Private Krankenversicherung: Anforderungen an die Mitteilung über eine Beitragserhöhung; bereicherungsrechtliche Rückabwicklung einer unwirksamen Prämienerhöhung; Beginn der Verjährungsfrist
Gesetze: § 203 Abs 2 S 1 VVG, § 203 Abs 5 VVG, § 195 BGB, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 818 Abs 3 BGB
Instanzenzug: Az: 9 U 180/18vorgehend Az: 23 O 215/18
Gründe
1I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung der Klägerin.
2Die Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert; bis zum bestand Versicherungsschutz in den Tarifen V. und T. und bis zum im Tarif Vi. . Die Beklagte informierte sie jeweils mit Schreiben aus dem November des Vorjahres über folgende Prämienerhöhungen: im Tarif V. zum um 54,08 € monatlich und zum um 76,45 € monatlich, im Tarif T. zum um 6,51 € monatlich, zum um 4,27 € monatlich und zum um 8,69 € monatlich sowie im Tarif Vi. zum um 90,52 € monatlich.
3Dem Anschreiben von November 2015 waren "Informationen zur Beitragsanpassung zum " beigefügt, in denen es unter "Was sind die Gründe für die Beitragsanpassung in der Kranken-, Krankentagegeld- und Pflegeergänzungsversicherung?" auszugsweise hieß:
"Mit ihrer privaten Kranken-/Pflege-Versicherung sichern Sie sich lebenslang eine optimale Versorgung.
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Damit wir unser Leistungsversprechen dauerhaft einhalten können, müssen wir wie alle privaten Krankenversicherer einmal jährlich alle Beiträge überprüfen. Dies erfolgt in der Kranken-, Krankenhaustagegeld- und Pflegeergänzungs-Versicherung für jeden einzelnen Tarif, getrennt nach Alter und - für Verträge, die vor dem abgeschlossen wurden - zusätzlich nach Geschlecht.
Bei der Überprüfung vergleichen wir die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen. Weichen die Zahlen um den in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Prozentsatz nach oben oder unten voneinander ab, müssen die Beiträge überprüft werden. Hierzu sind wir gesetzlich verpflichtet.
Muss eine Beitragsanpassung erfolgen, müssen auch weitere Faktoren berücksichtigt werden. Denn nicht nur die Leistungsausgaben beeinflussen den Beitrag. Diese Faktoren sind:
Steigende Lebenserwartung
...
Kapitalmarktsituation
...
Entwicklung des Versichertenbestandes
..."
4Die Klägerin hält die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig. Mit Anwaltsschreiben vom forderte sie die Beklagte unter Fristsetzung von 14 Tagen zur Rückzahlung ihrer Ansicht nach überzahlter Prämien in Höhe von 5.199,04 € auf. Die Beklagte wies die Ansprüche zurück.
5Mit ihrer 2018 erhobenen Klage hat die Klägerin, soweit für die Revision noch von Interesse, die Rückzahlung der auf die Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteile in Höhe von 5.199,04 € nebst Zinsen ab dem sowie die Feststellung verlangt, dass die Beklagte zur Herausgabe der Nutzungen, die sie vor dem aus diesem Betrag gezogen hat, verpflichtet ist und diese ab dem zu verzinsen hat.
6Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 362,08 € nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte zur Herausgabe der Nutzungen, die sie vor dem aus dem Prämienanteil, den die Klägerin in der Zeit vom bis zum auf die Beitragserhöhung im Tarif Vi. zum in Höhe von monatlich 90,52 € gezahlt hat, gezogen hat, sowie zur Verzinsung der herauszugebenen Nutzungen ab dem verpflichtet ist.
7Mit der Revision verfolgt die Klägerin die genannten Klageanträge, soweit das Oberlandesgericht sie abgewiesen hat, weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision weiterhin die Klageabweisung. Die Klägerin hat vorsorglich für den Fall, dass der Senat von einer wirksamen Beschränkung der Revisionszulassung ausgehen sollte, zudem auch Anschlussrevision eingelegt.
8II. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Tariferhöhung im Tarif Vi. zum wegen einer unzureichenden Begründung in dem Mitteilungsschreiben in formeller Hinsicht unwirksam. Die unzureichende Begründung habe im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung dieses Tarifs bis zum auch nicht - etwa durch Zustellung der Klageerwiderung am - nachträglich geheilt werden können. Es sei zunächst erforderlich, in der Mitteilung gemäß § 203 Abs. 5 VVG zur Begründung der Prämienanpassung die Rechnungsgrundlage zu nennen, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst habe. Die Benennung der Rechnungsgrundlage müsse auch bezogen auf die konkrete Prämienanpassung erfolgen. Gemessen daran habe die streitgegenständliche Begründung aus November 2015 nicht die Mindestanforderungen an die Mitteilung der maßgeblichen Gründe erfüllt.
9Die Klägerin könne die Rückzahlung geleisteter Erhöhungsbeträge für den Zeitraum von Januar bis April 2016 in Höhe von 362,08 € (4 x 90,52 €) verlangen. Dagegen seien alle Rückforderungsansprüche wegen der bis zum Ende des Jahres 2014 geleisteten Prämien verjährt. Der Anspruch auf Rückzahlung sei mit der jeweiligen monatlichen Prämienzahlung entstanden gewesen. Die Klägerin habe mit Erhalt der Anpassungsschreiben Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt. Nachdem sie inzwischen Klage erhoben habe, sei ihr eine Klageerhebung trotz des bis heute noch bestehenden Meinungsstreits hinsichtlich der Anforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG nicht unzumutbar gewesen.
10Entgegen der Ansicht der Beklagten müsse sich die Klägerin etwaige Vorteile aus den geleisteten erhöhten Prämienbeiträgen nicht anrechnen lassen. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf Entreicherung berufen. Sie habe nicht konkret dargetan, dass es ihr bei einer gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit der erhöhten Prämien nicht möglich wäre, die zur Bildung von Sparprämien und gesetzlichen Beitragszuschlägen verwendeten erhöhten Prämienanteile wieder zurück zu buchen.
11Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen aus den von ihr gezahlten erhöhten Prämienanteilen aufgrund der nicht wirksam begründeten Prämienerhöhung zum bis einschließlich April 2016. Der Zinsanspruch folge aus §§ 286, 288 BGB.
12III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revisionen im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht mehr vor und die Rechtsmittel haben auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
131. Die Zulassung der Revisionen ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich. Insbesondere der vom Berufungsgericht genannte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht mehr gegeben. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom (IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56) entschieden und im Einzelnen begründet hat, wird erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt (vgl. Senatsurteil vom aaO Rn. 21 ff.). Dabei erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat (vgl. Senatsurteil vom aaO Rn. 26). Wie der Senat in dem genannten Urteil weiter ausgeführt hat, steht der Anwendung von § 203 Abs. 5 VVG auch für den Zeitraum vor jener Entscheidung nicht entgegen, dass der Begriff der "maßgeblichen Gründe" der Auslegung bedurfte (vgl. Senatsurteil vom aaO Rn. 37). Im Übrigen steht unabhängig davon, ob ein Versicherungsnehmer die streitgegenständlichen Prämienanpassungen auch in materieller Hinsicht angreift, § 242 BGB einer Wahrnehmung seiner Informationsrechte und des daraus folgenden Rückzahlungsanspruchs nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom aaO Rn. 44).
14Mit Urteil vom (IV ZR 113/20, VersR 2022, 97) hat der Senat außerdem entschieden, dass der Versicherungsnehmer bei einem Anspruch auf Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen aufgrund einer unwirksamen Prämienanpassung die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrundes mit Erhalt der seiner Ansicht nach formal unzureichenden Änderungsmitteilung erlangt (vgl. Senatsurteil vom aaO Rn. 42). Die Erhebung einer darauf gestützten Klage ist auch nicht unzumutbar, wenn der Versicherungsnehmer bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung zu den Anforderungen, die an die nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden Gründe einer Prämienanpassung zu stellen sind, seine Ansprüche gegen den Versicherer geltend gemacht und Klage erhoben hat (vgl. Senatsurteil vom aaO Rn. 45).
152. Die Revisionen haben auch keine Aussicht auf Erfolg.
16a) Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei der Klage im ausgeurteilten Umfang stattgegeben.
17aa) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die von der Beklagten mitgeteilten Gründe für die Prämienerhöhung zum die Voraussetzungen einer nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Mitteilung nicht erfüllen. Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden (Senatsurteil vom - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 38). Nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung des Berufungsgerichts konnte ein Versicherungsnehmer den allgemein gehaltenen Erläuterungen in der Mitteilung zur Beitragserhöhung vom November 2015 nicht entnehmen, dass das Ergebnis der aktuellen Überprüfung gerade für seinen konkreten Tarif eine Veränderung der maßgeblichen Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen ergeben und damit die Prämienanpassung ausgelöst hat.
18bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in der Klageerwiderung nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassung nur zu einer Heilung ex nunc führen könnten (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 41), so dass für den bereits zum beendeten Tarif eine nachträgliche Heilung nicht in Betracht kam.
19cc) Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Erhöhungsbeträge, die sie ohne wirksame Prämienanpassungserklärung gezahlt hat, der Höhe nach uneingeschränkt umfasst.
20(1) Entgegen der Ansicht der Revision kommt im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eine Anrechnung des genossenen Versicherungsschutzes nicht in Betracht, wenn sich bei einem wirksamen Versicherungsvertrag als Rechtsgrund der erbrachten Leistungen nur eine Prämienerhöhung als unwirksam erweist (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 46).
21(2) Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.
22Es fehlt an einem dauerhaften Vermögensverlust, soweit die Beklagte die erhöhten Prämienzahlungen nach ihrem Vortrag zur Bildung von Rückstellungen verwendet haben will. Zahlungen des Versicherungsnehmers, die ohne wirksame Prämienerhöhung erfolgten, sind nicht nach den für Prämien geltenden Vorschriften zu verwenden (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 51).
23Falls die Beklagte aus den Zahlungen der Klägerin ohne gesetzliche Grundlage Rückstellungen gebildet haben sollte, kommt es - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - für die Entreicherung auf die Möglichkeiten einer Rückbuchung oder späteren Verrechnung gegenüber der Klägerin an. Eine Bereicherung ist nicht weggefallen, soweit der Bereicherte seine eigene Verfügung über den empfangenen Vermögensvorteil wieder rückgängig machen kann (Senatsurteil vom - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 52). Dass dies nicht möglich wäre, hat die für den Wegfall der Bereicherung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht konkret dargetan.
24dd) Neben der Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Beklagte zur Verzinsung der gezogenen Nutzungen ab dem verpflichtet ist.
25Das Berufungsgericht hat der Klägerin Zinsen aus den herauszugebenden Nutzungen aus Verzug zugesprochen. Die Beklagte hat in ihrer Erwiderung auf die Forderungen der Klägerin aus deren Schreiben vom die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, wodurch sie in Verzug geraten ist, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die Beklagte hat dort die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche - und damit auch die Herausgabe jeglicher aus den Prämienanteilen gezogenen Nutzungen - bestimmt und ohne Einschränkung zurückgewiesen. Der Senat kann die Auslegung des Schreibens selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind.
26b) Die - unbeschränkt zugelassene - Revision der Klägerin hat ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Rückgewähr der Erhöhungsbeträge, die die Klägerin bis zum geleistet hat, sowie auf Herausgabe der daraus gezogenen Nutzungen (§ 217 BGB) vor Klageerhebung verjährt war.
27aa) Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) begann jeweils mit dem Schluss des Jahres, in dem die Prämienanteile gezahlt wurden, so dass die Frist für die letzten hier in Rede stehenden Zahlungen Ende 2017 ablief.
28(1) Die Regelverjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Rückzahlungsansprüche entstanden hier jeweils mit der Zahlung der Erhöhungsbeträge.
29(2) Wie sich aus dem Senatsurteil vom (IV ZR 113/20, VersR 2022, 97 Rn. 42) ergibt, hatte die Klägerin die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrundes mit Erhalt der ihrer Ansicht nach formal unzureichenden Änderungsmitteilungen erlangt. Die Erwägungen dieser Entscheidung lassen sich - auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens - auf den Streitfall übertragen.
30Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass der Klägerin eine Geltendmachung ihrer Ansprüche möglich und die Erhebung einer Klage, mit der die formelle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen aufgrund einer unzureichenden Begründung geltend gemacht wird, jedenfalls nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage unzumutbar war (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 113/20, VersR 2022, 97 Rn. 44). Entgegen der Ansicht der Revision war der Verjährungsbeginn nicht bis zur Klärung durch den Senat (siehe dazu mittlerweile Senatsurteil vom - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56) hinausgeschoben.
31Für eine Unzumutbarkeit der Klageerhebung genügte es nicht, dass es zu den Anforderungen an die nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden Gründe einer Prämienanpassung einen Meinungsstreit gab, der - soweit er in den Jahren 2010 bis 2014 überhaupt schon bestand - jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch nicht geklärt war. Eine Rechtslage ist nicht schon dann im Sinne der genannten Rechtsprechung unsicher und zweifelhaft, wenn eine Rechtsfrage umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist (Senatsurteil vom - IV ZR 113/20, VersR 2022, 97 Rn. 45 m.w.N.). Die Erhebung einer Klage ist nicht unzumutbar, wenn der Versicherungsnehmer bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung zu den Anforderungen, die an die nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden Gründe einer Prämienanpassung zu stellen sind, seine Ansprüche gegen den Versicherer geltend gemacht und Klage erhoben hat (vgl. Senatsurteil vom aaO). So liegt es hier. Die Klägerin hat im Jahr 2018 ihre Ansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht und Klage erhoben. Ungeachtet des damals ungeklärten Meinungsstreits ging sie von der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen aus. Umstrittener als zu diesem Zeitpunkt war der Inhalt des § 203 Abs. 5 VVG jedoch in den Jahren bis einschließlich 2014 nicht, so dass ihr die Klageerhebung auch damals nicht unzumutbar war.
32bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist es für die Feststellung der Verjährung nicht entscheidungserheblich, ob die Klägerin mit Zugang der Änderungsmitteilungen auch Kenntnis von den Tatsachen hatte, aus denen die von ihr ebenfalls geltend gemachte materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen folgen könnte. Für den Beginn der Verjährungsfrist ist dies ohne Bedeutung. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (Senatsurteil vom - IV ZR 113/20, VersR 2022, 97 Rn. 47 m.w.N.). Maßgeblich ist daher das Fehlen des Rechtsgrundes, das der Klägerin mit Erhalt der Änderungsmitteilungen jedenfalls aufgrund der ihrer Auffassung nach bestehenden formalen Mängel bereits bekannt war. Eine erneute Kenntnisnahme vom Fehlen desselben Rechtsgrundes aus weiteren Gründen setzt keine neue Verjährungsfrist in Gang (Senatsurteil vom aaO). Anders als bei Schadensersatzansprüchen gehört ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten, etwa bei der Neufestsetzung der Prämie oder deren Mitteilung, nicht zu den Voraussetzungen des Bereicherungsanspruchs. Entgegen der Ansicht der Revision ist daher die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verjährung bei mehreren eigenständigen Beratungs- oder Aufklärungsfehlern in der Anlageberatung (vgl. , BGHZ 206, 41 Rn. 14 m.w.N.) auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar.
33c) Da die Klägerin die Anschlussrevision nur vorsorglich für den Fall erhoben hat, dass der Senat - wie nicht - von einer wirksamen Beschränkung der Zulassung seiner Revision ausgegangen wäre, ist dieses Rechtsmittel gegenstandslos.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:300322BIVZR138.20.0
Fundstelle(n):
DAAAJ-23035