Online-Nachricht - Montag, 07.11.2022

Gesetzgebung | Zahlreiche Änderungsvorschläge zum Jahressteuergesetz (hib)

Die Sachverständigen haben in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am eine Fülle von Anregungen zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (BT-Drucks. 20/3879) gegeben. In die Kritik gerieten dabei die unterschiedlichen Steuerpflichten beim Bezug von Renten.

Im Jahressteuergesetz ist vorgesehen, mehrere Freibeträge zu erhöhen und Immobilien-Abschreibungen zu verbessern. Außerdem soll die wegen der Corona-Pandemie eingeführte sogenannte Homeoffice-Pauschale von 5 € pro Tag dauerhaft entfristet und der maximale Abzugsbetrag von 600 € auf 1.000 € pro Jahr angehoben werden. Der Sparer-Pauschbetrag soll von derzeit 801 € auf 1.000 € für Alleinstehende und das Doppelte für Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner steigen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund befasste sich mit dem Grundrentenzuschlag. Der Ansicht der Regierung, auch aus steuerlicher Sicht müsse sichergestellt sein, dass der die Lebensleistung anerkennende Grundrentenzuschlag nicht durch die Steuerpflicht geschmälert werde, wurde widersprochen. Auch andere Leistungen wie zum Beispiel Zeiten der Kindererziehung beziehungsweise Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt würden nicht anders behandelt. Nach Auffassung der Rentenversicherung sollte eine Entlastung für Bezieher geringer Renten über allgemeine steuerrechtliche Regelungen erreicht werden. Die steuerrechtlich differenzierte Betrachtung eines Rentenanteils würde wiederum Fragen nach einer dem Gleichheitsgrundsatz entsprechenden steuerrechtlichen Behandlung anderer Rentenanteile aufwerfen.

Die Deutsche Steuergewerkschaft befasste sich in ihrer Stellungnahme kritisch mit der Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Renten- und Versorgungsbezieher. Es sei zwar nachvollziehbar, dass von der Energiepreispauschale Bedürftige stärker profitieren sollten als Besserverdiener. Die Besteuerung der Pauschale sei jedoch ein eklatanter Verstoß gegen die Grundsystematik des Steuerrechts. Nur Vermögensmehrungen, die aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit resultierten, seien einkommensteuerrechtlich relevant. Die Energiepreispauschale stelle jedoch keinen originären Einkunftstatbestand dar. Außerdem warnte die Organisation vor einer weiteren Belastung der Finanzämter. Bisher sei lediglich ein Drittel der Renten- und Versorgungsbezieher zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Die geplante Steuerpflicht der Pauschale verunsichere die Rentner und werde zu massiven Anfragen an die Finanzämter führen. Diese würden jedoch bereits durch die Umsetzung der Grundsteuerreform am absoluten Limit arbeiten.

Die Steuergewerkschaft befasste sich ebenfalls mit der Anhebung der linearen Abschreibung für neue Wohngebäude. Es sei unverständlich, warum die Regelung erst für Fertigstellungen ab dem gelten solle. Dies werde zu Verzögerungen bei der Fertigstellung von Gebäuden führen, um von der höheren Abschreibung profitieren zu können. Auch der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA regte an, den Beginn der Regelung auf Anfang 2023 vorzuziehen. Grundsätzliche Kritik übte das Netzwerk Steuergerechtigkeit. Unter Verweis auf Studien hieß es, Immobilien würden in Deutschland systematisch zu niedrig besteuert. Jede Erhöhung der Abschreibung bedeute eine Subventionierung für Vermögende.

Die Einführung einer Jahrespauschale in Höhe von 1.250 € für häusliche Arbeitszimmer wurde zwar von der Deutschen Steuergewerkschaft als Verwaltungsvereinfachung begrüßt, die Pauschale selbst aber als zu gering kritisiert. Verwiesen wurde auf Mietpreissteigerungen, die zum Beispiel in Berlin seit 2011 nahezu 50 % betragen hätten. Dennoch sei die Begrenzung für abziehbare Aufwendungen für Arbeitszimmer seit 2010 nicht mehr angepasst worden. Dies kritisierte auch der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine, nach dessen Angaben viele Arbeitnehmer bereits jetzt signifikant höhere Aufwendungen hätten. Eine Anhebung der Pauschale auf 1.800 € im Jahr sei sachgerecht. Zur Begrenzung der Kosten könnte die Jahrespauschale zeitanteilig gekürzt werden, wenn ein Arbeitszimmer in einzelnen Monaten nicht zur Verfügung stehe oder nicht benutzt werde. Dies hatte bereits der Bundesrat vorgeschlagen.

Professor Frank Hechtner (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) verwies darauf, dass sich Lebenswirklichkeiten verändern würden. Deshalb gebe es bei den Regelungen für Arbeitszimmer „noch Luft nach oben“. So könnte der Höchstbetrag mit der Jahrespauschale für Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € in Gleichklang gebracht werden. In diese Richtung ging auch die Argumentation von Professor Heribert Anzinger (Universität Ulm). Er begrüßte die Regelung der Homeoffice-Pauschale, da sie im Unterschied zur Arbeitszimmer-Pauschale weder eine Deklaration noch eine Verifikation der persönlichen Verhältnisse in der Wohnung des Steuerpflichtigen erfordere. Der Gesetzgeber sollte daher überlegen, ob die Homeoffice-Pauschale ganz an die Stelle der Arbeitszimmer-Pauschale treten könne.

Die geplante Beseitigung steuerrechtlicher und bürokratischer Hürden bei Installation und Betrieb von Photovoltaikanlagen stieß auf Zustimmung des Immobilienverbandes Haus und Grund. Auch der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine sprach von einem „starken Signal“. Der Bundesverband der Solarwirtschaft begrüßte ebenfalls die Pläne, sprach sich aber für Ergänzungen aus. So sollten auch gemietete und geleaste Solaranlagen in die Neuregelung einbezogen werden. Die vorgesehene Umsatzsteuerbegünstigung sollte nicht nur für Photovoltaikanlagen, sondern auch für Solarthermieanlagen gelten.

Der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA wies darauf hin, dass in Immobilien investierende Spezialfonds aus steuerlichen Gründen keine Photovoltaik-Anlagen errichten würden. Damit werde eine große Zahl von Marktteilnehmern von der Photovoltaik ausgeschlossen, und es werde viel Potential zur Erzeugung regenerativer Energie im Gebäudesektor verschenkt. Gerade die Immobilien der institutionellen Eigentümer könnten jedoch einen signifikanten Teil zur Klimawende beitragen.

Quelle: hib, heute im bundestag Nr. 622/2022 (RD)

Fundstelle(n):
NWB GAAAJ-25740