Einkommensteuer | Anrechnung eigener Einkünfte der unterhaltenen Person beim Abzug von Unterhaltsaufwendungen gem. § 33a Abs. 1 EStG (BFH)
Anrechenbare Einkünfte i.S. des
§ 33a Abs.
1 Satz 5 EStG sind die nach einkommensteuerrechtlichen
Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i.S. des
§ 2 Abs. 2
EStG. Negative Einkünfte der unterhaltenen Person mindern
die gemäß
§ 33a Abs.
1 Satz 5 EStG anrechenbaren Ausbildungshilfen - hier
BAföG-Zuschüsse - nicht
(; veröffentlicht am
).
Sachverhalt: Die im Streitjahr 2017 zusammenveranlagten Kläger haben eine im Jahr 1988 geborene Tochter. T studierte in X und wohnte dort in einer den Klägern gehörenden Wohnung. Im Streitjahr erhielt sie Zuschüsse nach dem BAföG in Höhe von 4.020 €. Daneben bezog sie aus einem geringfügigen Arbeitsverhältnis Arbeitslohn in Höhe von 1.830 €. Im Einkommensteuerbescheid der T waren außerdem Werbungskosten in Höhe von 2.180 € angesetzt, so dass sich für das Streitjahr negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 350 € (1.830 € ./. 2.180 €) ergaben.
In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger Unterhaltsaufwendungen an T in Höhe von 9.920 € gemäß § 33a Abs. 1 EStG geltend. Sie gaben an, Unterhaltsleistungen in Höhe von über 8.820 € in Form von Sachleistungen (Wohnungsüberlassung, Ernährung, Kleidung, Hausrat) sowie in Höhe von 1.100 € durch Übernahme von Beiträgen zur Kranken und Pflegeversicherung der T geleistet zu haben.
Das FA erkannte Unterhaltsleistungen i.H.v. 6.079 € an. Hierbei berücksichtigte es die Verluste der T aus nichtselbständiger Arbeit nicht. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (). Nach Auffassung der Richter habe das FA bei der Berechnung des nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG maßgeblichen Kürzungsbetrags die von T erhaltenen BAföG-Zuschüsse zu Unrecht nicht mit den negativen Einkünften der T aus nichtselbständiger Arbeit saldiert. Daher seien weitere Unterhaltsleistungen der Kläger in Höhe von 350 € steuermindernd anzuerkennen.
Dem folgten die Richter des BFH nicht. Auf die Revision des FA hoben sie das Urteil auf und wiesen die Klage ab:
Die negativen Einkünfte der T mindern die gemäß § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG anzurechnenden BAföG-Zuschüsse nicht.
§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterscheidet zwischen Einkünften und Bezügen einerseits und den Ausbildungszuschüssen andererseits.
Erstere sind nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut auf den Unterhaltshöchstbetrag erst bei Überschreiten des Betrags von 624 € anzurechnen. Ausbildungszuschüsse sind dagegen ohne Einschränkung und damit in voller Höhe anzurechnen (Grundsatz der Vollanrechnung).
Dieses aus dem Gesetzeswortlaut gewonnene Auslegungsergebnis steht in Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers.
In der Begründung des Gesetzentwurfs zur Neufassung des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG a.F. durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz, der insoweit § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung entspricht, wird ausdrücklich ausgeführt, dass Ausbildungsbeihilfen aus öffentlichen Mitteln künftig auch beim Abzug zwangsläufiger Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ohne Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Betrags auf die abziehbaren Höchstbeträge angerechnet werden sollen (BT-Drucks 12/5630, S. 60).
Danach können auch negative Einkünfte nur zur Minderung im Grundsatz anzurechnender Einkünfte oder Bezüge genutzt werden, nicht aber zur Minderung anrechenbarer Ausbildungszuschüsse (ebenso , BStBl II 2002, 802, zu § 33a Abs. 1 Satz 4 und § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG a.F., und , BStBl II 2008, 354, zu § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG a.F.; HHR/Pfirrmann, § 33a EStG Rz 97; Hufeld in KSM, EStG, § 33a Rz B 71; Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 33a Rz 203; Fuhrmann in Korn, § 33a EStG Rz 39).
Insoweit wird zudem eine sonst mögliche doppelte staatliche Förderung durch die Ausbildungszuschüsse einerseits und die Steuerentlastung andererseits vermieden.
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Anrechenbare Einkünfte i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG. Das erlaubt bei verschiedenen Einkünften und Einkünften aus verschiedenen Einkunftsarten, Verluste zu berücksichtigen und negative Einkünfte mit positiven Bezügen zu verrechnen. Verlustabzüge nach § 10d EStG, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sind hingegen nicht zu berücksichtigen. Eine Saldierung von negativen Einkünften und anrechenbaren öffentlichen Ausbildungsbeihilfen sieht das Gesetz ebenfalls nicht vor. Denn § 33 Abs. 1 Satz 5 EStG unterscheidet zwischen Einkünften und Bezügen einerseits und Ausbildungszuschüssen andererseits. Überdies ist zu berücksichtigen, dass bei Unterhaltsleistungen an (zivilrechtlich nicht unterhaltsberechtigte) Lebensgefährten ein Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG nicht in Betracht kommt, wenn diese nicht wegen der Unterhaltsleistungen, sondern wegen des Bezugs von BAföG keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben (, BStBl II 2021, 572).
Hinweis für BAföG-Empfänger: Es entspricht ständiger BFH-Rechtsprechung, dass für die steuerliche Abzugsfähigkeit eines (Ausbildungs-)Darlehens maßgebend ist, wann die kreditfinanzierten Aufwendungen verausgabt worden sind. Unabhängig davon, ob es sich bei den Aufwendungen für das Studium um Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen handelt, können sie allenfalls im Jahr des tatsächlichen Abflusses, nämlich der Verwendung der Darlehensmittel, berücksichtigt werden. Tilgungsraten auf ein BAföG-Darlehen (nach Studienabschluss) können daher nicht steuermindernd berücksichtigt werden (, BFH/NV 2008, 1136). Zu der Frage, ob ein aufgrund bestandener Fortbildungsprüfung gewährter Darlehenserlass durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau in der betreffenden Fassung des § 13b Abs. 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (sog. Aufstiegs-BAföG/vormals Meister-BAföG) als steuerbare Einnahme bei der Einkunftsart (hier: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) darstellt, bei der die durch das Darlehen finanzierten Lehrgangs- und Prüfungsgebühren steuermindernd in den Vorjahren berücksichtigt worden sind, ist allerdings ein Revisionsverfahren (VI R 9/21) beim BFH anhängig (Zulassung durch FG). Die Vorinstanz hat dies verneint ( EFG 2021, 1366).
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
IAAAJ-23405