BVerwG Beschluss v. - 1 W-VR 27/22

Konkurrentenstreit um einen B 6-Dienstposten; Eilverfahren

Gesetze: Art 33 Abs 2 GG, § 21 Abs 1 S 1 WBO, § 23a Abs 2 S 1 WBO, § 123 VwGO

Tatbestand

1Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe B 6 bewerteten Dienstpostens des Kommandeurs und Ärztlichen Direktors des Bundeswehrkrankenhauses A.

2Der 19... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem ... enden. Am wurde er zum Flottenarzt befördert und mit Wirkung vom in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 16 eingewiesen. Er wird seit 2005 beim ... verwendet, wo er derzeit als Klinischer Direktor ... eingesetzt ist. Am ist ihm der akademische Grad eines Doktors der Medizin verliehen worden. Mit Bescheid vom wurde für ihn ab dem die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Grad der Behinderung von 100 festgestellt.

3Der Beigeladene ist ebenfalls Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem ... enden. Im März 2006 wurde er zum Oberstarzt A 16 befördert und mit Wirkung vom in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 3 eingewiesen. Der akademische Grad eines Doktors der Medizin wurde ihm am verliehen. Er wurde seit Juni 2009 beim Bundeswehrkrankenhaus A., dort zuletzt als Leitender Arzt der Abteilung ... und im Anschluss seit Juni 2019 als stellvertretender Kommandeur und Ärztlicher Direktor des Bundeswehrkrankenhauses B. verwendet. Der Beigeladene wurde mit Verfügung vom zum auf den streitgegenständlichen Dienstposten versetzt und trat den Dienst dort am an. Im Dezember 2022 wurde er zum Generalarzt befördert.

4Am entschied die damalige Bundesministerin der Verteidigung unter Bestätigung des Ergebnisses der Personalkonferenz II-2020 vom , den zum vakanten, streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Dem lag für den fraglichen Dienstposten ("Ring 9") folgendes Anforderungsprofil zugrunde:

"Der Kommandeur und Ärztliche Direktor bzw. die Kommandeurin und Ärztliche Direktorin (Kdr/ÄrztlDir) des Bundeswehrkrankenhauses A. (BwKrhs) führt das BwKrhs und ist Disziplinarvorgesetzte(r) der Stufe III. Er bzw. sie ist als Kdr/ÄrztlDir eines 'Akademischen Lehrkrankenhauses' insbesondere zuständig für die Einbindung in das zivile Gesundheitswesen und das akademische Umfeld sowie für die personelle, materielle und organisatorische Einsatzbereitschaft der Dienststelle verantwortlich.

Für den Dienstposten ist daher erforderlich:

- Führungskompetenz und Führungserfahrung,

- fachliche und wissenschaftliche Expertise (erforderlich: Promotion),

- Vorerfahrung im Bereich Krankenhausmanagement,

- Einsatzerfahrung SanDstBw wünschenswert."

5Ausweislich der Auswahldokumentation wurden alle Kandidaten der Dotierungshöhe B 3 mit diesem Profil betrachtet. Im Einzelnen vorgestellt wurde neben dem Beigeladenen, dessen Auswahl empfohlen wurde, noch ein weiterer Oberstarzt, nicht aber der Antragsteller.

6Unter dem beschwerte sich der Antragsteller gegen die Auswahlentscheidung. Unter Aufzählung verschiedener eigener Qualifikationen und Vorverwendungen rügte er, für den streitgegenständlichen Dienstposten nicht mitbetrachtet worden zu sein. Das Bundesministerium der Verteidigung wertete die Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung, hat diesen aber noch nicht vorgelegt.

7Am hat der Antragsteller Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.

8Er stellt seinen Werdegang und seine Qualifikationen ausführlich dar und macht geltend, der Beigeladene werde bereits mehr als sechs Monate auf dem streitgegenständlichen Dienstposten verwendet und könne dort einen beurteilungsrelevanten Erfahrungsvorsprung erwerben. Die Auswahlentscheidung sei rechtswidrig, weil er nicht in eine vergleichende Betrachtung mit dem Beigeladenen einbezogen sei. Aus seiner Sicht sei er nach seinen Vorverwendungen und Qualifikationen besser geeignet als der Beigeladene und der mit diesem in der Auswahldokumentation verglichene weitere Oberstarzt. Er übertreffe das geforderte Anforderungsprofil erheblich, habe in der Vergangenheit bereits Dienstposten innegehabt, die der Dotierungshöhe B 3 entsprächen. Die Perspektivhöhe B 6 sei ihm zugestanden worden.

9Die Dokumentation der Auswahlentscheidung sei mangelhaft. Der über ihn erstellte Personalbogen gebe seine Qualifikationen und Vorverwendungen nicht vollständig wieder. Er sei von 2010 bis 2013 mit der Besoldungsgruppe A 16 als Medizinischer Koordinator Interdisziplinärer Prozesse des Bundeswehrkrankenhauses A., dem Vorgängerdienstposten des B 3-Dienstpostens des Abteilungsleiters zentrales klinisches Prozessmanagement, eingesetzt gewesen und sei damit Stellvertreter des Dienstellenleiters, also des damaligen Chefarztes und jetzigen Kommandeurs, gewesen. Außerdem habe er vom bis zum das Bundeswehrkrankenhaus A. als kommissarischer Chefarzt alleinverantwortlich geführt und dabei auch Beurteilungs- und Disziplinarbefugnisse wahrgenommen. Sein Antrag, dies als B 3-Verwendung anzuerkennen, sei ignoriert worden.

10Mit den genannten Verwendungen habe er Führungserfahrung und Vorerfahrungen im Krankenhausmanagement nachgewiesen. Darüber hinaus nehme er in Urlaubs-, Krankheits- und Abwesenheitsfällen seit 2017 im ... die Stellvertretung des Kommandeurs wahr. Zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung habe er zwar seine wissenschaftliche Expertise noch nicht durch eine Promotion nachgewiesen, habe aber über den akademischen Grad "Executive MBA" verfügt. Zudem habe seine Promotion kurz vor dem Abschluss gestanden, was der Kommandeur Gesundheitseinrichtungen und sein damaliger Kommandeur auch gewusst hätten. Dass sich das Bundesministerium der Verteidigung auf seine bei der Auswahlentscheidung noch nicht abgeschlossene Promotion berufe, sei willkürlich und werde vorgeschoben, um ihn zu verhindern. Anders als der Beigeladene verfüge er zudem über Einsatzerfahrung im Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr. Er verfüge außerdem über die Fähigkeit zu systemübergreifenden Konzeptionen und habe Kenntnisse in der Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen. Seine Fachkompetenz ergebe sich auch aus der Tatsache, dass er regelmäßig an wöchentlichen Videotelefonkonferenzen der Kommandeure ... teilnehme und immer wieder durch die Führung des Sanitätsdienstes als operativ tätiger Mediziner um seine Expertise gebeten werde.

11Der Zeitpunkt der Auswahlentscheidung über zweieinhalb Jahre vor der Zurruhesetzung des vorherigen Dienstposteninhabers sei fragwürdig. Fragwürdig sei auch, dass für den Dienstposten in A. anders als für den entsprechenden Dienstposten in C. keine ministeriale oder Kommandoerfahrung gefordert worden sei.

12Für die Führung eines Bundeswehrkrankenhauses gebe es keinen formellen Verwendungsaufbau. Bedarfsträgerforderungen des Zentralen Sanitätsdienstes seien immer auf den Zielkandidaten zugeschnitten. In der Vergangenheit seien auch Kandidaten Generalärzte geworden, die mit der Versetzung auf den Dienstposten nicht promoviert gewesen seien, keine Facharztqualifikation auswiesen, keine Kommando- bzw. ministeriale Verwendung und kein zur Führung eines Krankenhauses qualifizierendes Masterstudium absolviert hätten.

13Der Antragsteller beantragt,

das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung in der Personalkonferenz II-2020 vom zur Besetzung des Kommandeurs und Ärztlichen Direktors des Bundeswehrkrankenhauses A. vorläufig rückgängig zu machen,

hilfsweise dem Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Besetzung des Dienstpostens des Kommandeurs und Ärztlichen Direktors des Bundeswehrkrankenhauses A., geführt unter dem Aktenzeichen R II 2 - 25-05-12 240/22, den Beigeladenen mit der vorläufigen, kommissarischen oder teilweisen Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens zu betrauen.

14Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

15Dem Antragsteller fehle der Anordnungsanspruch. Da er erst nach der Auswahlentscheidung den Grad eines Doktors der Medizin erworben habe, erfülle er zum maßgeblichen Zeitpunkt anders als der Beigeladene das zwingende Kriterium der Promotion nicht. Die Forderung sei sachgerecht, da das Bundeswehrkrankenhaus A. ein akademisches Lehrkrankenhaus sei, das in den "Forschungsverbund Nord" integriert sei und eng mit der D. kooperiere. Der Kommandeur und Ärztliche Direktor sei Vorgesetzter aller Bereiche der Einrichtung und repräsentiere sie nach außen. Wegen seiner Aufgaben und seiner exponierten Stellung in Öffentlichkeit und Wissenschaft sei eine Promotion unabdingbar. Der Antragsteller verfüge außerdem nicht über die zwingend erforderliche Vorerfahrung im Bereich Krankenhausmanagement. Hierfür sei die temporäre Vertretung des Kommandeurs und Ärztlichen Direktors nicht ausreichend. Die Auswahlentscheidung leide auch nicht an einem Dokumentationsmangel, da dem Auswahlbogen zum "Ring 9" die Hauptaufgaben und die daraus abgeleiteten zwingenden Kriterien zu entnehmen seien. Die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" ergebe sich aus dem Umstand, dass ausweislich des Auswahlbogens für den B 6-Dienstposten Kandidaten der Dotierungshöhe B 3 betrachtet worden seien. Der Antragsteller lege diese Organisationsgrundentscheidung seinem Antrag ebenfalls zugrunde.

16Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Gründe

18Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

191. Der gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 123 VwGO statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zwar zulässig. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO). Der Antrag kann - wie hier - auch schon vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

20Der Zulässigkeit des Antrags steht § 3 Abs. 2 WBO nicht entgegen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat in seiner Stellungnahme vom ausdrücklich erklärt, dass Abhilfe nicht erfolgen wird. Dem Erfordernis, dass die nach § 3 Abs. 2 WBO zuständige Stelle vor einer gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit gehabt haben soll, selbst eine einstweilige Maßnahme zu treffen, ist damit Rechnung getragen ( 1 WDS-VR 8.17 - juris Rn. 15).

21Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten mit dem Beigeladenen besetzt und dieser zwischenzeitlich zum Generalarzt befördert wurde (vgl. 1 WB 44.17 - juris Rn. 16). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung - auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung oder Planstelleneinweisung - nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr, vgl. z. B. 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m. w. N.).

222. Der Antrag ist aber nicht begründet.

23a) Für die begehrte einstweilige Anordnung besteht ein Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

24Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund aber daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.).

25Da der Beigeladene ausweislich der Versetzungsverfügung vom am den Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten angetreten hat, ist die Spanne von sechs Monaten vorliegend überschritten.

26b) Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die Entscheidung der Bundesministerin der Verteidigung vom , den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, ist nach summarischer Prüfung im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) nicht.

27aa) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z. B. 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m. w. N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32).

28Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 44.16 und 1 WB 45.16 - juris Rn. 29 und vom - 1 WB 3.18 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 92 Rn. 31). Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienstpostens bestimmte dienstrechtliche und/oder haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind ( 1 WDS-VR 7.11 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 64 Rn. 31 m. w. N.). Der Dienstherr ist insbesondere berechtigt, im Einzelnen die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Bezug auf den Aufgabenbereich des Dienstpostens im Vorfeld einer Auswahlentscheidung in einem Anforderungsprofil zu konkretisieren; insofern muss der Inhalt dieses Anforderungsprofils mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein (vgl. - NVwZ 2012, 368 Rn. 15; 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" ein Dienstposten haben soll, welche Zuständigkeiten ihm im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist ( 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54 sowie vom - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18 und Beschluss vom - 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42). Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren; ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, z. B. 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61> und Beschluss vom - 1 WB 44.11 - juris Rn. 30).

29Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. - NVwZ 2007, 1178 <1179>). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 50 und vom - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. 1 WB 36.09 - BeckRS 2010, 51350 Rn. 27).

30bb) Hiernach ist nach summarischer Prüfung die Auswahlentscheidung nicht aus formellen Gründen, insbesondere nicht wegen einer Verletzung der Dokumentationspflicht, aufzuheben.

31Die zur Vorbereitung der Auswahlkonferenz vom erstellten Auswahlunterlagen weisen für den streitgegenständlichen Dienstposten neben den Hauptaufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens die aus ihnen abgeleiteten Kriterien des Anforderungsprofils aus. Dass nur eines dieser Kriterien lediglich wünschenswert ist, ist ausdrücklich niedergelegt. Hiernach ist davon auszugehen, dass alle weiter angeführten Anforderungen zwingend sind, was sich aus der Formulierung "Für den Dienstposten ist daher erforderlich (...)" mit der gebotenen Deutlichkeit ergibt. Für die Forderung nach einer Promotion ist dies als Konkretisierung der zwingenden Forderung nach fachlicher und wissenschaftlicher Expertise zudem noch gesondert ausgewiesen. ("erforderlich: Promotion"). Hinsichtlich der Hauptaufgaben des Dienstpostens und des Anforderungsprofils sind die Dokumentationsanforderungen mithin erfüllt, kann hiernach doch der Antragsteller erkennen, wieso er nicht in den Vergleich mit dem Beigeladenen einbezogen wurde.

32Zwar ist in den Auswahlunterlagen nicht ausdrücklich niedergelegt, dass keine Querversetzung, sondern ein Aufstiegswettbewerb beabsichtigt war. Es ist daher zweifelhaft, dass die Dokumentationspflichten hinsichtlich der Organisationsgrundentscheidung (vgl. dazu 1 WB 40.21 - BVerwGE 175, 53 Rn. 27 ff.) beachtet wurden. Jedoch sind ausschließlich Kandidaten betrachtet worden, die noch nicht auf einem Dienstposten der Besoldungshöhe B 6 verwendet wurden. Damit ist den Auswahlunterlagen jedenfalls zu entnehmen, dass keine Organisationsgrundentscheidung zugunsten einer Querversetzung der Mitbetrachtung des Antragstellers entgegenstand und dass ein Aufstiegswettbewerb gewollt war.

33Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Beschränkung des Kandidatenfeldes auf Soldaten der Dotierungshöhe B 3 erfolgt ist und ob eine solche Entscheidung den Dokumentationsanforderungen genügt. Dies ist zweifelhaft, weil ein Grund hierfür an keiner Stelle niedergelegt wurde. Da der Antragsteller allerdings wegen eines hinreichend dokumentierten, zwingenden Kriteriums des Anforderungsprofils nicht weiter betrachtet wurde, werden diesbezügliche Dokumentationsmängel für eine Verletzung seiner Rechte nicht kausal.

34Dem Antragsteller ist durch die Zusendung der die Dokumentationspflicht erfüllenden Unterlagen auf seine Beschwerde hin bzw. im gerichtlichen Eilverfahren auch Akteneinsicht gewährt worden.

35cc) Der Ausschluss des Antragstellers von einem Eignungs- und Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen verletzt bei summarischer Betrachtung seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht. Denn das zwingende Kriterium der Promotion wird den rechtlichen Vorgaben voraussichtlich gerecht und wurde zum maßgeblichen Zeitpunkt zwar durch den Beigeladenen, nicht aber durch den Antragsteller erfüllt.

36(1) Bei der gerichtlichen Kontrolle des dem Dienstherrn insoweit zustehenden Organisationsermessens ist im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG nicht die Ausweitung, sondern die Verengung des Bewerberfeldes mittels eines Anforderungsprofils rechtfertigungsbedürftig (vgl. 2 VR 1.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 31). Soweit allgemeine Bedarfsträgerforderungen, die für eine Vielzahl gleich bewerteter Dienstposten in vergleichbarer Weise gelten, in ein Anforderungsprofil aufgenommen werden, können dafür regelmäßig tragfähige militärfachliche Gründe ins Feld geführt werden und mögliche Bewerber können sich auf diese Erfordernisse einstellen. Werden hingegen darüber hinausgehende zwingende dienstpostenbezogene Kriterien ins Anforderungsprofil aufgenommen, müssen sich dafür auch hinreichend gewichtige sachliche Gründe für die Aufgabenerfüllung auf dem konkreten Dienstposten finden lassen. Daran kann es fehlen, wenn die geforderten Vorerfahrungen oder Eignungsstufen nicht für die Erfüllung von Kernaufgaben des Dienstpostens erforderlich, sondern nur für die Erfüllung von untergeordneten Nebenaufgaben von Nutzen sind (vgl. 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 39 ff.).

37(2) Hiernach schließt der Umstand, dass die Forderung nach einer Promotion nicht zu den allgemeinen Bedarfsträgerforderungen für Dienstposten der vorliegenden Art gehört, es zwar nicht aus, im Einzelfall von den Regelforderungen abweichend weitere zwingende Kriterien in das Anforderungsprofil aufzunehmen. Dies muss aber im Hinblick auf die Kernaufgaben des konkreten Dienstpostens gefordert sein. Mit der zwingenden Forderung nach einer Promotion hat der Dienstherr das ihm zustehende Organisationsermessen bei der Ausgestaltung des Anforderungsprofils für den hier in Rede stehenden Dienstposten jedoch nach summarischer Prüfung nicht überschritten.

38Zwar ist es fraglich, ob eine zwingende Forderung nach einer Promotion bei der Besetzung eines vorwiegend administrativ und nicht wissenschaftlich geprägten Dienstpostens sachgerecht wäre (vgl. 1 WB 47.17 - juris Rn. 28 m. w. N. zum Dienstposten eines Dezernatsleiters ...). Jedenfalls bei herausgehobenen Dienstposten eines akademischen Lehrkrankenhauses ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn von Bewerbern eine Promotion verlangt wird ( 1 WB 67.19 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 101 Rn. 33 für den Dienstposten des unmittelbar dem Ärztlichen Direktor ... unterstellten Leiters des Zentrums für Notfall- und Rettungsmedizin). Das Bundeswehrkrankenhaus A. ist seit 1994 als akademisches Lehrkrankenhaus in die Ausbildung von Medizinstudenten der D., einer der größten Universitätskliniken Europas, eingebunden und erfüllt dabei Aufgaben der Forschung und der akademischen Lehre in allen Abschnitten. Die Promotion stellt den Nachweis der Fähigkeit zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten dar. Unabhängig davon, welchen Stellenwert der Promotion im Übrigen für die berufliche und gesellschaftliche Anerkennung zukommt, bildet sie im akademisch-universitären Umfeld eine formale Qualifikation, die für die Wahrnehmung von Funktionen, die das Einstiegsniveau überschreiten, nicht selten normativ gefordert und ansonsten sowohl innerhalb der Ausbildungseinrichtung als auch von den Studierenden erwartet wird.

39Das Bundesministerium der Verteidigung weist nachvollziehbar darauf hin, dass das in Rede stehende Bundeswehrkrankenhaus besondere Bedeutung für die medizinische Forschung hat und eng mit der D. kooperiert. Der Ärztliche Direktor eines akademischen Lehrkrankenhauses von dieser Bedeutung ist in der Öffentlichkeit und der wissenschaftlichen Gemeinschaft besonders exponiert und benötigt für die angemessene Repräsentanz dieser Einrichtung in dem hier in Rede stehenden Umfeld daher eine besondere wissenschaftliche Qualifikation, wie sie - mindestens - der akademische Grad eines Doktors der Medizin ausweist. Der Dienstherr überschreitet seinen Einschätzungsspielraum auch nicht dadurch, dass er der vom Antragsteller erworbenen Qualifikation eines "Executive MBA" nicht denselben Stellenwert einräumt.

40(3) Wie in seiner Personalakte dokumentiert hat der Antragsteller den Doktorgrad am erworben, während der Beigeladene ausweislich seiner Personalgrundakte seit 1992 Doktor der Medizin ist. Unerheblich ist, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits an seiner Dissertation arbeitete und dass dies im Sanitätsdienst der Bundeswehr auch bekannt war. Denn angesichts des Umstandes, dass er den Doktorgrad beinahe ein Jahr nach der in Rede stehenden Auswahlentscheidung erworben hat, kann nicht die Rede davon sein, dass der Erwerb der notwendigen Qualifikation durch ihn zum maßgeblichen Zeitpunkt unmittelbar bevorstand.

41Es liegt auch kein Rechtsfehler darin, dass der - für die Bestimmung der maßgeblichen Sachlage ausschlaggebende - Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vor dem Erwerb des Doktorgrades durch den Antragsteller lag.

42Aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn folgt, dass es ihm im Grundsatz obliegt, nicht nur darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter bzw. hier Dienstposten vorhält, sondern - im Rahmen einer angemessenen Ausgestaltung des Auswahlverfahrens - auch, wann er diese endgültig besetzen will (vgl. - auch zum Folgenden - 2 C 27.15 - BVerwGE 156, 272 Rn. 35 m. w. N.). Die organisatorische Entscheidungshoheit des Dienstherrn über die zeitliche Dimension einer Stellenbesetzung wird somit - abgesehen von Missbrauchsfällen - nicht durch subjektive Rechtspositionen eingeschränkt. Es gibt keinen Anspruch auf eine "zügige Durchführung" des Auswahlverfahrens oder auf eine Entscheidung über die Bewerbung zu einem bestimmten Zeitpunkt ( 1 W-VR 7.22 - juris Rn. 22). Für eine rechtsmissbräuchliche Handhabung der Organisationsgewalt des Dienstherrn gibt es vorliegend keinen Anhaltspunkt. Es ist nicht zu beanstanden, dass er die Nachfolge für den herausgehobenen Dienstposten eines Ärztlichen Direktors langfristig vor dem Eintritt der Dienstposteninhaber in den Ruhestand vorbereitet und entscheidet, um gerade in derartig exponierten Positionen den anstehenden Wechsel zeitig im akademischen Umfeld bekannt zu machen und eine reibungslose Übergabe der Dienstgeschäfte ohne Vakanzphasen zu gewährleisten.

43(4) Es kommt daher voraussichtlich nicht mehr darauf an, ob dem Antragsteller zusätzlich das Fehlen von Vorerfahrungen im Bereich Krankenhausmanagement entgegengehalten werden kann. Dies ist allerdings zweifelhaft. Nach dem Vortrag des Bundesministeriums der Verteidigung kann eine entsprechende Vorerfahrung etwa durch die Tätigkeit als Abteilungsleiter Klinisches Prozessmanagement oder als stellvertretender Kommandeur/Ärztlicher Direktor eines Bundeswehrkrankenhauses erworben werden. Der Antragsteller macht geltend, von 2010 bis 2013 Stellvertreter des Chefarztes des Bundeswehrkrankenhauses A. gewesen zu sein und 2011 für ein halbes Jahr den Dienstposten des Chefarztes kommissarisch wahrgenommen zu haben. Seine Beurteilung zum Stichtag weist nicht nur die Funktion als ständiger Vertreter des Chefarztes des Bundeswehrkrankenhauses aus, sie führt unter Punkt 3.3 auch aus, dass er sich besonders in der Zeit der vertretungsweisen, mehrmonatigen und alleinverantwortlichen Führung des Bundeswehrkrankenhauses A. in jeder Beziehung bewährt habe. Auch die planmäßige Beurteilung zum Stichtag verweist auf die Aufgabe als ständiger Vertreter des Chefarztes des Bundeswehrkrankenhauses A. und führt unter Punkt 3.3 aus, dass er in dieser Funktion überzeugt habe. Hiernach spricht jedenfalls nach summarischer Einschätzung vieles dafür, dass er über entsprechende Erfahrungen von beurteilungsrelevantem Umfang verfügt.

443. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:310123B1WVR27.22.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-37826