Online-Nachricht - Donnerstag, 13.04.2023

Umsatzsteuer | Photovoltaik-Anlage: Vorsteuerabzug aus Reparaturkosten für Hausdach (BFH)

Wird aufgrund der unsachgemäßen Montage einer unternehmerisch genutzten Photovoltaik-Anlage das Dach eines eigenen Wohnzwecken dienenden Hauses beschädigt, steht dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Schadens notwendigen Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten der Vorsteuerabzug zu (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger installierte im Jahr 2009 eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach seines privat genutzten Hauses. Er lieferte den von der PV-Anlage erzeugten Strom umsatzsteuerpflichtig an den zuständigen Netzbetreiber, ordnete die PV-Anlage rechtzeitig vollständig einem Unternehmen zu und nahm den vollen Vorsteuerabzug für die PV-Anlage in Anspruch.

Im Streitjahr 2019 wurde festgestellt, dass aufgrund der unsachgemäßen Montage der PV-Anlage im Jahr 2009 das Dach beschädigt ist. Durch das nicht fachgerechte Anbohren der Ziegel konnte Feuchtigkeit in das Dach eindringen. Der Kläger ließ den Schaden auf eigene Kosten reparieren.

In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für das III. Kalendervierteljahr 2019 begehrte der Kläger den vollen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Dachreparatur, weil der Schaden nur durch die unternehmerische Nutzung des Dachs (durch die PV-Anlage) entstanden sei. Die Schadensbeseitigung sei daher aus unternehmerischen Gründen erfolgt.

Das FA versagte einen Vorsteuerabzug aus der Dachsanierung. Entscheidend sei dass die künftige Nutzung des Daches zu über 90 % nichtunternehmerisch erfolge, weil das Dach den privaten Wohnraum bedecke. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (, s. hierzu Schmidt, sowie Nürnberg, ).

Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und gaben der Klage statt:

  • Der Kläger, der mit dem Betrieb einer auf seinem Wohnhaus angebrachten PV-Anlage eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat (vgl. "Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr"; ), ist aus den Leistungen zur Beseitigung der Schäden, die an dem Dach seines privat genutzten Wohnhauses bei der Anbringung der PV-Anlage entstanden sind, entgegen der Auffassung des FG und des FA zum Vorsteuerabzug berechtigt.

  • Maßgebend für den Vorsteuerabzug ist nicht nur die Verwendung der vom Steuerpflichtigen bezogenen Eingangsleistung, sondern auch der ausschließliche Entstehungsgrund des Eingangsumsatzes.

  • Wird aufgrund der unsachgemäßen Montage einer unternehmerisch genutzten Photovoltaik-Anlage das Dach eines eigenen Wohnzwecken dienenden Hauses beschädigt, steht dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Schadens notwendigen Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten der Vorsteuerabzug zu.

  • Die künftige Nutzung des reparierten Gegenstands ist entgegen der Auffassung des FG für den Vorsteuerabzug jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn dem Unternehmer - wie hier - über die Schadensbeseitigung hinaus in seinem Privatvermögen kein verbrauchsfähiger Vorteil verschafft wird.

  • Es liefe dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zuwider, wenn ein Steuerpflichtiger für Ausgaben, die für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze erbracht wurden, deshalb die Mehrwertsteuer tragen müsste, weil einem Dritten durch diese Ausgaben ein nebensächlicher Vorteil entsteht (vgl. "Vos Aannemingen", EU:C:2020:785, Rz 29), wie dies z.B. der Fall wäre, wenn der Kläger die PV-Anlage auf einem angemieteten Hausdach betrieben hätte und dieses hierbei beschädigt worden wäre. Für den Privatbereich des Unternehmers kann insoweit nichts anderes gelten.

  • Der Senat weicht damit nicht von den (BStBl II 1980, 309), v. - V R 25/97 (BFH/NV 1998, 1533), v. - V R 13/08 (BFH/NV 2010, 960), v. - XI R 29/09 (BStBl II 2012, 430), v. - XI R 21/10 (BStBl II 2012, 434), v. - XI R 29/10 (BStBl II 2012, 438), v. - XI R 23/10 (BFH/NV 2012, 1672), v. - XI R 26/11 (BFH/NV 2012, 1192) und v. - V R 59/16 (BStBl II 2017, 1209) sowie dem (BFH/NV 2014, 1095) ab. Denn in diesen Fällen lag der ausschließliche Entstehungsgrund nicht in der Beseitigung eines nur durch die wirtschaftliche Tätigkeit entstandenen Schadens.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:

Die Entscheidung ist für Installationen von Photovoltaikanlagen von besonderer Bedeutung. Jedoch gilt dies für die Zukunft nur dann, wenn die Photovoltaikanlage umsatzsteuerlich relevant ist. In vielen Fällen wird wegen der Regelung in § 12 Abs. 3 UStG, eingefügt durch das JStG 2022, die Photovoltaikanlage der Kleinunternehmerregelung unterfallen und kein Verzicht darauf ausgesprochen, so dass die Reparaturkosten am Dach umsatzsteuerlich unbeachtlich bleiben.

Damit kommt die Entscheidung nur dann zur Anwendung, wenn die Anlage umsatzsteuerpflichtig betrieben wird. Sie ist dann für Steuerpflichtige zu beachten. Insbesondere wenn durch die Montage der Photovoltaikanlage ein Schaden am Dach entstanden ist, kann der Betreiber der Anlage die Reparaturkosten in vollem Umfang berücksichtigen und insbesondere die Umsatzsteuer aus allen damit zusammenhängenden Eingangsleistungen als Vorsteuer geltend machen. Der Vorteil für den Betreiber, der das Haus, auf dessen Dach die Anlage installiert ist, zu eigenen Wohnzwecken nutzt, ist dabei umsatzsteuerlich unbeachtlich, wenn er nicht über den Reparaturvorteil hinausgeht.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
MAAAJ-37548