Umsatzsteuer | Besteuerung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten (BFH)
An der Umsatzsteuerpflicht der Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit bestehen auch nach Einführung der sog. virtuellen Automatensteuer (§ 36 ff. RennwLottG i.d.F. vom ) zum keine ernstlichen Zweifel ( (AdV); veröffentlicht am ).
Hintergrund: Bis zum waren Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten umsatzsteuerpflichtig, unabhängig davon, ob es sich um Umsätze in Spielhallen u.ä. oder um Online-Umsätze (sog. virtuelle Automatenspiele) handelte. Zum hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen geändert: Virtuelle Automatenspiele unterliegen seither der Rennwett- und Lotteriesteuer. Sie sind deshalb nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei. Umsätze in Spielhallen sind dagegen weiterhin umsatzsteuerpflichtig. Für sie fällt aber keine Rennwett- und Lotteriesteuer an. Hintergrund der Änderung war u.a. der Umstand, dass Online-Angebote hinsichtlich ihrer Spielsucht auslösenden Aspekte anders einzustufen seien als die terrestrischen Angebote (z.B. in Spielhallen).
Sachverhalt: Die Antragstellerin betreibt Spielhallen, in denen Geldspielautomaten aufgestellt sind. Mit Abgabe ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für August 2021 machte sie geltend, dass ihre Glücksspielumsätze nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL umsatzsteuerfrei seien. Das Finanzamt folgte dem nicht und unterwarf im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid August 2021 die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten - wie in den Vormonaten - weiterhin der Umsatzsteuer. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung von AdV lehnte das Finanzamt ab.
Im gerichtlichen AdV-Verfahren setzte das FG der ersten Instanz die Vollziehung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung August 2021 aus. Es bestünden ernstliche Zweifel daran, dass die Umsatzsteuerpflicht sog. terrestrischer Automatenspielumsätze, bei denen die Spieler in Spielhallen körperlich anwesend sind, bei gleichzeitiger Umsatzsteuerfreiheit virtueller Automatenspielumsätze gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer vereinbar ist (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.1.2022).
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des FA hatte Erfolg, nach Auffassung der Richter des BFH bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids:
Der auch bei Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL zu beachtende Grundsatz der Neutralität, nach dem die Mitgliedstaaten Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden, von der Steuer befreien, verbietet es insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.
Das FG hat die von ihm angenommenen ernstlichen Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht des terrestrischen Automatenspiels rechtsfehlerhaft damit begründet, dass das terrestrische Automatenspiel mit dem virtuellen Automatenspiel gleichartig sein könnte.
Insoweit ist es bereits unzutreffend davon ausgegangen, dass Unterschiede im Hinblick auf die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen der verschiedenen Geldspielangebote unerheblich seien.
Es bestehen wesentliche Unterschiede im Rechtsrahmen in Bezug auf Einsatz, Gewinn und Verlust, Ausschüttungsquoten und Verfügbarkeit des Spiels sowie weitere Unterschiede in Bezug auf die Interaktion zwischen Spieler und Geldspielautomat, das Gewinnerlebnis und das Spielerlebnis.
"Unterschiede bei den Mindest und Höchsteinsätzen und -gewinnen, den Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten und der Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem Geldspielautomaten" sind Umstände, die einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers haben und daher - wie hier - die Gleichartigkeit entfallen lassen können.
Selbst bei unterstellter Gleichartigkeit der Sachverhalte wäre eine Ungleichbehandlung objektiv gerechtfertigt.
So sieht es das Unionsrecht vor, dass auf elektronischem Weg erbrachte Glücksspielumsätze und terrestrische Glücksspielumsätze in vielfacher Weise unterschiedlich besteuert werden.
Die rechtlichen Unterschiede schließen es aus, die dem Ursprungslandprinzip unterliegenden Umsätze der Antragstellerin und die dem Bestimmungslandprinzip unterliegenden Umsätze der Erbringer von Online-Glücksspielen mehwertsteuerrechtlich gleich behandeln zu müssen, da es sich im mehrwertsteuerrechtlichen Sinne um nicht vergleichbare Leistungen handelt, die völlig unterschiedlichen mehrwertsteuerrechtlichen Regelungen unterliegen, ohne dass es dabei auf die Verbrauchersicht zu diesen steuerrechtlichen Unterschieden ankommt.
Quelle: (AdV); NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
EAAAJ-24413