Online-Nachricht - Donnerstag, 09.02.2023

Körperschaftsteuer | Körperschaftsteuerrechtliche Organschaft im Fall der Insolvenz (BFH)

Die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags ist Voraussetzung für die Anerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG). Kann ein vorläufiger Jahresabschluss der Organgesellschaft wegen Insolvenz nicht mehr korrigiert werden und wäre bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze im endgültigen Jahresabschluss ein anderes Ergebnis auszuweisen, kann diese Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags ungeachtet der Insolvenz nicht in (analoger) Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG "geheilt" werden (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Holding-GmbH. Diese hielt sämtliche Geschäftsanteile der X-GmbH.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Insolvenz beider Parteien eines Gewinnabführungsvertrags vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit dazu führt, dass einer ertragsteuerrechtlichen Organschaft rückwirkend die steuerliche Anerkennung zu versagen ist.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Eine rückwirkende Nichtanerkennung der Organschaft komme für die Streitjahre nicht in Betracht ().

Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen der Holding-GmbH als Organträgerin und der X-GmbH als Organgesellschaft zunächst eine wirksame Organschaft i. S. des § 14 KStG begründet wurde. Insbesondere erfüllte der EAV die Bedingung der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG). Hierfür reicht es aus, dass ein EAV auf mindestens fünf Zeitjahre vereinbart wird ().

  • Die Entscheidung des FG, auch die Voraussetzung der tatsächlichen Durchführung des EAV nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG sei erfüllt, ist dagegen rechtsfehlerhaft.

  • Nach den Feststellungen des FG liegt für das Jahr 2008 ein vorläufiger Jahresabschluss der X-GmbH vor, der einen Jahresüberschuss vor Gewinnabführung ausweist. Dieser Jahresüberschuss wurde am über das Aufwandskonto "Abgef Gew aufgr EAV" auf dem Verrechnungskonto X-GmbH/Holding-GmbH verbucht. Der vorläufige Jahresabschluss war der Holding-GmbH bekannt und wurde von den Geschäftsführern der X-GmbH freigegeben. Eine Umbuchung auf das Cash-Clearing-Konto erfolgte nicht. Darüber hinaus fehlte bis zur Entscheidung des FG eine endgültige Feststellung des Jahresabschlusses zum . Ausgehend von diesen Feststellungen hat das FG entschieden, dass der EAV tatsächlich durchgeführt worden sei.

  • Zwar trifft es zu, dass der Anspruch auf Gewinnabführung unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses zum Bilanzstichtag entsteht und bei Unstimmigkeiten zunächst ein vorläufiger Jahresabschluss zu erstellen ist, um die Voraussetzung der tatsächlichen Durchführung des EAV i. S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG (vorläufig) sicherzustellen. Das FG ist allerdings rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen Durchführung des EAV durch den vorläufigen Jahresabschluss auch endgültig erfüllt werden kann. Vielmehr kommt es für die tatsächliche Durchführung des EAV auf das Ergebnis an, das bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze in einem endgültigen Jahresabschluss auszuweisen wäre. Dieser Betrag ist im Streitfall aber unter keinen Umständen tatsächlich an die Holding-GmbH abgeführt worden.

  • Die Annahme des FG, zumindest im Fall der Insolvenz könne für die Durchführung des EAV auf einen vorläufigen Jahresabschluss abgestellt werden, ist rechtsfehlerhaft.

  • Die Nichtdurchführung des EAV für das Jahr 2008 war auch nicht in (analoger) Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG, der vorsieht, dass eine vorzeitige Beendigung des Vertrags durch Kündigung unschädlich ist, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt, unerheblich. Kann ein vorläufiger Jahresabschluss der Organgesellschaft wegen Insolvenz nicht mehr korrigiert werden und wäre bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze im endgültigen Jahresabschluss ein anderes Ergebnis auszuweisen, kann diese Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags ungeachtet der Insolvenz nicht in (analoger) Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG "geheilt" werden.

  • Kommt es während der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren zur Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags, führt dies nicht nur zu einer Unterbrechung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft für einzelne Veranlagungszeiträume, sondern insgesamt zu einer (rückwirkenden) Nichtanerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft.

  • Ungeachtet der Nichtanerkennung der Organschaft kann der Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden. Das FG hat zwar die Höhe der Jahresüberschüsse bzw. Jahresfehlbeträge der X-GmbH festgestellt, die der Holding-GmbH aufgrund der Organschaft in den Streitjahren zugerechnet worden sind. Welche konkreten Folgen die Nichtanerkennung der Organschaft in den Streitjahren hat, lässt sich aber weder aus den tatsächlichen Feststellungen des FG noch aus den Ausführungen der Beteiligten mit der erforderlichen Sicherheit herleiten. Hierzu sind in einem zweiten Rechtsgang weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
NWB UAAAJ-33348