BVerwG Beschluss v. - 10 AV 2/22

Bestimmung des zuständigen Gerichts, hier: Sitz der Bundesministerien nach dem Berlin/Bonn-Gesetz

Gesetze: § 53 Abs 1 Nr 3 VwGO, § 53 Abs 3 VwGO, § 52 Nr 2 S 1 VwGO, § 52 Nr 2 S 2 VwGO

Gründe

1Der Antrag des Klägers, gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO das zuständige Gericht zu bestimmen, hat keinen Erfolg.

2Das Bundesverwaltungsgericht ist für den Antrag zuständig, weil die vom Kläger als möglicherweise zuständig betrachteten Verwaltungsgerichte Köln und Berlin in verschiedenen Ländern ansässig sind und das Bundesverwaltungsgericht damit das gemeinsame nächsthöhere Gericht ist (vgl. 1 AV 2.19 - Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 42 Rn. 2 m. w. N.).

3Die Voraussetzungen des § 53 VwGO sind im Übrigen nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift in der hier allein in Betracht kommenden Variante des § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO wird das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn der Gerichtsstand sich nach § 52 VwGO richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen.

4Verschiedene Gerichte kommen nicht schon dann in Betracht, wenn die Bestimmung des Gerichtsstands nach § 52 VwGO schwierig oder unklar ist, sondern nur, wenn bei Anwendung des § 52 VwGO mehrere Verwaltungsgerichte zuständig sind, sich also mehrere Gerichtsstände für dieselbe Sache ergeben. Das ist dann nicht der Fall, wenn der Gerichtsstand durch Auslegung des Gesetzes bestimmt werden kann (BVerwG, Beschlüsse vom - 6 ER 400.79 - BVerwGE 58, 225 <228> und vom - 2 ER 401.81 - Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 22; 13 42131/93 - NVwZ-RR 1994, 476 <477>; Unruh, in: Fehling/Kastner/Störmer, VwGO, 5. Aufl. 2021, § 53 Rn. 8).

5Hier ist allein das Verwaltungsgericht Köln gemäß § 52 Nr. 2 Satz 1 und 2 VwGO zuständig. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Zuständigkeit bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen eine Bundesbehörde betreffend nach deren Sitz. Hat eine Behörde mehrere Sitze, ist der Dienstsitz des Behördenleiters maßgeblich, sofern dieser durch Rechtsvorschrift bestimmt worden ist ( 8 AV 1.12 - Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 40 Rn. 2). Die insoweit maßgeblichen Vorschriften bestimmen die Bundesstadt Bonn als Dienstsitz der Bundesministerin der Verteidigung.

6Das Berlin/Bonn-Gesetz vom (BGBl. I S. 918) regelt in seinem § 1 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. e), dass u. a. in dem Politikbereich Verteidigung der Erhalt und die Förderung politischer Funktionen in der Bundesstadt Bonn zu erfolgen haben. § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes schreibt vor, dass der Bundeskanzler bestimmt, welche Ministerien ihren Sitz in der Bundeshauptstadt Berlin nehmen und welche ihren Sitz in der Bundesstadt Bonn behalten. Gemäß Absatz 2 dieser Vorschrift sollen die in der Bundesstadt Bonn verbleibenden Bundesministerien auch einen Dienstsitz in der Bundeshauptstadt Berlin erhalten. Die Aufteilung der Bundesministerien hat der Bundeskanzler mit Nummer 3 der Bekanntmachung über die Sitzentscheidung der Bundesregierung vom (BGBl. I S. 1725) umgesetzt und sich insoweit auf die schon zuvor erfolgte Aufteilung der Bundesministerien durch die Bundesregierung bezogen. In den entsprechenden, in Bezug genommenen Dokumenten heißt es, dass der Bundesminister der Verteidigung mit 100 % der Stellen in Bonn verbleibt (BT-Drs. 12/1832 S. 33 f.). Dem entspricht die Bestimmung derjenigen Bundesministerien, die ihren Dienstsitz in Berlin nehmen sollen, zu denen das Bundesministerium der Verteidigung gerade nicht gehört (vgl. BT-Drs. 12/2850 S. 35). Dort ist auch bestimmt, dass für diejenigen Bundesministerien, die ihren Dienstsitz in der Bundesstadt Bonn behalten, eine Stabstelle für die zeitweise Präsenz der Leitung in Berlin zu schaffen ist. Dies unterstreicht, dass der (Haupt-)Amtssitz der Ressortleiter der in der Bundesstadt Bonn verbliebenen Bundesministerien Bonn ist. Entsprechend hat der Bundeskanzler in der Bekanntmachung vom bestimmt, dass die Sitzfestlegung bestimmend sei, soweit Rechts- und Verwaltungsvorschriften, und somit auch § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO, an den Sitz einer Behörde anknüpfen.

7Hat demnach das Bundesministerium der Verteidigung seinen Sitz in der Bundesstadt Bonn, ist gemäß § 17 Nr. 5 JustG NRW das Verwaltungsgericht Köln zuständig.

8Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; die übrigen Kosten des Verfahrens sind Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens ( 20 F 9.22 - NVwZ-RR 2022, 933).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:281122B10AV2.22.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-30763