Suchen Barrierefrei
Online-Nachricht - Donnerstag, 08.12.2022

Einkommensteuer | Gewinnverteilungsabrede im Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG (BFH)

Eine nach Ablauf des Abzugsjahres getroffene Gewinnverteilungsabrede, die für den Fall der Nichtinvestition eine vom bisher geltenden Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zuordnung des Gewinns aus der Rückgängigmachung des IAB trifft, ist steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist die Auflösung eines Investitionsabzugsbetrages (IAB) und die Verteilung des Gewinns auf die Klägerin, eine ehemalige Gesellschafterin einer GbR: Die Klägerin und ihre Tochter hatten im Jahr 2003 ein Kosmetikinstitut (GbR) gegründet (Gewinnbeteiligung 90 % zu 10 %). Im Streitjahr 2010 bildeten sie im Hinblick auf eine bis spätestens 2013 geplante Vergrößerung des Geschäfts (Umzug in einen Neubau) einen IAB nach § 7g Abs. 1 EStG i. H. von 38.500 € (mit Zurechnung auf die beiden Gesellschafterinnen entsprechend ihren Gewinnanteilen). Das FA berücksichtigte den Abzug mit Bescheid vom erklärungsgemäß.

Zum wurde die GbR aufgelöst und von der Tochter als Einzelunternehmen (unentgeltliche Anwachsung des Anteils der Klägerin; entgegen § 15 des Gesellschaftsvertrages: Abfindung an den Ausscheidenden) weitergeführt. Im Jahr 2013 erfolgte der Umzug in den fertig gestellten Neubau. Das FA löste Mitte 2017 den Investitionsabzug für das Streitjahr 2010 auf, weil das Einzelunternehmen bis 2013 keine Investition getätigt habe. Die Gewinnerhöhung von 38.500 € wurde entsprechend der ehemaligen Gewinnverteilung zugerechnet, sodass auf die Klägerin ein Betrag von 34.650 € (90 %) entfiel.

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin ihr Ziel weiter, die Folgen aus der Auflösung des IAB alleine ihrer Tochter zuzuweisen.

Das FG änderte den angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid nur insoweit, als es berücksichtigte, dass die Tochter im Jahr 2013 Investitionen i. H. von 2.895 € vorgenommen habe und der in 2010 gebildete IAB deshalb i. H. von 1.158 € (40 % von 2.895 €) nicht aufzulösen sei. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab (; siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 4.6.2019).

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:

  • Der IAB ist im Streitjahr wegen bis zum Ende der Investitionsfrist unterbliebener Hinzurechnung rückgängig zu machen.

  • Übernimmt der nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters verbleibende Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft unentgeltlich den Betrieb der Mitunternehmerschaft, so kann er den von der Mitunternehmerschaft abgezogenen IAB fortführen.

  • Soweit der den Betrieb der Mitunternehmerschaft als Einzelunternehmer fortführende Gesellschafter im Investitionszeitraum keine Investition vornimmt, ist der IAB im Abzugsjahr bei der Mitunternehmerschaft rückgängig zu machen.

  • Der von der GbR in ihrem Gesamthandsvermögen im Streitjahr 2010 gebildete IAB konnte von der Tochter deshalb innerhalb des Betriebs ihres Einzelunternehmens als Rechtsnachfolgerin fortgeführt werden. Für sie bestand dann allerdings auch die Obliegenheit, die Hinzurechnungen für durchgeführte Investitionen bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Dies ist im Streitfall bis nur in dem Umfang erfolgt, in dem das FG der Klage stattgegeben hat. Der IAB war daher im Übrigen nach § 7g Abs. 3, Abs. 7 EStG bei der GbR rückgängig zu machen.

  • Das FG hat zutreffend entschieden, dass auch der Gewinn aus der Auflösung des IAB nach der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Abrede zu verteilen war. Rückwirkende Änderungen von Gewinnverteilungsabreden sind für die Besteuerung grundsätzlich unbeachtlich.

Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH:

In der Frage, inwieweit die rückwirkende Abänderung von Gewinnverteilungsabreden für die Besteuerung beachtlich ist, lässt die jüngere Rechtsprechung des BFH eine gewisse Uneinigkeit erkennen. Grundsätzlich wurde die Frage vom BFH bislang verneint, denn der Gewinn werde im Wesentlichen durch die schon während des laufenden Wirtschaftsjahres erfolgenden Geschäftsvorfälle bestimmt, die steuerrechtlich nicht mehr rückwirkend beeinflusst - d.h. rückwirkend herbeigeführt oder ungeschehen gemacht oder in ihrem Inhalt verändert - werden können (vgl. , BFH/NV 1986 S. 524, unter 2., m.w.N). Es wurde deshalb - auch noch vor Entstehung der Steuer am Ende des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG) - nicht als zulässig erachtet, bei unveränderter personeller Besetzung einer Personengesellschaft durch Veränderung der Gewinnverteilungsabrede während des Wirtschaftsjahrs den bis dahin entstandenen Gewinn oder Verlust von einem auf einen anderen Gesellschafter zu übertragen. Die spätere Vereinbarung über die Gewinnverteilung ist danach einkommensteuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie sich auf künftige Gewinne bezieht, nicht außerbetrieblich veranlasst und nicht rechtsmissbräuchlich ist. Allerdings hat der IX. Senat des BFH in seinem Urteil vom - IX R 35/17 (Rz. 17 f.) für die Zulässigkeit der Gewinnverteilung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf den Zeitpunkt der Entstehung der Einkommensteuer als zeitliche Grenze für eine zulässige steuerrechtliche Rückwirkung abgestellt.

Der IV. Senat des BFH konnte im Besprechungsfall offenlassen, ob er dem folgen könnte. Denn im zu entscheidenden Fall war - sofern hier überhaupt von einer geänderten vertraglichen Gewinnverteilungsabrede auszugehen wäre - deren Änderung erst nach dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Steuer für das Streitjahr bereits entstanden war. Unter den Umständen des Streitfalles kam der BFH daher - in Übereinstimmung mit den schon bislang geltenden Rechtsgrundsätzen - zu dem Schluss, dass eine nach Ablauf des Abzugsjahrs getroffene Gewinnverteilungsabrede, die für den Fall der Nichtinvestition eine vom bisher geltenden Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zuordnung des Gewinns aus der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG trifft, steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
MAAAJ-28651