Erinnerung gegen den Kostenansatz; Streitwert einer Nichtzulassungsbeschwerde, wenn die Wiederaufnahme eines Verfahrens erstrebt wird; Einwendungen gegen die formlose Bekanntgabe des Beschlusses über die Verwerfung einer Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig
Leitsatz
1. NV: Der Streitwert eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, mit dem die Wiederaufnahme eines Verfahrens erstrebt wird, entspricht grundsätzlich dem Streitwert desjenigen Verfahrens, dessen Wiederaufnahme begehrt wird.
2. NV: Wenn mit einem Beschluss keine Frist in Lauf gesetzt wird, genügt für die Bekanntgabe des Beschlusses eine formlose Mitteilung an die Beteiligten.
Gesetze: GKG § 66; FGO § 116 Abs. 5 Satz 3; FGO § 128 Abs. 2; FGO § 142; FGO § 155; ZPO § 329
Tatbestand
I.
1 Mit Beschluss vom - XI B 109/21 hat der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) die Beschwerde der Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin) wegen Nichtzulassung der Revision (Wiederaufnahme des finanzgerichtlichen Verfahrens 6 K 494/18 - Abrechnungsbescheid) als unzulässig verworfen, weil die Beschwerde von einer nicht vertretungsbefugten Person eingelegt worden war. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Senat der Kostenschuldnerin auferlegt. Mit Beschluss vom gleichen Tag – XI S 13/21 (PKH) hat der Senat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt.
2 Daraufhin hat die Kostenstelle des BFH mit Schlusskostenrechnung vom - KostL 761/22 (XI B 109/21) gegen die Kostenschuldnerin die Gerichtsgebühren gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 und 2, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) mit 280 € angesetzt. Dabei wurde ein Streitwert von 3.959 € zugrunde gelegt, der dem Streitwert des Verfahrens entspricht, dessen Wiederaufnahme begehrt wird.
3 Gegen diese Kostenrechnung richtet sich die Erinnerung der Kostenschuldnerin, mit der sie eine offenkundig unrichtige Sachbehandlung (§ 21 Abs. 1 GKG) rügt. Außerdem habe sie, die Kostenschuldnerin, PKH beantragt. Ein angeblich vom stammender Beschluss liege nicht vor, ebenfalls keine Entscheidung über die beantragte PKH.
4 Die Kostenschuldnerin beantragt sinngemäß, die Kostenrechnung ersatzlos aufzuheben.
5 Die Vertreterin der Staatskasse beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.
Gründe
II.
6 Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
7 1. Der Zulässigkeit der Erinnerung steht nicht entgegen, dass sie durch eine nicht postulationsfähige Person eingelegt worden ist. Der in § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für Verfahren vor dem BFH grundsätzlich angeordnete Vertretungszwang gilt in Erinnerungsverfahren nicht (, BFH/NV 2013, 586, m.w.N.).
8 2. Die Erinnerung bleibt allerdings in der Sache ohne Erfolg, weil die ergangene Kostenrechnung nicht zu beanstanden ist.
9 a) Mit der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, also gegen Ansatz und Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert (vgl. BFH-Beschlüsse vom - IX E 1/19, BFH/NV 2019, 843, Rz 7; vom - IX E 6/20, BFH/NV 2020, 707, Rz 2). Auch die Entscheidung über die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung ist Bestandteil des Verfahrens über den Kostenansatz einschließlich des Erinnerungsverfahrens nach § 66 GKG und deswegen unselbständiger Teil der vorliegenden Entscheidung (vgl. , BFH/NV 2016, 782, Rz 7).
10 b) Ausgehend davon ist die Erinnerung zurückzuweisen.
11 aa) Die angefochtene Kostenrechnung weist keinen Rechtsfehler auf. Substantiierte Einwendungen gegen den Ansatz einzelner Kosten oder den Streitwert hat die Kostenschuldnerin nicht vorgebracht. Außerdem entspricht der Streitwert eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, mit dem die Wiederaufnahme eines Verfahrens erstrebt wird, grundsätzlich dem Streitwert desjenigen Verfahrens, dessen Wiederaufnahme begehrt wird (vgl. , BFH/NV 2022, 826, Rz 12).
12 bb) Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 21 Abs. 1 GKG sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der XI. Senat hat die Beschwerde gegen den Beschluss des Finanzgerichts zu Recht als unzulässig verworfen, weil eine nicht vertretungsbefugte Person die Beschwerde erhoben hat. Die zeitgleiche Entscheidung über die Beschwerde und den PKH-Antrag war, wie in den Beschlüssen dargelegt, unter den Umständen des Streitfalls ausnahmsweise zulässig.
13 cc) Soweit die Kostenschuldnerin geltend macht, den Beschluss über die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde (und den Beschluss über die Ablehnung von PKH) nicht erhalten zu haben, wurden diese dem Bevollmächtigten am mit einfachem Brief bekanntgegeben. Wenn mit einem Beschluss (wie im Streitfall) keine Frist in Lauf gesetzt wird, genügt eine formlose Mitteilung des Beschlusses (§§ 53, 155 FGO i.V.m. § 329 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung —ZPO—; vgl. auch , juris; sowie § 133a Abs. 2 Satz 3 FGO). Die geltend gemachten Bekanntgabemängel haben grundsätzlich nicht die Unwirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung zur Folge, sondern führen nur dazu, dass eventuell geltende Rechtsmittelfristen nicht in Gang gesetzt werden (vgl. , BFH/NV 2007, 756, Rz 10). Im Streitfall sind die Beschlüsse unanfechtbar (§ 116 Abs. 5 Satz 3 FGO, § 128 Abs. 2 FGO; s. auch Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 278; Seer in Tipke/Kruse, § 116 FGO Rz 71; Brandis in Tipke/Kruse, § 142 FGO Rz 71). Die o.g. Beschlüsse werden daher der Kostenschuldnerin zusammen mit diesem Beschluss erneut bekanntgegeben.
14 3. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
15 4. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch den Einzelrichter (vgl. BFH-Beschlüsse vom - VIII E 1/20, BFH/NV 2021, 197; in BFH/NV 2022, 826).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2022:B.101122.XIE1.22.0- !Ungültige Zeicheneinstellung -
Fundstelle(n):
BB 2022 S. 2902 Nr. 50
BFH/NV 2023 S. 146 Nr. 2
XAAAJ-28643