Einziehung von Taterträgen bei Betäubungsmitteldelikten; Sicherheitseinziehung von Gegenständen
Gesetze: § 73 StGB, § 73a Abs 1 StGB, § 74 Abs 1 StGB, § 74 Abs 2 StGB, § 74b Abs 1 StGB
Instanzenzug: Az: 37 KLs 16/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen und in zwei tateinheitlich zusammentreffenden weiteren Fällen sowie wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2Die auf die Revisionsrechtfertigung gebotene Nachprüfung des Urteils hat in Bezug auf den Schuld- und Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen kann der Ausspruch über die Einziehung nicht in vollem Umfang bestehen bleiben.
31. Das Landgericht hat die (primäre) Einziehung von insgesamt 15.612 Euro angeordnet und dies auf „§ 73 Abs. 1 StGB sowie § 73a Abs. 1 StGB“ gestützt. Es handele sich um Einkünfte aus Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, teils aus den festgestellten Taten, teils aus anderen rechtswidrigen Taten, wobei das Landgericht nicht festgestellt hat, in welcher Höhe das eine oder das andere der Fall war. Diese Einziehungsentscheidung ist rechtsfehlerhaft.
4a) Ob und inwieweit eine Einziehung von Taterträgen nach § 73 StGB oder eine erweiterte Einziehung von Taterträgen nach § 73a StGB angeordnet ist, kann nicht offenbleiben. § 73a StGB ist im Verhältnis zur Einziehung von Taterträgen gemäß § 73 StGB subsidiär (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 414/21, wistra 2022, 256; vom - 4 StR 345/19 [insoweit in NStZ 2020, 556 nicht abgedruckt], jew. mwN). Vermag das Gericht nach Ausschöpfung aller prozessualen Mittel nicht sicher festzustellen, ob ein Tatertrag aus einer angeklagten oder aus einer - ihrerseits indes nicht konkretisierbaren (vgl. , wistra 2022, 256 mwN) - anderen Straftat stammt, wobei aber feststeht, dass das eine oder das andere der Fall ist, so ist die erweiterte Einziehung anzuordnen (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 122/22; vom - 3 StR 158/21 mwN; LK-StGB/Lohse, 13. Aufl., § 73a Rn. 16; Heuchemer, in BeckOK-StGB, 54. Ed., § 73a Rn. 8.2; aA wohl SSW-StGB/Heine, 5. Aufl., § 73a Rn. 4). Der Senat kann den Einziehungsausspruch gleichwohl nicht entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst berichtigen. Nach den sehr knappen Urteilsgründen zu der Einziehung der Geldbeträge kann weder ausgeschlossen werden, dass weitere prozessual zulässige Beweismittel eine sichere Zuordnung eines bestimmten Teils des Geldes zu den verfahrensgegenständlichen Taten ermöglichen noch dass weitere Feststellungen zur Konkretisierung der anderen Straftaten getroffen werden könnten.
5b) Im Übrigen ist es rechtlich bedenklich, dass das Landgericht die gegenständliche Einziehung des sichergestellten Geldes angeordnet hat, obwohl ausweislich des Tenors und der Gründe des angefochtenen Urteils dasselbe bei der „Buchungsstelle Verwahrungen der Zentralen Zahlstelle Justiz“ eingezahlt wurde. Sollte hierunter - was naheliegt - eine Einzahlung auf ein Konto der Justizkasse (und nicht nur eine Asservierung des weiterhin gegenständlich abgesonderten Bargeldes) zu verstehen sein, so wäre das Geld infolge der (faktischen) Vermengung mit weiteren in der Kasse vorhandenen Banknoten oder Geldstücken nicht mehr individualisierbar vorhanden. In dieser Konstellation käme die Einziehung eines dem Wert des sichergestellten Bargeldes entsprechenden Betrages nach § 73c StGB in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 61/22; vom - 3 StR 148/21, NStZ 2022, 405).
62. Auch die Einziehung der unter Ziffer VI.3. der Urteilsgründe bezeichneten Gegenstände kann nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat diese Einziehungsentscheidung auf § 74b Abs. 1 StGB gestützt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Eine auf § 74b Abs. 1 StGB gestützte Sicherungseinziehung setzt voraus, dass der betreffende Gegenstand Tatmittel (§ 74 Abs. 1 StGB) oder Tatobjekt (§ 74 Abs. 2 StGB) einer der abgeurteilten Taten war. Gefährliche Gegenstände (Dritter), die im Zuge der Ermittlungen entdeckt werden, aber keinen Bezug zur Anlasstat haben, unterliegen nicht der Sicherungseinziehung nach § 74b Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 122/22, juris Rn. 28; vom - 4 StR 366/20, NStZ 2021, 608 Rn. 16 f., jew. mwN). Zu einem solchen Bezug zu den hier abgeurteilten Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen, sondern zur Begründung der Einziehung lediglich ausgeführt, es bestehe die Gefahr, dass diese Gegenstände der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, nachdem Anhaltspunkte bestünden, dass sie - teilweise - bereits durch den Angeklagten zur Herstellung von Amphetamin eingesetzt worden seien.
73. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:310822B4STR108.22.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-29005