Online-Nachricht - Donnerstag, 02.02.2023

Umsatzsteuer | Umsätze eines Vereins für Verkehrserziehung (BFH)

Bei einem Fahrsicherheitstraining liegen "Kurse belehrender Art" i. S. von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG vor, wenn es sich um eine Schulungsmaßnahme handelt, die zum Erwerb oder zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse konkret geeignet ist (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL i. V. mit Art. 44 Satz 1 Alternative 2 MwStVO) (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Umsatzsteuerfrei sind nach § 4 Nr. 22a UStG die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.

Sachverhalt: Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, führte in den Streitjahren 2013 und 2014 diverse Sicherheitstrainings für PKW und Motorräder durch. Im September 2013 kaufte der Kläger einen Rettungssimulator, den er gegen Entgelt verschiedenen Veranstaltern (z. B. Autohäusern) zur Verfügung stellte. Der Simulator wurde daneben auch (unentgeltlich) in Schulen eingesetzt.

Der Kläger ging davon aus, dass seine hieraus erzielten Umsätze steuerfrei seien und gab daher keine Umsatzsteuererklärungen ab. Das FA war dagegen der Auffassung, dass die Umsätze aus dem Fahrsicherheitstraining zwar steuerpflichtig seien, aber dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterlägen.

Das FG gab der Klage überwiegend statt (). Es sah die Umsätze aus dem Fahrsicherheitstraining als nach § 4 Nr. 22 UStG steuerfrei an, da diese Vorschrift nicht richtlinienkonform auszulegen sei. Die Umsätze aus der Überlassung des Rettungssimulators seien entgegen der Auffassung des FA nicht mit dem Regelsteuersatz, sondern nur ermäßigt zu besteuern.

Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Umsätze aus dem Fahrsicherheitstraining steuerfrei sind. Außerdem hat es bei der Bejahung des ermäßigten Steuersatzes für die Umsätze aus der Vermietung des Rettungssimulators nicht alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen geprüft.

  • § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG ist entsprechend Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen. Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind nicht alle Vorträge, Kurse und Veranstaltungen zur Erlernung von Fähigkeiten oder Fertigkeiten "wissenschaftlicher oder belehrender Art" im Sinne dieser Vorschrift befreit, sondern nur diejenigen, die als Erziehung von Kindern und Jugendlichen, als Schul- oder Hochschulunterricht sowie als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung anzusehen sind.

  • Bei einem Fahrsicherheitstraining liegen "Kurse belehrender Art" i. S. von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG vor, wenn es sich um eine Schulungsmaßnahme handelt, die zum Erwerb oder zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse konkret geeignet ist (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL i. V. mit Art. 44 Satz 1 Alternative 2 MwStVO).

  • Für die Steuerfreiheit als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung kommt es nicht auf die Voraussetzungen des nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerfreien Unterrichts an.

  • Mit seiner Entscheidung, dass die Umsätze aus der Vermietung des Rettungssimulators dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i. V. mit § 65 AO unterliegen, hat das FG zudem rechtsfehlerhaft die Einschränkung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nicht berücksichtigt.

  • Die Sache ist nicht spruchreif. Dies betrifft nicht nur den in einem zweiten Rechtsgang erstmals zu prüfenden § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alternative 1 UStG, sondern ebenso die richtlinienkonforme Auslegung von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG. Zwar kommt eine steuerfreie Unterrichtsleistung nicht in Betracht. Dies steht aber einer Steuerfreiheit entsprechend der Hilfsbegründung des FG als berufliche Fortbildung nicht entgegen. Letzteres bedarf allerdings weiterer Feststellungen, die in einem zweiten Rechtsgang zu treffen sind.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
JAAAJ-32507