BGH Beschluss v. - VIa ZB 1/21

Instanzenzug: Az: 3 U 360/21vorgehend LG Bad Kreuznach Az: 3 O 102/20

Gründe

I.

1Der Kläger wendet sich gegen die Verwerfung seiner Berufung.

2Er erwarb im November 2016 bei einer Niederlassung der Beklagten einen Gebrauchtwagen BMW 520d Touring mit einem Dieselmotor des Typs N 47, Schadstoffklasse Euro 5. Mit seiner Klage hat er die Beklagte - soweit hier noch relevant: aus Delikt - wegen der angeblichen Verwendung verschiedener unzulässiger Abschalteinrichtungen ursprünglich auf Zahlung in Höhe von 29.794,14 € (Kaufpreis in Höhe von 26.311 € nebst Zinsen und Deliktszinsen in Höhe von 3.483,14 €) Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des erworbenen Fahrzeugs in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt.

3Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Behauptung des Klägers zum Vorhandensein mehrerer unzulässiger Abschalteinrichtungen sei eine unbeachtliche Behauptung ins Blaue hinein, weil sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen dieses Sachverhalts willkürlich aufgestellt worden sei. Hinzu komme, dass im Hinblick auf eine in einem anderen Verfahren erteilte amtliche Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes (künftig: KBA) vom zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch das KBA als Zulassungsbehörde bestanden habe, so dass nicht erkennbar sei, inwieweit dem Kläger ein Schaden entstanden sein könnte.

4Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers, mit der er seine Ansprüche - unter Anrechnung von Nutzungsvorteilen auf den Kaufpreis in Höhe von 6.316,33 € - weiterverfolgt hat, hat das Berufungsgericht nach vorausgegangenem Hinweis als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung den Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrunds nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO nicht genügt.

61. Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüft das Rechtsbeschwerdegericht nur die Zulassungsgründe, die die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt hat (vgl. , NJW-RR 2006, 142; Beschluss vom - V ZB 70/07, juris Rn. 7; Beschluss vom - V ZB 159/09, NJW-RR 2010, 784 Rn. 4 f.; Beschluss vom - XII ZB 641/17, NJW-RR 2019, 1 Rn. 13; Beschluss vom - VI ZB 64/19, NJW-RR 2020, 762 Rn. 4). Beruht die angegriffene Entscheidung auf mehreren selbständig tragenden Begründungen, ist die kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn hinsichtlich aller Begründungen die Voraussetzungen eines Zulassungsgrunds dargelegt werden (vgl. , NJW 2004, 72, 73; Beschluss vom - IX ZB 157/06, juris Rn. 2; Beschluss vom - IX ZB 117/11, juris Rn. 2).

72. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

8a) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, die Berufung sei nicht ordnungsgemäß begründet worden, eine Verwerfung der Berufung hinsichtlich aller in Betracht kommenden deliktischen Anspruchsgrundlagen selbständig tragend damit gerechtfertigt, die Berufungsbegründung setze sich nicht mit der ihrerseits tragenden Erwägung des Landgerichts auseinander, aus der amtlichen Auskunft des KBA vom sei ersichtlich, "dass es an einem Schaden des Klägers fehle".

9b) Mit diesen Ausführungen des Berufungsgerichts setzt sich die Rechtsbeschwerde nicht in einer den Anforderungen von § 575 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO genügenden Weise auseinander.

10Die Beschwerdebegründung führt zwar das von Landgericht und Berufungsgericht in Bezug genommene Schreiben des KBA vom an und weist auf den dagegen gerichteten Angriff in der Berufungsbegründung hin, das KBA versuche, eigene Fehler oder Fehleinschätzungen bei der Zulassung "zu vertuschen". Sie legt aber nicht dar, der Kläger habe dieses Vorbringen in der Berufungsbegründung mit der Folgerung verknüpft, entgegen der Annahme des Landgerichts drohe daher doch "eine Betriebsuntersagung durch die Zulassungsbehörde", so dass den rechtlichen Standpunkt des Landgerichts als richtig unterstellt der Schaden nicht verneint werden könne. Erst recht zeigt die Rechtsbeschwerde Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht auf, das Landgericht habe aus einer im Jahr 2019 erteilten amtlichen Auskunft nicht auf das Fehlen einer aus der ex ante Sicht des Käufers zu bestimmenden Schädigung des Klägers im Jahr 2016 zurückschließen dürfen (vgl. , BGHZ 225, 316 Rn. 54).

11Der Verweis der Rechtsbeschwerde darauf, ein fehlender Rückruf schließe eine Manipulation des Fahrzeugs nicht aus, enthält ebenfalls keinen beachtlichen Angriff gegen die tragende Erwägung des Berufungsgerichts, es fehle an einem validen Angriff gegen die Ausführungen des Landgerichts zum Fehlen eines Schadens des Klägers. Auch an dieser Stelle verhält sich die Rechtsbeschwerde nicht zum Schaden, sondern meint, das "Vorbringen mit konkreten Messwerten zu der streitgegenständlichen Motorreihe und der Benennung der Abschaltfunktionen und entsprechender Zeugen könne nicht als Vortrag ins Blaue hinein abgetan werden". Diese Ausführungen beleuchten die Frage, ob die Berufungsbegründung sich hinreichend mit dem Argument des Landgerichts befasst habe, der Kläger habe keine greifbaren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorgetragen. Zur Frage eines zureichen den Angriffs gegen die Annahme des Landgerichts, der Kläger sei nicht geschädigt, verhalten sie sich nicht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:211122BVIAZB1.21.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-32087