BGH Beschluss v. - I ZR 53/22

Rechtliches Gehör: Verletzung der richterlichen Hinweispflicht bei Annahme der Herstellereigenschaft im Zusammenhang mit wettbewerbsrechtlichem Nachahmungsschutz

Gesetze: § 4 Nr 3 UWG, Art 103 Abs 1 GG, § 139 Abs 2 S 1 ZPO

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 6 U 191/20 Urteilvorgehend LG Frankfurt Az: 2-06 O 364/19 Urteil

Gründe

1I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter unlauterer Produktnachahmung und Zeichenverletzung auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch.

2Die Klägerin - eine polnische Gesellschaft - vertreibt als Großhandelsunternehmen seit mehreren Jahren über ein internationales Franchisesystem sogenannte "Clever-Frame"-Module auch in Deutschland. Es handelt sich dabei um ein aus Modulen zusammengesetztes Rahmensystem für die einfache und schnelle Errichtung von Messeständen. Die einzelnen Module bestehen aus je einem Aluminiumrahmen und einer Abdeckplatte, die magnetisch am Rahmen befestigt wird. Die Aluminiumrahmen lassen sich mithilfe von zweiteiligen Konnektoren ohne Werkzeug zu größeren Einheiten verschrauben. Die Klägerin präsentiert das von ihr vertriebene Modulsystem auf verschiedenen Internetseiten wie etwa unter dem Domainnamen www.cleverframe.de.

3Das Unternehmen D.                , welches zuvor unter Clever Frame international sp. z.o.o. firmierte (im Folgenden: D.     ), ist Inhaberin der am eingetragenen Unions-Bildmarke Nr. 013388384

4Die Marke genießt Schutz für "Baumaterialien und Bauelemente aus Metall" (Klasse 6), "Werbung, Marketing und Verkaufsförderung" (Klasse 35) und "Veranstaltung von Kongressen" (Klasse 41). Ausweislich des Lizenzvertrags vom ist die Klägerin Nutzungsberechtigte an den Markenrechten und dazu ermächtigt, gegenüber der Beklagten markenrechtliche und wettbewerbsrechtliche Ansprüche, die sich auf die Nutzung der Marke und/oder des "CLEVER FRAME"-Produktsystems und - Wettbewerbsauftritts beziehen, im eigenen Namen geltend zu machen.

5Am schloss die D.     mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein "Clever Frame International Franchise Agreement", in das am die Klägerin als Vertragspartnerin eintrat und das zum von der seither als A.  GmbH firmierenden Beklagten wieder gekündigt wurde.

6Die Beklagte bietet nach Kündigung des Franchisevertrags weiterhin modulare Messestände an, die auf dem Konzept der Verschraubung von Aluminiumrahmen mittels zweiteiliger Konnektoren beruhen und bei denen die Abdeckplatten magnetisch befestigt werden. Sie präsentiert ihre Produkte auf der Internetseite www.a.  .de und ist zudem Inhaberin des Domainnamens www.cleverframe-hamburg.de. Die Internetseite nutzt die Beklagte als "Weiterleitungsdomain".

7Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei dem von der Beklagten angebotenen Modulsystem um eine wegen einer unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung unlautere Nachahmung ihrer Produkte handele. Sie sieht in der Verwendung der Bezeichnung "Clever Frame" im Rahmen der Weiterleitungsdomain und auf der Internetseite www.a.  .de zudem eine Verletzung der Klagemarke. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung sowie Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung in Anspruch.

8Das Landgericht hat die Klage mit den ursprünglichen Klageanträgen abgewiesen. Es hat angenommen, Ansprüche gemäß § 4 Nr. 3 UWG unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes scheiterten bereits an der Anspruchsberechtigung der Klägerin. Anspruchsberechtigt sei nur der Hersteller des Originals. Die Klägerin sei jedoch weder Herstellerin noch sei sie die einem Hersteller gleichstehende ausschließliche Vertriebsberechtigte. Die Klägerin könne wettbewerbsrechtliche Ansprüche auch nicht aus abgetretenem Recht der D.     geltend machen. Die Anspruchsberechtigung der D.     sei nicht dargelegt. Dem Vortrag lasse sich nicht konkret entnehmen, dass die D.     Herstellerin im Sinne der Grundsätze des lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutzes sei.

9Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der Klägerin teilweise abgeändert. Soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung, hat es die Beklagte auf der Grundlage abgeänderter Klageanträge unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es

1. gegenüber der D.                zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bunderepublik Deutschland zusammensetzbare modulare Rahmen-Systeme, die insbesondere von Ausstellern auf Messen zur Errichtung ihrer Messestände verwendet werden können, zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben, in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen oder diese Handlungen begehen zu lassen, wenn es sich um Produkte - wie in dem Schriftsatz der Klägerin vom auf den Seiten 3 bis 8 gezeigt - handelt;

2. zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr,

die Kennzeichnung "clever frame" als Handelsname oder Unternehmenskennzeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer Unternehmenskennzeichnung im Internet auf einer Webseite unter der Domain "a.  .de" zu verwenden, wenn dies geschieht, wie folgt abgebildet: [von einer Einblendung wird abgesehen]

sowie

die Domain "cleverframe-hamburg.de" auf die Webseite unter der Domain "a.  .de" umzuleiten oder umleiten zu lassen, soweit der Inhalt auf der Webseite unter der Domain "a.  .de" der Anlage B6 zum Schriftsatz der Beklagten vom entspricht.

10Das Berufungsgericht hat die Beklagte außerdem zur Auskunftserteilung und zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 1.500 € nebst Zinsen verurteilt und die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten. Mit der angestrebten Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

11II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur teilweisen Aufhebung des angegriffenen Urteils, soweit darin hinsichtlich des auf Wettbewerbsrecht gestützten Unterlassungsantrags (zuletzt gestellter Antrag zu 1 a/Tenor zu 1), die darauf bezogenen Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (zuletzt gestellter Antrag zu 3/Tenor zu 3) und Auskunftserteilung (zuletzt gestellter Antrag zu 5/Tenor zu 4) und hinsichtlich des Zahlungsantrags (Antrag zu 7/Tenor zu 6) zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

121. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen und soweit für den Erfolg des Beschwerdeverfahrens relevant wie folgt begründet:

13Die Beklagte habe es gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG zu unterlassen, die angegriffenen Produkte anzubieten und in Verkehr zu bringen (Antrag zu 1 a/Tenor zu 1). Die beantragten Folgeansprüche ergäben sich aus § 9 UWG und § 242 BGB; der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten zu. Bei dem Rahmenbausystem der Beklagten handele sich um Nachahmungen der Produkte der Klägerin, mit denen die Beklagte deren Wertschätzung unangemessen ausgenutzt habe.

14Allerdings stünden der Klägerin keine Ansprüche aus § 4 Nr. 3 UWG aus eigenem Recht zu, weil sie weder Herstellerin noch ausschließliche Alleinvertriebsberechtigte, z.B. Alleinimporteurin, sei. Die Klägerin sei jedoch als gewillkürte Prozessstandschafterin der D.     anspruchsberechtigt. Die D.     sei Herstellerin der nachgeahmten Produkte. Hiervon seien die Parteien jedenfalls im Berufungsverfahren übereinstimmend ausgegangen. Die Klägerin habe in ihrer Berufungsbegründung die D.     ausdrücklich als Herstellerin bezeichnet. Die Beklagte habe dies nicht bestritten. Sie habe in ihrer Berufungserwiderung vielmehr selbst die Gläubigerin des Übertragungsvertrags, also die D.     , als "Herstellerin" bezeichnet. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom angegeben habe, auch "Herr G.     und seine Ehefrau" seien Hersteller, habe der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dies sei so zu verstehen, dass das Ehepaar G.     stets im Hintergrund der verschiedenen Gesellschaften tätig gewesen sei. Herstellerin im Rechtssinne sei immer die D.     gewesen. Soweit die Beklagte diese Klarstellung mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom bestritten habe und sich nunmehr den - wörtlich genommenen - Vortrag im Schriftsatz vom zu eigen habe machen wollen, sei sie damit nach § 296a ZPO ausgeschlossen.

152. Das Berufungsgericht hat mit dieser Beurteilung den Anspruch der Beklagten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

16a) Die Garantie rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Eng damit zusammen hängt das ebenfalls aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Verbot von Überraschungsentscheidungen. Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188, 190 [juris Rn. 7]; , juris Rn. 11 mwN; , juris Rn. 10; Beschluss vom - I ZR 89/19, juris Rn. 8). Den Gerichten obliegt in diesem Zusammenhang die Pflicht, von sich aus den Beteiligten alles für das Verfahren Wesentliche mitzuteilen. Art. 103 Abs. 1 GG normiert zwar keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts. Auch stellt nicht jeder Verstoß gegen die einfach-gesetzlichen Hinweispflichten wie zum Beispiel § 139 ZPO eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG dar. Eine solche Verletzung liegt aber vor, wenn das Gericht einen Sachverhalt oder ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte nach dem vorherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen konnten. Dann verstößt das Zivilgericht elementar gegen seine aus § 139 Abs. 1 ZPO folgende Pflicht, darauf hinzuwirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, Beweismittel bezeichnen und sachdienliche Anträge stellen können (vgl. BVerfG, NJW 2017, 3218 [juris Rn. 49 bis 51] mwN; , juris Rn. 8, mwN). Aus dem Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ergibt sich damit insbesondere, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund dessen eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich erachtet. Außerdem muss ein Gericht auch darüber hinaus auf seine Rechtsauffassung hinweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnen, wenn es auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen will, den es anders beurteilt als die Parteien und mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (, GRUR 2022, 837 [juris Rn. 63] = WRP 2022, 720 - Kinderzahnärztin, mwN).

17b) Nach diesen Maßstäben liegt eine gehörsrechtsverletzende Hinweispflichtverletzung vor. Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter konnte nach dem vorherigen Verfahrensverlauf nicht damit rechnen, dass das Berufungsgericht abweichend von der landgerichtlichen Beurteilung davon ausgehen könnte, die Klägerin habe hinreichenden Vortrag dazu gehalten, dass die D.     im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG Herstellerin des streitgegenständlichen Modulsystems sei.

18aa) Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muss anhand des Parteivortrags beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen, die etwa den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, nicht verlangt werden; es ist dann Sache des Tatgerichts, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (st. Rspr.; vgl. nur , WM 2018, 2175 [juris Rn. 26] mwN; vgl. auch , GRUR 2021, 971 [juris Rn. 32] = WRP 2021, 904 - myboshi; Beschluss vom - I ZR 129/21, juris Rn. 14, jeweils mwN).

19bb) Diesen Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags genügt das Vorbringen der Klägerin zur Herstellereigenschaft der D.     nicht.

20(1) Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz dienen vorrangig dem Schutz individueller Leistungen und daneben dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Sie sollen grundsätzlich nur von demjenigen geltend gemacht werden können, der die zu schützenden Leistungen erbracht hat. Das ist in der Regel der Hersteller der nachgeahmten Ware. Dabei ist Hersteller, wer das Erzeugnis in eigener Verantwortung herstellt oder von einem Dritten herstellen lässt und über das Inverkehrbringen entscheidet. Nicht erforderlich ist, dass der Hersteller zugleich der Schöpfer oder Urheber des Originalprodukts ist (, GRUR 2016, 730 [juris Rn. 21] = WRP 2016, 966 - Herrnhuter Stern, mwN).

21Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass ein substantiierter Parteivortrag zur Herstellereigenschaft der D.     tatsächliche Umstände enthalten muss, die dem Gericht die Feststellung ermöglichen, dass es die D.     ist, die das streitgegenständliche Produktsystem "Clever Frame" in eigener Verantwortung herstellt oder von einem Dritten herstellen lässt, und dass die D.     über das Inverkehrbringen des Produktsystems entscheidet. Kein ausreichender Tatsachenvortrag ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die bloße Behauptung, die D.     sei "Herstellerin". Denn "Hersteller" ist ein Rechtsbegriff des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gemäß § 4 Nr. 4 UWG, dessen Subsumtion die Feststellung von tatsächlichen Umständen zu der Frage erfordert, wer die Verantwortung für den Fertigungsprozess trägt und über das Inverkehrbringen des Produkts entscheidet.

22(2) Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter musste nach den Umständen des Streitfalls davon ausgehen, die Klägerin habe in der ersten Instanz keinen hinreichenden Vortrag dazu gehalten, dass die D.     nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen Herstellerin des streitgegenständlichen Modulsystems im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG sei.

23Das Landgericht hat angenommen, die Klägerin könne sich nicht auf einen von der D.     als Herstellerin abgeleiteten Anspruch auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz berufen, weil die Klägerin zur Anspruchsberechtigung der D.     nichts vorgetragen habe. Dem Vortrag lasse sich nicht konkret entnehmen, dass die D.     Herstellerin im Sinne der Grundsätze zur Anspruchsberechtigung gemäß § 4 Nr. 3 UWG sei. Abweichende Feststellungen zum erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat auch nicht festgestellt, dass es zwischen den Parteien in erster Instanz unstreitig war, dass die D.     das Modulsystem in eigener Verantwortung selbst hergestellt hat oder durch Dritte hat herstellen lassen und dass sie über das Inverkehrbringen des Produkts entscheidet.

24(3) Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter konnte außerdem nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen in der Berufungsinstanz ihren Vortrag zur Herstellereigenschaft der D.     konkretisiert hat, also subsumtionsfähige Umstände vorgetragen hat, die nach der Rechtsprechung des Senats die Herstellereigenschaft der D.     begründen können. Ein solcher Sachvortrag wird vom Berufungsgericht nicht in Bezug genommen. Er wird auch nicht von der Beschwerdeerwiderung im Wege der Gegenrüge benannt.

25(4) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Herstellereigenschaft könne für das Berufungsverfahren "als unstreitig" angesehen werden, findet keine tragfähige Grundlage im zweitinstanzlich gehaltenen Sachvortrag der Parteien.

26Soweit das Berufungsgericht ausführt, die Klägerin habe die D.     in ihrer Berufungsbegründung als "Herstellerin bezeichnet", berücksichtigt es nicht, dass die Klägerin in ihrem Schriftsatz lediglich diesen Rechtsbegriff verwendet hat. Einen vom Landgericht in seinem Urteil mit Recht ausdrücklich für erforderlich angesehenen konkreten Vortrag von tatsächlichen Umständen, die den Begriff des Herstellers ausfüllen und zu denen sich die Beklagte konkret hätte positionieren können, hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht gehalten. Sie hat vielmehr schlicht behauptet, die Ansprüche "der Herstellerin, der D.            , im eigenen Namen geltend zu machen".

27Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann auch nicht deswegen für das Berufungsverfahren "unstreitig" von einer Herstellereigenschaft der D.      ausgegangen werden, weil (auch) die Beklagte die D.     in ihrer Berufungserwiderung als Herstellerin "bezeichnet" hat. Zwar hat die Beklagte dort in der Tat den Begriff "Herstellerin" verwendet, allerdings keineswegs die D.     als Herstellerin "bezeichnet" und schon gar nicht unstreitig gestellt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen, die eine Herstellereigenschaft begründen, von der D.     erfüllt würden. Sie hat vielmehr in dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Schriftsatz als rechtlichen Obersatz formuliert, dass die Klägerin nicht "Ansprüche der Herstellerin, die der Klägerin nicht originär zustehen, ... aus abgetretenem Recht geltend machen" könne.

28Zu berücksichtigen ist überdies, dass die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht nur keinen konkreten Sachvortrag zur Herstellereigenschaft der D.     gehalten hat, sondern - im Gegenteil - in ihrem Schriftsatz vom abweichend vorgetragen hat, die Gesellschafter der D.     (Herr F.  G.     und Ehefrau) seien Hersteller der streitgegenständlichen Produkte. In diesem Vorbringen kommt die Tatsachenbehauptung zum Ausdruck, dass das Ehepaar G.     das Modulsystem herstellen lasse und über sein Inverkehrbringen durch von ihm beherrschte Vertriebsgesellschaften wie die Klägerin entscheide. Nichts anderes lässt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - der vom Klägervertreter in der Berufungsverhandlung vorgenommenen "Klarstellung" entnehmen, mit der dieser ausweislich des Protokolls der Berufungsverhandlung erklärt hat, dass sein Vortrag zur Aktivlegitimation der Klägerin im Schriftsatz vom so zu verstehen sei, dass die D.     immer Herstellerin des streitbefangenen Systems gewesen sei; im Hintergrund sei stets das Ehepaar G.     tätig gewesen; dieselben Personen seien aber auch immer Gesellschafter der D.           sowie der Klägerin gewesen.

29Auch dieser "Klarstellung" hat es an einem subsumtionsfähigen Tatsachenvortrag gefehlt, nach dem die D.     das Modulsystem selbst oder durch einen Dritten hergestellt und über das Inverkehrbringen entschieden hat. Der Klägervertreter hat vielmehr seine - unzutreffende - Rechtsansicht zum Ausdruck gebracht, dass alle vom - über die Fertigung und das Inverkehrbringen entscheidenden - Ehepaar G.     als Alleingesellschafter betriebenen Gesellschaften, also (auch) die D.     als "Hersteller" anzusehen seien.

30Vor dem Hintergrund des vorherigen Verfahrensverlaufs konnte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter jedenfalls auch nach dieser "Klarstellung" ohne einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht damit rechnen, dass das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - davon ausgehen könnte, die Klägerin habe nunmehr einen hinreichend subsumtionsfähigen Vortrag gehalten, wonach die D.     nach den für § 4 Nr. 3 UWG geltenden Maßstäben das streitgegenständliche Modulsystem selbst oder durch Dritte hergestellt und über sein Inverkehrbringen entschieden habe.

31c) Auf diesem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG beruht die angegriffene Entscheidung. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, wenn es den nach einem entsprechenden Hinweis gehaltenen Vortrag der Beklagten berücksichtigt hätte.

32Die Nichtzulassungsbeschwerde hat insoweit ausgeführt, im Falle eines Hinweises hätte die Beklagte zunächst den in der mündlichen Verhandlung gehaltenen neuen Vortrag der Klägerin bestritten und - wie sie es dann später im (vom Berufungsgericht als verspätet zurückgewiesenen) Schriftsatz vom auch getan hat - ferner dargelegt, dass die "Klarstellung" in offenem Widerspruch zu den Ausführungen im Schriftsatz der Klägerin vom stehe und damit nicht in Einklang zu bringen sei. Ferner hätte die Beklagte ausgeführt, die Behauptung der Klägerin, die D.     sei Herstellerin des Rahmensystems, sei nach wie vor gänzlich unsubstantiiert und der Vortrag der Klägerin sei damit unschlüssig. Die Beklagte hätte des Weiteren darauf hingewiesen, dass die "klarstellende" Behauptung der Klägerin zudem unwahr gewesen sei, da die Clever Frame-Produkte jedenfalls früher von dem Unternehmen Ad.  produziert worden seien, und zum Beweis das Zeugnis der Clever Frame-Mitarbeiterin F. angeboten, die mit der Unternehmensstruktur der Clever Frame-Gruppe bestens vertraut gewesen sei. Die Beklagte hätte weiterhin dargelegt, dass hinter dem das Clever Frame-System herstellenden Unternehmen Ad.  das Ehepaar G.     stehe und die D.     ebenso wie die Klägerin ihm stets lediglich als Vertriebskanal gedient hätten, was bis heute so geblieben sei.

33Mit Blick auf dieses Vorbringen hätte das Berufungsgericht nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, die D.     sei im Sinne der Rechtsprechung des Senats zum wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz Herstellerin des streitgegenständlichen Modulsystems gewesen.

34III. Die weitergehende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision betrifft markenrechtlich begründete Ansprüche und daher einen anderen Streitgegenstand (vgl. , GRUR 2018, 203 [juris Rn. 17] = WRP 2018, 190 - Betriebspsychologe). Sie ist zurückzuweisen, weil insoweit die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

35IV. Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, die nur insoweit anfallen, als die Beschwerde zurückgewiesen worden ist (Nr. 1242 KV GKG, vgl. , juris Rn. 24), beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:271022BIZR53.22.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-31994