BAG Urteil v. - 6 AZR 460/21

Instanzenzug: Az: 7 Ca 181/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 12 Sa 84/20 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin und daraus folgende Vergütungsansprüche.

2Die Klägerin ist seit dem bei der beklagten Stadt im Gemeindevollzugsdienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung Anwendung. Dessen Allgemeiner Teil bestimmt auszugsweise Folgendes:

3Zum trat die Entgeltordnung (VKA) als Anlage 1 zum TVöD (im Folgenden EntgO) in Kraft. In dieser ist die bisherige Entgeltgruppe 9 TVöD in die Entgeltgruppen 9a, 9b und 9c TVöD (VKA) aufgespalten worden. Zur Überleitung in die EntgO bestimmt der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 11 vom auszugsweise Folgendes:

4§ 17 Abs. 4 TVöD-AT lautete in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden aF) auszugsweise wie folgt:

5Seit dem gilt folgende Neufassung des § 17 Abs. 4 TVöD-AT:

6Das Landesarbeitsgericht hat bezüglich der Eingruppierung der Klägerin bis zum keine Feststellungen getroffen. Die Klägerin stellte aber unstreitig einen fristgerechten Antrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA auf Höhergruppierung. Seit dem wurde sie daraufhin zunächst nach Entgeltgruppe 7 Stufe 3 TVöD (VKA) vergütet.

7Ihrer Forderung auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) kam die Beklagte nicht nach. Obwohl die Tätigkeit der Klägerin unverändert geblieben war, vergütete die Beklagte die Klägerin jedoch rückwirkend seit dem nach Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TVöD (VKA). Die Klägerin verlangte weiterhin eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) jedenfalls seit dem und erhob eine entsprechende Feststellungsklage. Diese war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Die Beklagte legte hiergegen Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens geführte Vergleichsverhandlungen bezüglich des Beginns einer etwaigen Vergütung der Klägerin nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) mündeten in einem Vergleich, welchen das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom im Verfahren - 14 Sa 32/19 - feststellte:

8Über den Beginn der Stufenlaufzeit bezüglich der Stufe 4 konnten sich die Parteien nicht verständigen. Sie beabsichtigten diesbezüglich eine gesonderte Einigung. Eine solche kam nicht zustande.

9Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) seit dem verlangt und dies bezogen auf die Zeit bis zum mit Zahlungsanträgen konkretisiert.

10Die dreijährige Stufenlaufzeit zur Stufe 4 habe nicht erst mit dem als Beginn der vereinbarten Pflicht zur Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) begonnen. Da sich ihre Tätigkeit seit dem - unstreitig - nicht verändert habe, handle es sich der Sache nach um eine korrigierende Höhergruppierung. Auf eine solche finde § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT keine Anwendung. Die Stufenlaufzeit habe nach dem allein maßgeblichen § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) bereits mit dem zu laufen begonnen, weil die Voraussetzungen einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) schon seit diesem Zeitpunkt erfüllt gewesen seien. Angesichts der Gewährung der Stufe 3 zum sei die zur Erreichung der Stufe 4 maßgebliche Stufenlaufzeit von drei Jahren am abgelaufen. Seitdem bestehe der Anspruch auf ein Entgelt nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA).

11Hilfsweise sei festzustellen, dass diese Vergütungspflicht entsprechend der einseitigen Änderung der Eingruppierung der Beklagten zum seit dem bestehe.

12Die Klägerin hat daher beantragt

13Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Die Parteien hätten sich im Rahmen eines Tatsachenvergleichs auf den Beginn der Zahlungsverpflichtung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) am verständigt. Mit diesem Vergleich sei auch der Beginn der Stufenlaufzeit festgelegt worden. Es handle sich um eine Höhergruppierung. Nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT beginne die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe mit dem Tag der Höhergruppierung, dh. vorliegend mit dem . Bezogen auf die Stufe 4 habe die Stufenlaufzeit folglich erst zum geendet. Auf die bestrittene Behauptung der Klägerin, dass sie die Voraussetzungen der Eingruppierung nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) bereits seit dem erfülle, komme es vor diesem Hintergrund nicht an.

14Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht diese Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin hat der Senat mit Beschluss vom (- 6 AZN 338/21 -) die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.

Gründe

15Die Revision ist teilweise begründet.

16A. Die zu 1. als Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist teilweise unzulässig. Im Übrigen kann über die begehrte Feststellung und die mit den Anträgen zu 2. und 3. erhobene Leistungsklage noch nicht abschließend entschieden werden. Die streitgegenständliche Stufenzuordnung hängt von der Eingruppierung der Klägerin seit dem ab. Diese kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst beurteilen.

17I. Die zu 1. als Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist teilweise unzulässig.

181. Dem Feststellungsantrag fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit er sich für die Zeit vom bis zum mit der zu 2. und 3. erhobenen Leistungsklage überschneidet. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgte Zahlung hinausgehende Interesse für diesen Zeitraum an der begehrten Feststellung besteht. Deshalb ist die Klage auch nicht als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl.  - Rn. 14; - 6 AZR 146/20 - Rn. 17).

192. Im Übrigen ist der Antrag bei gebotener Auslegung zulässig (zur rechtsschutzgewährenden Auslegung  - Rn. 15). Zwar erfasst er seinem Wortlaut nach auch die Zeit ab dem . Diesbezüglich bestünde kein Feststellungsinteresse, weil die streitgegenständliche Vergütungspflicht auch nach Auffassung der Beklagten seit diesem Zeitpunkt besteht. Nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin ist sie sich dessen aber bewusst. Der Antrag ist offensichtlich nur auf den zwischen den Parteien umstrittenen Zeitraum bis zum gerichtet. Dies entspricht dem in der Verhandlung vor dem Senat zum Ausdruck gebrachten Verständnis der Parteien.

20II. Ob die zu 1. bis 3. zulässig gestellten Hauptanträge begründet sind, kann noch nicht abschließend entschieden werden.

211. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat zum keine Höhergruppierung iSv. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT stattgefunden, welche den tariflichen Beginn der Stufenlaufzeit in Stufe 3 der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) ausgelöst hätte (vgl. die Begründung im Parallelverfahren  - Rn. 17 ff.). Die Tätigkeit der Klägerin blieb seit Beginn des Arbeitsverhältnisses unstreitig unverändert. Gleiches gilt bezüglich der einschlägigen Eingruppierungsregelungen in Teil A Abschn. I Ziff. 3 der Entgeltordnung (VKA). Ein tariflich vorgesehener Beginn der Stufenlaufzeit kommt daher zum nicht in Betracht.

222. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts könnte sich dennoch im Ergebnis als richtig darstellen (§ 561 ZPO).

23a) Die Stufenlaufzeit ist nach § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) innerhalb derselben Entgeltgruppe zurückzulegen (vgl. hierzu  - Rn. 17, BAGE 159, 214). Die Begründetheit des mit den Hauptanträgen verfolgten Klagebegehrens würde demnach voraussetzen, dass die für einen Aufstieg in die Stufe 4 zu erfüllende Stufenlaufzeit von drei Jahren mit dem in der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) begonnen hat. Die Beklagte stellt eine Zuordnung zur Stufe 3 am nicht in Abrede. Umstritten ist aber die Eingruppierung geblieben. Bei einer tariflichen Eingruppierung in der Entgeltgruppe 7 oder 8 TVöD (VKA) seit dem hätte die Stufenlaufzeit in der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) aufgrund der vergleichsweise vereinbarten, übertariflichen Höhergruppierung erst ab dem zu laufen begonnen. In diesem Falle wäre die streitgegenständliche Vergütung entsprechend der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten frühestens ab dem zu leisten gewesen.

24b) Mangels hinreichender Feststellungen bezüglich der maßgeblichen Eingruppierung kann der Senat über das Begehren der Klägerin nicht selbst entscheiden.

25aa) Die Klägerin hat mit der fristgerechten Stellung des Antrags nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA das Eingreifen der Tarifautomatik für die Zeit ab dem bewirkt, falls sich nach der EntgO eine höhere Entgeltgruppe für sie ergeben hätte (vgl. zum Überleitungsrecht  - Rn. 17 ff.; - 6 AZR 150/21 - Rn. 20 f.; - 6 AZR 41/20 - Rn. 25; - 6 AZR 74/19 - Rn. 17 mwN, BAGE 173, 1).

26bb) Die Eingruppierung der Klägerin vor dem ist jedoch nicht festgestellt. Sie kann mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen auch nicht durch den Senat erkannt werden. Es lässt sich schon deshalb nicht beurteilen, ob nach der EntgO zum eine Höhergruppierung wegen Änderung der Eingruppierungsregelungen erfolgt ist (vgl. zu den Fallgruppen BeckOK TVöD/Dannenberg TVÜ-VKA § 29b Stand Rn. 9a). Wäre dies nicht der Fall, wäre die Überleitung nach § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA besitzstandswahrend vollzogen worden. Bei Beibehaltung der Eingruppierung wäre auch die Stufenlaufzeit nicht verändert worden. Denkbar wäre aber auch, dass die Klägerin bis zum die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 TVöD erfüllt hatte und die Sonderregelung des § 29c Abs. 3 TVÜ-VKA eingreift. Bei einer tariflichen Höhergruppierung nach der EntgO zum wäre hingegen die Frage zu beantworten, welche neue Eingruppierung zum tariflich zutreffend war. Der Beginn der neuen Stufenlaufzeit wäre dann durch § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 17 Abs. 4 Satz 4 TVöD-AT aF auf den festgelegt. Der Senat kann jedoch mangels diesbezüglicher Feststellungen die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin nach der EntgO zum nicht beurteilen. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil des führenden Parallelverfahrens verwiesen ( - Rn. 27 ff.).

27c) Vor diesem Hintergrund ist das Klagebegehren derzeit nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin wurde durch die Vorinstanzen hierauf allerdings nicht hingewiesen. Nach Gelegenheit zur Stellungnahme wird das Landesarbeitsgericht im fortzusetzenden Berufungsverfahren unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin zu klären haben, in welcher Entgeltgruppe die Klägerin seit dem eingruppiert war. Erst hieran anschließend kann die Frage beantwortet werden, zu welchem Zeitpunkt die Stufenlaufzeit nach § 16 TVöD-AT (VKA) begann.

28B. Über den Hilfsantrag war folglich nicht zu entscheiden. Der Inhalt des mit ihm geltend gemachten Anspruchs ist allerdings ohnehin als ein „Weniger“ in dem zu 1. gestellten Hauptantrag enthalten (vgl. hierzu  - Rn. 36; - 4 AZR 490/18 - Rn. 17, BAGE 168, 306; - 9 AZR 199/18 - Rn. 33). Das Klagebegehren des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Hauptantrag nur durch den späteren Beginn der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung. Dem Hilfsantrag kommt daher keine eigenständige prozessuale Bedeutung zu.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:081222.U.6AZR460.21.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-34453