Online-Nachricht - Donnerstag, 09.02.2023

Umsatzsteuer | Übertragung eines vor dem ausgestellten Gutscheins über eine elektronische Dienstleistung in einer Leistungskette (BFH)

Guthabenkarten über näher bezeichnete und im Inland zu erbringende Leistungen konnten wie eine Ware gehandelt werden und führten jedenfalls vor Inkrafttreten der § 3 Abs. 13 ff. UStG über die Anzahlungsbesteuerung zu einer Steuerentstehung (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob die Übertragung von Guthabenkarten oder Gutscheincodes für den Erwerb digitaler Inhalte für das X-Network (X), sog. X-Cards, im Besteuerungszeitraum 2017 der Umsatzsteuer unterliegt:

Die Klägerin, eine GbR, vertrieb im Streitjahr 2017 (Streitjahr) über ihren Internetshop Guthabenkarten oder Gutscheincodes zum Aufladen von Nutzerkonten für X. Herausgeber der Gutscheincodes war die Y Limited (Y) mit Sitz in London. Die Gutscheincodes ermöglichten dem Erwerber die Aufladung seines X-Nutzerkontos mit einem näher bestimmten Nennwert in Euro. Nach der Kontoaufladung konnten vom Kontoinhaber im X-Store von Y digitale Inhalte zu den dort angeführten Preisen erworben werden.

Die Gutscheincodes der Y bezog die Klägerin über einen inländischen Zwischenhändler (V), der die Gutscheincodes seinerseits von der inländischen Z GmbH unter Ausweis inländischer Umsatzsteuer erworben hatte. Die Klägerin machte aus den Rechnungen des V den Vorsteuerabzug geltend, ohne jedoch ihre entsprechenden Ausgangsumsätze zu versteuern mit der Begründung, es handele sich dabei um Wertgutscheine. Bei der Veräußerung der X-Cards sei der Wohnsitz oder der Ansässigkeitsort des Endkunden nicht sicher bekannt, so dass der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 5 UStG nicht sicher bestimmbar sei. Das FA dagegen sah die Umsätze der Klägerin mit X-Cards als steuerbare Übertragung von Warengutscheinen an.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (, s. Nürnberg, ).

Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin zurück:

  • § 3 Abs. 13 bis 15 UStG findet vorliegend keine Anwendung, da die Regelungen nach § 27 Abs. 23 UStG erstmals auf Gutscheine anzuwenden sind, die nach dem ausgestellt werden, was hier nicht der Fall ist.

  • Nach dem „Lebara“ werden Guthabenkarten wie eine Ware gehandelt (vgl. u.a. ).

  • Danach erbringt in einer Vertriebskette, die zumindest einen Zwischenhändler - als Vertriebshändler - zwischen dem Telefonanbieter und dem Endnutzer umfasst, der Telefonanbieter nur eine Telekommunikationsdienstleistung an den Zwischenhändler, an den er die Telefonkarte verkauft, nicht jedoch eine (weitere) Leistung an etwaige weitere Zwischenhändler oder an den Endnutzer.

  • Sowohl der ursprüngliche Verkauf der Karte als auch ihr anschließender Weiterverkauf sind steuerbare Umsätze; in jedem Glied der Kette ist die Mehrwertsteuer genau proportional zum gezahlten Preis und lässt den Abzug der Vorsteuer zu (EuGH-Urteil Lebara, EU:C:2012:264, Rz 42).

  • Auch beim letzten Verkauf der Karte an den Endnutzer ist die Mehrwertsteuer genau proportional zu dem von diesem für den Erwerb der Karte gezahlten Preis, selbst wenn dieser Preis nicht dem Nennwert der Karte entspricht.

  • Auf dieser Grundlage liegt der Ort der hinreichend bestimmbaren Leistung im Inland. Im Hinblick auf die Verwendung der deutschen Länderkennung waren bei vertragsgemäßem Verhalten die Empfänger der von der Klägerin erbrachten Leistungen im Inland ansässig. Auf vertragswidriges Verhalten kann sich die Klägerin dagegen nicht berufen.

Hinweis:

Zur Frage, ob nach dem ausgestellte Gutscheine der Besteuerung unterliegen, hat sich der BFH in einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gewandt (, s. hierzu unsere Online- Nachricht v. 9.2.2023).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB TAAAJ-33357