Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Verbindlichkeitsrückstellung aus Kundenkartenprogrammen
Neue Rechtsprechung des BFH
Die steuerbilanzielle Bildung von Rückstellungen für Kundenbindungsprogramme und Rabattierungsaktionen wird seit Längerem in der Fachwelt streitig diskutiert. Deshalb hat das Revisionsverfahren IV R 20/19 zu der Instanzenentscheidung des zu einem personifizierten Bonusprogramm in einschlägigen Kreisen hohe Aufmerksamkeit erlangt. Nun hat der IV. Senat des BFH im Streitfall mit systematisch klarer Analyse und in Übereinstimmung mit der finanzgerichtlichen Vorinstanz eine Rückstellungsbildung für ein wareneinkaufsgebundenes Kundenkartenprogramm zugelassen. Dies dürfte wegen des steuerbilanziellen Maßgeblichkeitsgrundsatzes auf die handelsbilanzielle Behandlung ausstrahlen. Damit ist ein weiterer „Mosaikstein“ im facettenreichen Rückstellungspuzzle für verkaufsfördernde Rabattierungsaktionen gefunden. Der Beitrag arbeitet die BFH-Lösung im „Bonuspunktefall“ und die daraus zu ziehenden steuerbilanziellen Folgerungen auf.
Der IV. Senat des BFH trägt mit seinem Urteil vom zur Rechtsklarheit bei der notwendigen Rückstellungsbildung für Verpflichtungen aus einem Kundenkartenprogramm bei.
Bei der konkreten rechtlichen Konzeption und Ausgestaltung von Bonuspunkten- und Gutscheinsystemen werden betroffene Unternehmen die Leitlinien der Kundenkartenprogrammentscheidung des BFH im Hinblick auf bilanzielle Vorsorgemaßnahmen im Rückstellungsbereich beachten müssen.
Vor allem für die Dokumentation der Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit des Programms durch die Kunden sollten spezifizierte Unterlagen vorbereitet und der Betriebsprüfung zugänglich gemacht werden.
I. Zu Beginn: Steuerbilanzielle Diskussion um Ausgabe von Gutscheinen mit Rückstellungsrelevanz
[i]Bongaerts/Zimmermann, Rückstellungen, in: Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4. Aufl. 2021, Rz. 5520, NWB BAAAH-92840 Rabattierungsaktionen der verschiedensten Art mit der Ausgabe von Gutscheinen und Bonuspunkten haben bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen als verkaufsförderndes Marketinginstrument große Bedeutung. Sie dienen seit Langem und in sehr variantenreicher Ausgestaltung und Bezeichnung der Kundenbindung und treten in jüngerer Zeit nicht nur als „Gutscheine in Papierform“ auf, sondern sind in der Praxis vermehrt auch als „digitale Gutscheinvarianten“ – teils als sog. Utility-Token – vorzufinden. Grob betrachtet und typisierend sind zwei „Gutscheingruppen“ zu unterscheiden:
Wertgutscheine (= bezahlte Gutscheine): In der „Hoch-Zeit“ der Corona-Pandemie hatten Gutscheine vor allem bei Gastronomen und Eventveranstaltern als „Überbrückungshilfen“ bei von Kunden bereits geleisteten Zahlungen für ausgefallene Veranstaltungen weite Verbreitung. Der erfolgsneutrale Ausweis als „erhaltene Anzahlung“ dürfte insoweit klar sein. Entsprechendes gilt für gekaufte „Geschenkgutscheine“, die beim Unternehmen eine Rechtsverpflichtung begründen, dem potenziellen Kunden in einem bestimmten betragsmäßigen Rahmen Güter oder Leistungen zukommen zu lassen, die ganz oder in Teilen von einem Dritten bereits bezahlt wurden. Solche „bezahlten Gutscheine“ werden vom Kunden eingelöst und berechtigen ihn zu einem bestimmten Erwerbsgeschäft. Der Gutschein ist ein „Ersatzzahlungsmittel“. Der S. 8Gutscheinerwerb ist erfolgsneutral zu verbuchen und mindert die Zahlungsverpflichtung des Kunden im „Umsatzjahr“ mit erlösreduzierender Wirkung.