BGH Beschluss v. - 6 StR 268/22

Wiedereinsetzung im Strafverfahren: Nachholung einer formunwirksamen Revisionseinlegung per Fax

Gesetze: § 32a Abs 2 S 2 StPO, § 32a Abs 3 StPO, § 32d S 2 StPO, § 45 Abs 2 S 1 StPO, § 45 Abs 2 S 2 StPO, § 341 Abs 1 StPO, § 2 Abs 1 S 1 ERVV, § 14 ERVV, § 31a BRAO

Instanzenzug: LG Regensburg Az: 5 KLs 504 Js 12296/21

Gründe

1Das Landgericht Regensburg hat den Angeklagten am wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Mit Telefaxschreiben vom hat sein Verteidiger Revision hiergegen eingelegt. Mit Schreiben vom , dem Angeklagten am zugestellt, hat der Generalbundesanwalt auf die Formunwirksamkeit des Rechtsmittels und die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrags hingewiesen. Über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach hat der Verteidiger am einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und im selben elektronischen Dokument im PDF-Format zugleich die Revisionseinlegung gegen das vorbezeichnete Urteil übermittelt. Nach dem – anwaltlich versicherten – Vortrag des Verteidigers hatte der Angeklagte diesen unmittelbar im Anschluss an die Hauptverhandlung mit der Revisionseinlegung beauftragt. Erst durch das Schreiben des Generalbundesanwalts war dem Verteidiger aufgefallen, dass das Rechtsmittel nicht den gesetzlichen Formvorgaben entsprechend eingelegt worden war.

2Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig und begründet.

31. Der Angeklagte hat die Frist zur Einlegung der Revision (§ 341 Abs. 1 StPO) versäumt. Nach der seit dem geltenden Vorschrift des § 32d Satz 2 StPO müssen Verteidiger und Rechtsanwälte die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung, welche bei Nichteinhaltung deren Unwirksamkeit zur Folge hat (vgl. BT-Drucks. 18/9416 S. 51; BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 86/22; vom – 4 StR 59/22; vom – 2 StR 110/22; Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 32d Rn. 2). Diesen Anforderungen entspricht die am per Telefax übermittelte Revisionseinlegung nicht. Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls nach § 32d Satz 3 StPO sind nicht dargetan.

42. An dieser Fristsäumnis traf den Angeklagten, wie sein Verteidiger fristgerecht vorgetragen und glaubhaft gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO), allerdings kein Verschulden. Den Auftrag zur Revisionseinlegung hatte der Beschuldigte demzufolge rechtzeitig erteilt; es ist deshalb allein auf Anwaltsverschulden zurückzuführen, dass die Revision nicht formgerecht und mithin nicht wirksam eingelegt wurde.

53. Die versäumte Handlung hat der Verteidiger frist- und formwirksam nachgeholt (§ 45 Abs. 2 Satz 2 StPO; vgl. , BGHR StPO § 44 Satz 1 Verhinderung 11). Die innerhalb der Wochenfrist nach § 45 Abs. 1 StPO eingelegte Revision erfüllt die gesetzlichen Formerfordernisse der § 32d Satz 2, § 32a StPO.

6a) Nach § 32a Abs. 3 StPO muss die schriftlich abzufassende Revisionseinlegung bei einer Übermittlung als elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder aber von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei dem elektronischen Gerichts- oder Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht werden. Ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 32a Abs. 3 StPO ist etwa gemäß § 32a Abs. 4 Nr. 2 StPO die Übersendung über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (§ 31a BRAO). Dabei muss die elektronisch übermittelte Revisionsbegründung gemäß § 32a Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 ElektronischeRechtsverkehr-Verordnung (ERVV) ein Dokument im Dateiformat PDF sein (vgl. Rn. 12; MüKo-ZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 130a Rn. 4).

7b) Dem entspricht die eingelegte Revision. Dies ergibt die gebotene Zusammenschau von Verteidigerschriftsatz und dem zu den Akten zu nehmenden Prüfvermerk des EGVP (vgl. BGH, aaO Rn. 13 mwN), der hier namentlich Angaben zur Einreichung über das besondere elektronische Anwaltspostfach durch den signierenden Verteidiger und zum Dateiformat des übermittelten Dokuments enthält.

84. Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Frist zur Begründung der Revision zu laufen (vgl. , BGHSt 30, 335, 337 f.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:090822B6STR268.22.0

Fundstelle(n):
NJW 2022 S. 3588 Nr. 49
NJW 2022 S. 9 Nr. 48
FAAAJ-25937