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(Um-)Strukturierungen von Unternehmensgruppen
Erbschaft- und schenkungsteuerliche Auswirkungen auf geplante Unternehmensnachfolgen
Im Rahmen von Unternehmensnachfolgen spielt die gewählte Struktur des unternehmerischen Vermögens für die Erbschaft- und Schenkungsteuerbelastung eine entscheidende Rolle. (Um-)Strukturierungen von unternehmerischen Einheiten im Vorfeld von Unternehmensnachfolgen können gravierende Folgen haben und bedürfen daher nicht nur im Hinblick auf ihre ertragsteuerlichen Implikationen einer eingehenden Analyse, sondern auch im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf eine möglicherweise eintretende Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerbelastung.
Teil 2 des Beitrags „(Um-)Strukturierungen von Unternehmensgruppen“ von Fischnaler/Bings finden Sie hier: NWB UAAAJ-34012
Bei anstehenden Unternehmensnachfolgen sollten frühzeitig (noch vor Beginn der Zweijahresfrist) das unternehmerische Vermögen sowie die Auswirkungen gesellschaftsrechtlicher Veränderungen und betrieblicher Maßnahmen aus erbschaft- und schenkungsteuerlicher Sicht analysiert werden.
Durch bestimmte Maßnahmen im Vorfeld einer Unternehmensnachfolge, wie z. B. die Schaffung von steueroptimierten Verbünden, die Vermeidung von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln oder die Verfassung eines vorgefertigten Investitionsplans können erbschaft- und schenkungsteuerliche Risiken minimiert und die Steuerbelastung gesenkt werden.
Die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Risiken und Chancen sollten laufend bekannt sein, in der betrieblichen Entscheidungsfindung berücksichtigt werden und durch die Steuerabteilungen überwacht werden. Sowohl die Familienunternehmer als auch die Steuerabteilungen sollten aufgrund der zumeist hohen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Belastungen sensibilisiert sein.
I. Einleitung
Das aktuelle Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sieht zwar nach wie vor eine Begünstigung i. S. einer weitgehenden Befreiung für unternehmerisches Vermögen vor (§§ 13a, 13b, 13c und 28a ErbStG). Seit der Erbschaftsteuerreform 2016 hat sich jedoch die Ermittlungssystematik grundlegend geändert. Eine wesentliche Änderung hat sich dadurch ergeben, dass im Hinblick auf die Ermittlung des Verwaltungsvermögens eine „Verbundbetrachtung“ eingeführt wurde, nach der das Verwaltungsvermögen in mehrstufigen Unternehmensgruppen nun für den gesamten erbschaftsteuerlichen Verbund konsolidiert zu ermitteln ist (§ 13b Abs. 9 ErbStG).
Aufgrund des umfangreichen Informationsbedarfs sowie der zahlreichen Schritte zur Ermittlung des Verwaltungsvermögens bzw. des begünstigten Vermögens gestalten sich die konkreten Ermittlungen in der Praxis komplex. Umso wichtiger ist es, durch eine frühzeitige Planung, sorgfältige Strukturierung des Vermögens sowie rechtzeitige Analyse von geplanten Umstrukturierungen mögliche Erbschaftsteuerrisiken bereits im Vorfeld zu vermeiden oder ggf. sogar erbschaftsteuerliche Vorteile zu generieren.
Ein weiterer in der Praxis wichtiger Punkt ist die Einhaltung der Begünstigungsvoraussetzungen im Überwachungszeitraum nach einem Nachfolgestichtag. Dieser Frage wird sich ein zweiter Beitrag in NWB-EV 3/2022 widmen.
II. Umstrukturierungen vor dem Stichtag
1. Gestaltung der erbschaftsteuerlich relevanten Einheit
Im Hinblick auf die Erbschaftsteuerbelastung ist einerseits entscheidend, wie viele und welche Einheiten grundsätzlich begünstigungsfähigen Vermögens vorliegen. Auf der anderen Seite kommt es darauf an, wie sich das Vermögen in diesen begünstigungsfähigen Einheiten zusammensetzt, da eine erbschaftsteuerliche Begünstigung nur für das begünstigte Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG gewährt wird.
Die Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Begünstigung für unternehmerisches Vermögen erfolgt in zwei Stufen:
Zunächst ist auf der ersten Stufe zu bestimmen, welche Einheiten begünstigungsfähigen Vermögens vorliegen.
Auf der zweiten Stufe ist dann zu ermitteln, welcher Teil des begünstigungsfähigen Vermögens tatsächlich S. 7begünstigtes Vermögen im erbschaftsteuerlichen Sinne darstellt.
Dabei kommt es insbesondere darauf an, in welchem Umfang nicht begünstigtes Vermögen i. S. des § 13b Abs. 4 ErbStG (sogenanntes Verwaltungsvermögen) vorliegt und seit wann dieses Verwaltungsvermögen dem Betrieb zuzurechnen ist.
a) Schaffung begünstigungsfähigen Vermögens
Zum grundsätzlich begünstigungsfähigen Vermögen gehören insbesondere nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG inländisches bzw. in der EU/im EWR-Raum belegene(s)
Betriebsvermögen,
Beteiligungen an mitunternehmerischen Personengesellschaften und
Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 %.
Liegt zunächst kein begünstigungsfähiges Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 ErbStG vor, kann dieses ggf. vor dem Übertragungsstichtag durch entsprechende Strukturierung geschaffen werden. Beispielhaft seien hier folgende Konstellationen genannt:
Wird bei einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nicht erfüllt, kommt der Abschluss eines Poolvertrags (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG) mit Mitgesellschaftern in Betracht, so dass zur Berechnung der Mindestbeteiligungsquote, die „gepoolten“ Anteile zusammenzurechnen sind.
Für die Begünstigungsfähigkeit von Personengesellschaftsbeteiligungen ist keine Mindestbeteiligungshöhe erforderlich. Daher könnte eine nicht begünstigungsfähige Minderheitsbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch einen Formwechsel in eine Personengesellschaft begünstigungsfähig werden.
Eine in einem Drittstaat unterhaltene Betriebsstätte ist nicht begünstigungsfähig, wenn sie z. B. zum Vermögen einer inländischen Personengesellschaft gehört. Wird sie hingegen im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft gehalten, gehört sie zum begünstigungsfähigen Vermögen, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland oder in einem EU-/EWR-Land hat.
Die Option einer Personengesellschaft zur Körperschaftsteuer (§ 1a KStG) soll sich grundsätzlich nicht auf die Erbschaftsteuer auswirken. Auch wenn die Beteiligung an einer optierten Personengesellschaft ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung besteuert wird, wird sie nach h. M. aus erbschaftsteuerlicher Sicht weiterhin als Personengesellschaftsbeteiligung behandelt.
b) Zusammenfassung von Einheiten zu einem Verbund
Liegen mehrere Einheiten begünstigungsfähigen Vermögens vor, sind die erbschaftsteuerlich relevanten Größen zunächst für jede wirtschaftliche Einheit gesondert zu ermitteln. Je nach Umfang der Einheiten und Zusammensetzung des Vermögens in den Einheiten kann die Zusammenführung zu einem Verbund zu günstigeren Ergebnissen führen als eine Stand-Alone-Betrachtung.
aa) 90 %-Test
So verbessert sich ggf. durch das Zusammenführen von mehreren Einheiten in einem Verbund die für den 90 %-Test des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG maßgebliche Verwaltungsvermögensquote.
Bestehen zwischen den einzelnen Einheiten Forderungen und Verbindlichkeiten, die im Gegensatz zur Stand-Alone-Betrachtung innerhalb eines Verbundes nach § 13b Abs. 9 Satz 4 ErbStG nicht anzusetzen sind, reduziert sich durch die Verbundbetrachtung das relevante Verwaltungsvermögen und damit die Zählergröße für den 90 %-Test.
Außerdem kann sich der für den 90 %-Test maßgebliche Nenner bei Zusammenfassung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten in einem Verbund erhöhen, da hier der gemeine Wert des gesamten Verbundes maßgeblich ist.