Online-Nachricht - Donnerstag, 09.02.2023

Umsatzsteuer | EuGH-Vorlage zur Besteuerung von Gutscheinen in einer Leistungskette nach aktuellem Recht (BFH)

Der BFH hat dem EuGH diverse Fragen zur Auslegung von Art. 30a Nr. 2 und Art. 30b Unterabs. 2 MwStSystRL zur Vorabentscheidung vorgelegt (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. (BGBl 2018 I S. 2338) wurde die Umsatzbesteuerung für nach dem ausgestellte Gutscheine neu geregelt. Erstmals wurde eine Legaldefinition des Begriffs des Gutscheins gesetzlich festgeschrieben. Innerhalb des neu definierten Gutscheinbegriffs wird zwischen Einzweck-Gutscheinen und Mehrzweck-Gutscheinen unterschieden.

Die Finanzverwaltung geht in Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 1 UStAE davon aus, dass ein Einzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG dadurch gekennzeichnet ist, dass der Ort der Lieferung oder sonstigen Leistung, zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, sowie die geschuldete Umsatzsteuer, bei dessen Ausgabe oder dessen erstmaliger Übertragung durch den Aussteller des Gutscheins feststehen. Dies entspricht dem Wortlaut des Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL, § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG, nach dem es darauf ankommt, dass der Ort der Lieferung der Gegenstände oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen.

Sachverhalt: Streitig ist, ob die Übertragung von Guthabenkarten oder Gutscheincodes für den Erwerb digitaler Inhalte für das X-Network (X), sog. X Cards, der Umsatzsteuer unterliegt. Mit seiner Vorlagefrage will der BFH u.a. für den Fall der mehrfachen Übertragung eines Gutscheins klären, ob sich das Erfordernis beim Einzweck-Gutschein, dass der Ort der Leistung feststehen muss, auch auf die Übertragung zwischen Steuerpflichtigen ("Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern"), also den Übertragungsumsatz, beziehen muss.

In diesem Zusammenhang legt der BFH dem EuGH die folgenden Fragen zur Auslegung von Art. 30a Nr. 2 und Art. 30b Unterabs. 2 MwStSystRL zur Vorabentscheidung vor:

  1. Liegt ein Einzweck-Gutschein im Sinne von Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL vor, wenn

    • zwar der Ort der Erbringung von Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, insoweit feststeht, als diese Dienstleistungen im Gebiet eines Mitgliedstaats an Endverbraucher erbracht werden sollen,

    • aber die Fiktion des Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL, nach der auch die Übertragung des Gutscheins zwischen Steuerpflichtigen zur Erbringung der Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, zu einer Dienstleistung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats führt?

  2. Falls die Frage 1 verneint wird (und damit im Streitfall ein Mehrzweck-Gutschein vorliegt): Steht Art. 30b Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL, wonach die tatsächliche Erbringung der Dienstleistungen, für die der Erbringer der Dienstleistungen einen Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung oder Teil einer solchen annimmt, der Mehrwertsteuer gemäß Art. 2 MwStSystRL unterliegt, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Mehrwertsteuer unterliegt, einer anderweitig begründeten Steuerpflicht (EuGH-Urteil Lebara vom - C-520/10, EU:C:2012:264) entgegen?

Hinweis:

Zuvor hatte der BFH in dem Verfahren mit Beschluss v. - XI S 4/21 (AdV) bereits Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung gewährt (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 1.9.2022). Zur Vorinstanz, , s. Nürnberg, .

Zur Frage der Besteuerung der Übertragung eines vor dem ausgestellten Gutscheins über eine elektronische Dienstleistung in einer Leistungskette s. (vgl. Online-Nachricht v. 9.2.2023)

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
PAAAJ-33354