Steuerliche Behandlung der Erhaltungsrücklage/ Instandhaltungsrücklage bei Eigentumswohnungen
Bezug: BStBl 2021 II S. 339
1. Zivilrechtliche Grundlagen
Die Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrücklage), zu deren Ansammlung die Wohnungseigentümer gem. §§ 19 Abs. 2 Nr. 4 , 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 des Wohnungseigentümergesetzes (WEG) verpflichtet sind, dient der Instandhaltung und der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Beiträge zur Erhaltungsrücklage sind Teil der Vorschüsse auf das Wohngeld bzw. Hausgeld, die der einzelne Wohnungseigentümer entsprechend dem beschlossenen Wirtschaftsplan an den Verwalter zu leisten hat (§ 28 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 3 WEG). Die Erhaltungsrücklage ist gemeinschaftliches Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der einzelne Wohnungseigentümer ist in Höhe seiner Zahlungen als Eigentümer am Verwaltungsvermögen beteiligt.
2. Einnahmen aus der Anlage der Erhaltungsrücklage
Zinsen, die der Beteiligte aus der verzinslichen Anlage der Erhaltungsrücklage erzielt, gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (R 21.2 Abs. 2 EStR).
3. Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs
Die geleisteten Beiträge zur Erhaltungsrücklage können beim einzelnen Wohnungseigentümer erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Verwalter sie für die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für andere Maßnahmen, die die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bezwecken oder durch sie veranlasst sind, verausgabt hat (H 21.2 “Werbungskosten” EStH).
Daher sind Wohngeld-Zahlungen bei vermieteten Eigentumswohnungen um die Zuführungsbeträge zur Erhaltungsrücklage zu kürzen.
Wird die Erhaltungsrücklage für Maßnahmen verwendet, die zu Herstellungskosten führen, so sind nur die entsprechenden Absetzungen für Abnutzung als Werbungskosten abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG).
4. Behandlung bei der Veräußerung von Eigentumswohnungen
a. Beim Erwerber
Allein aus der zivilrechtlichen Verknüpfung des jeweiligen Anteils an der Erhaltungsrücklage mit dem Wohnungseigentumsrecht kann nicht der Schluss gezogen werden, der Aufwand des Erwerbers für die anteilige Erhaltungsrücklage sei für den Erwerb der Eigentumswohnung getätigt worden. Folglich gehört der bei Erwerb einer Eigentumswohnung im Kaufpreis enthaltene Anteil für das in der Erhaltungsrücklage angesammelte Guthaben nicht zu den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung (H 7.3 "Anschaffungskosten" EStH).
Mit Urteil vom , II R 49/17, BStBl II 2021, 339 hat der BFH entschieden, dass beim rechtsgeschäftlichen Erwerb von Teileigentum der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist. Dieses Urteil ändert allerdings nicht die Behandlung der erworbenen anteiligen Erhaltungsrücklage im ertragsteuerlichen Sinn. Der im Kaufpreis enthaltene Anteil für das in der Erhaltungsrücklage angesammelte Guthaben gehört nach wie vor nicht zu den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung, da mit der Übetragung der Erhaltungsrücklage nur eine vom Grundstückseigentum losgelöste Rechtsposition übertragen wird, die vergleichbar mit einer Geldforderung ist. Der Erwerber wird durch den Kauf der Eigentumswohnung Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Des Weiteren bestätigt der , dass sich durch die Änderung des Wohnungseigentumgesetzes nichts an der ertragsteuerlichen Sicht ändert. Unerheblich ist, wie die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer zur Eigentümergemeinschaft zivilrechtlich einzustufen sind. Maßgebend für die Behandlung der erworbenen anteiligen Erhaltungsrücklage bleibt die wirtschaftliche Betrachtungsweise.
Wird im Kaufvertrag nur ein einheitlicher Kaufpreis ausgewiesen, ist dieser für ertragsteuerliche Zwecke entsprechend aufzuteilen.
Beim Erwerber ist sodann der um die erworbene anteilige Erhaltungsrücklage für die Eigentumswohnung gekürzte Kaufpreis in die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung einzubeziehen.
b. Beim Veräußerer
Beim Veräußerer ist der auf den Erwerber übertragene Anteil an der Erhaltungsrücklage im Zeitpunkt der Veräußerung nicht als Werbungskosten in Abzug zu bringen, da er insoweit seine Rechtsposition entgeltlich auf den Erwerber übertragen hat. Denn der Veräußerer erhält die zugeführten und noch nicht verbrauchten Rücklagenbeträge über den Kaufpreis vom Erwerber zurück.
OFD Frankfurt/M. v. - S 2211 A - 12 - St 214
Fundstelle(n):
RAAAJ-32205