BGH Beschluss v. - LwZR 7/21

Instanzenzug: OLG Zweibrücken Az: 4 U 83/21 Lwvorgehend Az: 44 Lw 6/20

Gründe

I.

1Die Beklagte pachtete 2002 von dem Land Nordrhein-Westfalen mehrere landwirtschaftliche Grundstücke, die zuletzt von dem Kläger bewirtschaftet wurden. Der Aufforderung der Beklagten aus dem Jahr 2019, die Grundstücksbewirtschaftung zukünftig zu unterlassen, kam der Kläger nicht nach und berief sich auf eine im Jahr 2008 getroffene Absprache, die er als Unterpachtvertrag bewertet. Mit der unter anderem auf eine Besitzstörung gestützten Klage verlangt der Kläger von der Beklagten, es zu unterlassen, die näher bezeichneten Grundstücke zu betreten, zu befahren, zu bewirtschaften oder von Dritten bewirtschaften zu lassen. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Während des von ihr angestrengten Berufungsverfahrens ist in einem Parallelrechtsstreit rechtskräftig festgestellt worden, dass für die Grundstücke ein Pachtverhältnis mit dem Kläger nicht besteht. Das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

II.

2Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) den Betrag von 20.000 € nicht übersteigt.

31. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstandes in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Bei einer Besitzstörungsklage ist die Beschwer des unterlegenen Klägers gemäß § 3 ZPO nach dem Interesse an der Unterlassung der Beeinträchtigung zu schätzen (vgl. , juris Rn. 6 zu einer Eigentumsbeeinträchtigung). Hiervon geht auch der Kläger aus.

42. Das Interesse des Klägers an einer stattgebenden Entscheidung beträgt nicht mehr als 5.000 €. Dies folgt bereits daraus, dass die Vorinstanzen den Streitwert auf diesen Betrag festgesetzt haben und sich hierbei erkennbar an dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an dem geltend gemachten Besitzschutzanspruch orientiert haben; hiergegen hat der Kläger keine Einwendungen erhoben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es einer Partei verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf der Grundlage neuen Vorbringens auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichenden Streitwert der Klage zu berufen, wenn sie die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen nicht beanstandet und auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts - und einer damit einhergehenden entsprechenden Beschwer - rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind (vgl. hierzu nur , juris Rn. 7 mwN).

53. Abgesehen davon hat der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht - wie geboten (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 11/16, NJW-RR 2017, 209 Rn. 6 mwN) - dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Beschwer 20.000 € übersteigt.

6a) aa) Die Nichtzulassungsbeschwerde macht zunächst zur Begründung der Beschwer geltend, das Interesse an der Beseitigung der geltend gemachten Besitzstörung entspreche dem Interesse an einer Entscheidung über das Bestehen und der Dauer des behaupteten Pachtverhältnisses. Gehe man insoweit wegen des ungewissen Zeitpunkts der Beendigung des Pachtverhältnisses gemäß § 9 ZPO von einer 3 1/2-fachen Jahrespacht aus, ergebe sich eine Beschwer von 69.985 € (19.710 € x 3,5 – rechnerisch richtig: 68.985 €), zumindest aber in Höhe von 45.900 €, wenn man lediglich eine jährliche Gegenleistung in Höhe von 15.300 € ansetzen würde (rechnerisch richtig: 53.350 €).

7bb) Hiermit lässt sich eine Beschwer von mehr als 20.000 € nicht belegen. Wie die Erwiderung zu Recht geltend macht, streiten die Parteien in dem hier zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit nicht über den Bestand des Pachtverhältnisses; vielmehr verlangt der Kläger auf der Grundlage einer possessorischen Klage Unterlassung einer Besitzstörung. Dass zwischen den Parteien kein Pachtverhältnis besteht, steht aufgrund des in dem Parallelverfahren ergangenen Urteils rechtskräftig fest.

8b) Ebenso wenig ergibt sich die erforderliche Beschwer aus der alternativen Überlegung des Klägers, ihm drohe bei der Verhinderung der Einsaat von Sommerweizen infolge einer Besitzstörung durch die Beklagte schon beim Ausfall nur einer Saison ein Ertragsverlust von mindestens 93.600 € (90 ha x 6,5 t x 160 €); bei der Einsaat von Winterweizen belaufe sich der Ertragsverlust auf 129.600 € (90 ha x 9 t x 160 €). Dass ein Ertragsverlust in diesem Umfang droht, hat der Kläger jedenfalls nicht hinreichend glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO). Er verweist ausschließlich auf eine eidesstattliche Versicherung seines Vaters, die dieser in einem Parallelverfahren im Dezember 2019 abgegeben hat, und in der die von dem Kläger bei seiner Berechnung in Ansatz gebrachte Ertragsmenge und der erzielbare Erlös aufgeführt sind. Aussagekräftige Unterlagen, die die Berechnung des Klägers belegen, sind weder der eidesstattlichen Versicherung noch der Nichtzulassungsbeschwerde beigefügt. Auf dieser Grundlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers spricht.

III.

9Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert hat der Senat anhand der Festsetzung der Vorinstanzen bemessen.

Brückner                    Göbel                    Haberkamp

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:201022BLWZR7.21.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-27241