Online-Nachricht - Donnerstag, 19.01.2023

Einkommensteuer | Tarifvertragliche Zuschüsse einer Rundfunkanstalt (BFH)

Tarifvertragliche Zuschüsse einer Rundfunkanstalt an eine selbständige Journalistin anlässlich ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft sind nicht gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG steuerfrei (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG sind insbesondere das Mutterschaftsgeld nach dem MuSchG und der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem MuSchG steuerfrei.

Sachverhalt: Die Klägerin ist Journalistin und bei den Rundfunkanstalten E und X beschäftigt. Sie erzielte im Streitjahr 2014 als arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiterin der E und der X Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG.

Aufgrund ihrer Schwangerschaft und der Geburt ihrer zweiten Tochter im März 2014 erhielt die Klägerin im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeiten von den beiden Rundfunkanstalten Beträge von rund 15.900 €. Grundlage der Zahlungen waren für E und X geltende Tarifverträge, die im Fall des Nachweises einer Schwangerschaft jeweils Ansprüche auf Zuschusszahlungen für die Dauer von sechs Wochen vor der Geburt und acht (bei Frühgeburten oder Mehrlingsgeburten zwölf) Wochen nach der Geburt vorsahen.

Das FA erfasste die Zuschüsse als steuerpflichtige Einnahmen aus selbständiger Arbeit. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (erste Instanz: ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die auf tarifvertraglicher Grundlage im Streitjahr von den Auftraggebern E und X an die Klägerin bezahlten schwangerschafts- bzw. mutterschaftsbedingten Zuschüsse sind steuerbare Einnahmen der Klägerin aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Journalistin (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

  • Der Umstand, dass mit den Zuschusszahlungen keine von der Klägerin erbrachten journalistischen Leistungen vergütet wurden, steht dem Vorliegen steuerbarer Einnahmen i.S. des § 18 EStG nicht entgegen.

  • Denn nur aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeiten für die beiden Rundfunkanstalten fanden der E-Tarifvertrag und der X-Tarifvertrag auf die Klägerin Anwendung. Die Veranlassung der Zuschusszahlungen durch ihre selbständigen journalistischen Tätigkeiten als freie Mitarbeiterin der Rundfunkanstalten (d.h. nicht durch eine abhängige Beschäftigung bei diesen) ist gegeben, so dass der erforderliche Bezug zu dem freiberuflichen Betrieb der Klägerin (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) vorliegt.

  • Die freiberuflichen Betriebseinnahmen in Höhe von rund 15.900 € sind auch steuerpflichtig. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG sind nicht erfüllt.

  • Die Zuschüsse wurden vorliegend nicht auf der Grundlage des MuSchG an die Klägerin als Arbeitnehmerin der jeweiligen Rundfunkanstalt und auch nicht nach anderen in § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG ausdrücklich genannten Vorschriften gewährt, sondern nach den für freie Mitarbeiterinnen geltenden Tarifverträgen der E und der X.

  • Tarifvertragliche, dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem MuSchG nachgebildete Zuschusszahlungen sind nicht nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG steuerbefreit.

  • Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG sind bei tarifvertraglichen Zuschüssen nicht erfüllt, da nach dem Wortlaut des Gesetzes ausschließlich Zuschüsse auf der Grundlage des MuSchG erfasst werden. Während Arbeitnehmerinnen Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld, die der Arbeitgeber an sie entrichtet, nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG steuerfrei erhalten, sieht das Gesetz eine Steuerbefreiung für Zuschüsse an selbständige Frauen nicht vor.

  • Die Steuerfreiheit kann nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes selbständigen Müttern de lege lata auch dann nicht gewährt werden, wenn ihre Tätigkeit - wie bei der Klägerin - "arbeitnehmerähnlich" ausgestaltet ist.

  • Eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG auf tarifvertragliche Zuschüsse kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der Vorschrift geschlossen werden müsste.

  • Die Vorschrift des § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG verletzt darüber hinaus nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes: Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit durfte der Gesetzgeber bei der Abgrenzung der Steuerbefreiung für Leistungen während der Mutterschutzfristen zwischen Einkünfte gemäß § 18 EStG erzielenden selbständigen Frauen und Einkünfte gemäß § 19 EStG erzielenden nichtselbständigen Frauen differenzieren.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB VAAAJ-31411