kommanditisten-GmbH erkennbar und ihm die Erstreckung der Schutzwirkung auf die Schuldnerin zumutbar, auch wenn die GmbH die Geschäfte in weiteren Fondsgesellschaften geführt hat und daher die Geschäftsführung der Schuldnerin nicht ihre alleinige oder wesentliche Aufgabe war.

23(1) Der Bundesgerichtshof hat bisher offengelassen, ob der Geschäftsführer der Komplementärin einer GmbH & Co. KG gegenüber der Kommanditgesellschaft auch dann nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftet, wenn die Wahrnehmung der Geschäftsführung nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist (vgl. , WM 1992, 691, 693). In der Literatur wird im Einklang mit einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (ZIP 1984, 825, 833) und weiteren Entscheidungen des Berufungsgerichts (vgl. , juris Rn. 67) befürwortet, die Kommanditgesellschaft auch dann in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers mit der geschäftsführenden GmbH einzubeziehen, wenn die GmbH noch weitere wesentliche Aufgaben zu erfüllen hat (vgl. Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 97; Blaum in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Stand: April 2022, § 55 Rn. 3218; Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 164 Rn. 57; MünchKommHGB/Grunewald, 5. Aufl., § 161 Rn. 86; Mussaeus in Hesselmann/Tillmann/Müller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 20. Aufl., § 4 Rn. 56, 70; BeckOGK HGB/Notz/Zinger, Stand: , § 161 Rn. 233; Uwe H. Schneider in Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 3. Aufl., § 2 Rn. 2.61; Schnorbus in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 43 Rn. 139; Scholz/Verse, GmbHG, 13. Aufl., § 43 Rn. 445; Schürnbrand, Organschaft im Recht der privaten Verbände, 2007, 198; Mühlhaus/Wenzel, GmbH-StB 2014, 87, 92; Otte-Gräbener, BB 2022, 212; Schmitt, WuB 2022, 385, 388; Uwe H. Schneider, GmbHR 2017, 680, 681; Theiselmann, EWiR 2022, 172, 174; differenzierend Nietsch, GmbHR 2014, 348, 353 f.).

24(2) Der Senat schließt sich dem an. Die Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG erstreckt sich auch dann auf die Kommanditgesellschaft, wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist.

25(a) Entgegen der Auffassung der Revision bleibt die Haftungserstreckung auf die Kommanditgesellschaft für den Geschäftsführer der geschäftsführenden GmbH auch dann erkennbar, wenn die GmbH, wie hier vom Berufungsgericht festgestellt, die Geschäfte in weiteren Gesellschaften führt. Am Pflichtenkreis des Geschäftsführers ändert sich durch Mehrfach-Geschäftsführungen im Grundsatz nichts; dieser hat sich bei Übernahme der Geschäftsführung über den Umfang der damit verbundenen Aufgaben einen Überblick zu verschaffen. Die Kommanditgesellschaft darf dabei darauf vertrauen, dass die geschäftsführende GmbH bzw. deren Geschäftsführer ihr die geschuldete Obhut und Fürsorge unabhängig von der Anzahl weiterer übernommener Geschäftsführungen oder sonstiger gesellschaftsfremder Aufgaben entgegenbringt. Kann die geschäftsführende GmbH dies nicht gewährleisten, ist nicht der Haftungsumfang zu reduzieren. Vielmehr muss die geschäftsführende GmbH ihre Aufgaben auf das Maß begrenzen, das ihr die geschuldete ordnungsgemäße Erfüllung aller übernommenen Pflichten ermöglicht.

26(b) Die unmittelbare Haftung des Geschäftsführers einer GmbH, die in mehreren Gesellschaften die Geschäftsführung übernommen hat, gegenüber der Kommanditgesellschaft ist nicht deswegen unzumutbar, weil es in der Person des Geschäftsführers zu einem Interessenkonflikt kommen könnte. Einer im Hinblick auf die Tätigkeit für mehrere Gesellschaften möglichen Pflichtenkollision kann im Einzelfall auf der Rechtfertigungs- oder Verschuldensebene Rechnung getragen werden (vgl. MünchKommHGB/Grunewald, 5. Aufl., § 161 Rn. 86; Nietsch, GmbHR 2014, 348, 353 f.). Die darüberhinausgehende Annahme eines abstrakten Interessenkonflikts bei der Geschäftsführung für mehrere Gesellschaften ist nicht geboten, zumal es zwischen den Gesellschaften nicht zwangsläufig wettbewerbsrechtliche Berührungspunkte geben muss.

272.Der Haftung des Beklagten als Geschäftsführer der U.                     GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG steht nicht entgegen, dass nach der revisionsrechtlich zu unterstellenden internen Ressortverteilung die Geschäftsführung der Schuldnerin nicht seine wesentliche Aufgabe war.

28a) Den Geschäftsführer einer GmbH trifft kraft seiner Amtsstellung grundsätzlich die Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen. Eine gleichwohl zulässige Ressortverteilung innerhalb der Geschäftsführung einer GmbH lässt daher die Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft nicht entfallen. Auch bei einer zulässigen Verteilung von Aufgaben verbleiben dem organisatorisch nicht betroffenen Geschäftsführer wegen seiner Allzuständigkeit Überwachungspflichten, deren Reichweite nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sind. Insbesondere muss der Geschäftsführer Hinweisen auf Fehlentwicklungen oder Unregelmäßigkeiten in einem fremden Ressort immer und unverzüglich nachgehen (vgl. , ZIP 1985, 1135, 1136; Urteil vom - II ZR 114/85, ZIP 1987, 1050; Urteil vom - II ZR 81/94, ZIP 1994, 891, 892; Urteil vom - VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 376 ff.; Urteil vom6. November 2018 - II ZR 11/17, BGHZ 220, 162 Rn. 15, 36).

29b) Hinsichtlich der dem ressortunzuständigen Geschäftsführer verbleibenden Überwachungspflichten gibt es keinen sachlichen Grund, die Schutzwirkung zugunsten der Kommanditgesellschaft zu beschränken und die Überwachungspflichten anders zu behandeln als die Geschäftsführerpflichten im Übrigen. Die Kommanditgesellschaft ist insoweit in gleicher Weise schutzbedürftig wie hinsichtlich der Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen. Der Ressortunzuständigkeit wird bereits durch die Herabstufung der Geschäftsführungspflichten zu Überwachungspflichten ausreichend Rechnung getragen. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich anderes insbesondere nicht aus der Entscheidung des Senats vom (II ZR 11/17, BGHZ 220, 162 Rn. 24). Danach dienen zwar die aus dem Gebot zur sorgfältigen Unternehmensführung gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG abgeleiteten Organisationspflichten nicht dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Hier geht es aber um die Schutzwirkung der bei dem ressortunzuständigen Geschäftsführer verbleibenden Überwachungspflichten zugunsten der in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses zur GmbH einbezogenen Kommanditgesellschaft selbst.

303. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Beklagte seine Überwachungspflichten als Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin verletzt hat, indem er die Überweisung der Schuldnerin an die D.                  AG am nicht verhindert hat.

31a) Die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung (§ 286 ZPO) festgestellte Verletzung von Überwachungspflichten durch den Beklagten ist revisionsrechtlich nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (, BGHZ 220, 162 Rn. 30). Ausgehend von diesen Maßstäben begegnet die Würdigung des Berufungsgerichts keinen Bedenken. Es hat darauf abgestellt, dass sich bereits aus dem E.   -Bericht vom ergeben habe, dass die D.                 AG nur 20,27 % der ihr von der Schuldnerin aus Anlegergeldern gewährten Darlehen besichert und nur 18,13 % der Darlehen in Immobilien investiert habe. Hieran habe sich bis nichts geändert, so dass bei pflichtgemäßer Geschäftsführung und Ausübung seiner Überwachungspflicht dem Beklagten dieser Missstand im Kerngeschäft der Schuldnerin nicht verborgen geblieben wäre. Rechtsfehler in dieser Begründung sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

32b) Soweit die Revision beanstandet, es hätten keine hinreichenden Anhaltspunkte für den Beklagten vorgelegen, dass sein Mitgeschäftsführer, der vormals Beklagte zu 1, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Überweisung vorgenommen hat, in seinem Arbeitsbereich die Geschäfte nicht ordnungsgemäß führe, setzt sie lediglich ihre Würdigung an die Stelle der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts.

334. Soweit die Revision behauptet, das Berufungsgericht habe den Beklagten nicht darauf hingewiesen, dass er die Beweislast für ein pflichtgemäßes Alternativverhalten trage, hat der Senat die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge (Art. 103 Abs. 1 GG) geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 Abs. 1 ZPO abgesehen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:140323UIIZR162.21.0

Fundstelle(n):
BB 2023 S. 1026 Nr. 19
DB 2023 S. 1209 Nr. 20
DB 2023 S. 1526 Nr. 26
DB 2023 S. 1526 Nr. 26
DNotZ 2023 S. 546 Nr. 7
DStR 2023 S. 10 Nr. 19
DStR 2023 S. 1323 Nr. 24
DStR 2023 S. 1326 Nr. 24
DStR 2023 S. 2075 Nr. 37
DStR 2023 S. 2076 Nr. 37
GmbH-StB 2023 S. 242 Nr. 8
GmbH-StB 2023 S. 243 Nr. 8
GmbHR 2023 S. 603 Nr. 12
GmbHR 2023 S. 606 Nr. 12
NJW 2023 S. 2427 Nr. 33
NJW 2023 S. 9 Nr. 20
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2023 S. 1358
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2023 S. 1358
NWB-Eilnachricht Nr. 27/2023 S. 1877
WM 2023 S. 915 Nr. 19
ZIP 2023 S. 1019 Nr. 19
ZIP 2023 S. 4 Nr. 18
AAAAJ-38751