BGH Beschluss v. - II ZR 11/22

Nichtzulassungsbeschwerde: Beschwer bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen

Gesetze: § 247 Abs 1 AktG, § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO

Instanzenzug: Az: 2 U 91/18vorgehend Az: 103 O 47/17

Gründe

1I. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind als unzulässig zu verwerfen, weil nicht glaubhaft gemacht ist, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

21. Die Wertberechnung im Rahmen des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden. An die Wertfestsetzung des Berufungsgerichts ist es nicht gebunden (, ZInsO 2020, 440 Rn. 2 mwN; Beschluss vom - II ZR 42/22, juris Rn. 2). Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (, NJW-RR 2022, 1223 Rn. 2 mwN; Beschluss vom - II ZR 42/22, juris Rn. 2).

3Die Bemessung der Beschwer bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen richtet sich nach den Grundsätzen des § 247 Abs. 1 AktG. Danach kommt es auf die Bedeutung der Sache für die Parteien an. Die Beschwer ist danach unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen zu bestimmen (, AG 2011, 823;Beschluss vom - II ZR 243/19 juris Rn. 6 jeweils mwN).

42. Die Kläger und der Streithelfer haben mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dargelegt, dass der Wert der von ihnen mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt. Der Senat bemisst die Beschwer durch die Zurückweisung der Berufung mit höchstens 10.000 €.

5a) Die Nichtzulassungsbeschwerde beruft sich für das Überschreiten der Beschwer von 20.000 € auf die übereinstimmende Festsetzung des Streitwerts in den Vorinstanzen auf 100.000 € entsprechend der Schätzung der Kläger in der Klageschrift. Die Wertfestsetzung der Vorinstanzen ist für die Bemessung der Beschwer indes nicht bindend und aus der in Bezug genommenen Schätzung der Kläger ergibt sich nichts für eine den Betrag von 20.000 € übersteigende Beschwer. Die Kläger haben ohne weitere Begründung einen "vorläufigen Streitwertvorschlag (nur zum Zwecke einer umgehenden Zustellung)" in dieser Höhe unterbreitet. Diese Ausführungen enthalten keine Anhaltspunkte zur Bedeutung der Sache für die Parteien.

6b) Den übrigen Ausführungen der Nichtzulassungsbeschwerde ist das Erreichen der Mindestbeschwer ebenfalls nicht zu entnehmen.

7aa) Die Nichtzulassungsbeschwerde verweist auf Vortrag zum wirtschaftlichen Interesse der Kläger an der Beseitigung der angefochtenen Beschlüsse über die Änderung des Gesellschaftsvertrags der Beklagten. Die Kläger haben einen Zinsschaden infolge verspäteter Barabfindung erwähnt, der durch den streitgegenständlichen oder einen ergänzenden Beschluss habe aufgefangen werden müssen, und ferner das Interesse der Beklagten an der Eintragung des Formwechsels, das Interesse der Kläger an der Beseitigung der Beschlussfassung über die Befugnisse des Versammlungsleiters, an der Beseitigung der Täuschung darüber, dass sämtliche Satzungsänderungen auf einer Forderung des Registergerichts beruhten und die mit der Umwandlung verbundenen Nachteile. Die Kläger streben zudem die Aufhebung des Beschlusses zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen an. In anderem Zusammenhang beruft sich die Nichtzulassungsbeschwerde darauf, die Beklagte habe geäußert, kein Interesse mehr an der Aufrechterhaltung des Beschlusses zu haben.

8bb) Diese Ausführungen sind nicht geeignet, einen 20.000 € übersteigenden Wert im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für die Parteien anzunehmen. Der Senat schätzt diesen Wert auf höchstens 10.000 €.

9(1) Es ist nicht dargelegt, dass die Kläger mit der Aufhebung des Beschlusses einen kompensierenden Zins- oder Schadensersatzanspruch haben oder die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch schaffen könnten. Die Nichtigerklärung der Beschlüsse würde lediglich dazu führen, dass der Gesellschaftsvertrag der Beklagten den gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1, § 218 Abs. 1 Satz 1 UmwG zunächst beschlossenen Inhalt hätte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ging die Beklagte davon aus, dass die Beanstandungen des Registergerichts gegen den zunächst beschlossenen Gesellschaftsvertrag nicht gerechtfertigt waren und die Änderungen nur zur Beschleunigung der Eintragung des Formwechsels vorgenommen wurden. Die Höhe behaupteter Ansprüche wird zudem nicht beziffert und es werden auch keine Anhaltspunkte für eine Schätzung benannt. Der Formwechsel selbst ist von den Beschlüssen nicht betroffen (§ 202 Abs. 3 UmwG), so dass weder das Interesse der Kläger an der Verhinderung noch das Interesse der Beklagten am bereits bei Klageerhebung eingetragenen Formwechsel maßgeblich ist.

10(2) Soweit sich die Kläger auf Belastungen berufen, die mit den Satzungsänderungen verbunden sind, ist ihr Interesse durch den Wert ihrer Anteile begrenzt (, NZG 2009, 518 Rn. 2; Beschluss vom - II ZR 243/19, juris Rn. 7). In Ermangelung anderer Anhaltspunkte ist der Nennwert der Gesellschaftsanteile zugrunde zu legen (, juris Rn. 7). Dazu wird von der Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nichts dargelegt, nicht einmal die Anzahl der von den Klägern gehaltenen Geschäftsanteile, die nach dem Inhalt der angefochtenen Beschlüsse einen Nennwert von einem Euro haben. Auf Seiten der Beklagten besteht nach den Ausführungen der Nichtzulassungsbeschwerde nach Eintragung des Formwechsels kein Interesse mehr an der Aufrechterhaltung des Beschlusses.

11II. Die Nichtzulassungsbeschwerden wären im Übrigen auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:310123BIIZR11.22.0

Fundstelle(n):
OAAAJ-36733