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Online-Nachricht - Donnerstag, 29.09.2022

Einkommensteuer | Kein Werbungskostenabzug für Familienheimfahrten bei Zuzahlungen an den Arbeitgeber für die Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens (BFH)

Nutzt der Arbeitnehmer ein ihm von seinem Arbeitgeber auch zur außerdienstlichen Nutzung überlassenes Kfz für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, so scheidet ein Werbungskostenabzug auch dann aus, wenn der Arbeitnehmer hierfür ein Nutzungsentgelt leisten muss oder individuelle Kfz-Kosten zu tragen hat (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist, ob Zuzahlungen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber für die Nutzung des Firmenwagens für Familienheimfahrten (pauschaler monatlicher Zuzahlungsbetrag zzgl. einer kilometerabhängigen Tankkostenzuzahlung) im Rahmen der doppelten Haushaltsführung im Streitjahr 2016 als Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind. Das FG der ersten Instanz hatte den vom Kläger geltend gemachten Werbungskostenabzug für die Familienheimfahrten abgelehnt (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 21.8.2020).

Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision zurück:

  • Das FG hat zutreffend entschieden, dass der vom Kläger geltend gemachte Abzug für seine Familienheimfahrten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG ausscheidet.

  • Vorliegend hat der Arbeitgeber des Klägers diesem ein Kfz überlassen, das dieser sowohl für private Fahrten als auch für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für seine Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nutzen durfte. Im Gegenzug musste der Kläger eine pauschale Zuzahlung in Höhe von 0,5 % der unverbindlichen Kaufpreisempfehlung leisten und für die ihm von seinem Arbeitgeber überlassene Tankkarte pro gefahrenem Kilometer für einen der vorgenannten Zwecke 0,10 € (bis Mai 2016) bzw. 0,09 € (ab Juni 2016) entrichten.

  • Bei dieser Sachlage scheidet ein Werbungskostenabzug für die wöchentlichen Familienheimfahrten des Klägers nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes aus.

  • § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG ordnet den Ausschluss des Werbungskostenabzugs pauschal für jedwede Überlassung eines Kfz im Rahmen einer Einkunftsart an.

  • Ob der Arbeitnehmer für die Nutzung des ihm von seinem Arbeitgeber (auch) für die (wöchentlichen) Familienheimfahrten im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kfz ein Entgelt entrichten muss, ist insoweit ohne Bedeutung.

  • Die Vorschrift begrenzt allgemein den Werbungskostenabzug, soweit der Steuerpflichtige für seine Familienheimfahrten ein vom Arbeitgeber überlassenes Kfz nutzt und bei ihm dafür gemäß § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 EStG kein geldwerter Vorteil und somit auch keine Einnahmen anzusetzen sind.

  • Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats zur steuerlichen Berücksichtigung eines vom Arbeitnehmer selbst getragenen Nutzungsentgelts (, BStBl II 2017, 1011) sowie der von diesem getragenen individuellen Fahrzeugkosten (wie beispielsweise Kraftstoffkosten, , BStBl II 2017, 1014).

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

„Aufwendungen“ für Familienheimfahrten, die mit einem im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit überlassenen Fahrzeug i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG durchgeführt werden, sind steuerlich nicht zu berücksichtigen. Das ist ein alter Hut. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 5 2. Halbsatz EStG stehen in einem korrespondierenden Verhältnis dahingehend zueinander, dass nach § 8 Abs. 2 Satz 5 2. Halbsatz EStG keinen Vorteil in Höhe von 0,002 % des Listenpreises für solche Familienheimfahrten anzusetzen ist, für die ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG in Betracht kommt.

Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass im Unterschied zur nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG auch bei Familienheimfahrten grundsätzlich anwendbaren Entfernungspauschale im Sonderfall der Dienstwagenüberlassung der Werbungskostenabzug für solche Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG entsprechend den allgemeinen Grundsätzen einen tatsächlichen Aufwand voraussetzt. Wenn der Arbeitnehmer diese Fahrten mit dem Dienstwagen durchführt, entsteht ihm tatsächlich kein eigener Aufwand, deshalb ist in diesen Fällen ein Werbungskostenabzug nicht geboten (, BStBl II 2013, 629).

Dem Einwand des Klägers, dass das Korrespondenzprinzip im Streitfall nicht (uneingeschränkt) gelten könne, da er wegen der lediglich teilentgeltlichen Überlassung des betrieblichen Kfz und der auch für die einmal wöchentlichen (Familien-)Heimfahrten zu leistenden (Benzin-)Kostenbeteiligung, tatsächlich Aufwendungen getragen habe, ist weder das FG noch der BFH gefolgt. Denn eine anteilige Zuordnung (auch kilometerbezogener) Zuzahlungen entsprechend der außerdienstlichen (= nicht betrieblichen) Nutzung des Firmenwagens und damit für private Fahrten sowie für - beruflich veranlasste - Wegekosten (Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte/wöchentliche Familienheimfahrten) ist im Rahmen der Vorteilsbewertung einer Kfz-Überlassung, nicht angezeigt. Die Zuzahlungen werden vielmehr für die private Nutzungsmöglichkeit als solche geleistet, auch wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer anderes vereinbaren. Sie können daher denn Nutzungsvorteil (lediglich) bis auf Null mindern (, BStBl II 2017 S. 1011 und VI R 2/15, BStBl II 2017, 1014). Soweit sie - gedacht - auf Fahrten zwischen Wohnung und erste Tätigkeitsstätte und/oder wöchentliche Familienheimfahrten entfallen, bleiben sie jedoch außer Ansatz.

Dies ist dem Umstand geschuldet, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG nicht zwischen unentgeltlicher und teilentgeltlicher Kfz-Überlassung unterscheidet und der 0,03 %-Zuschlagsregelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG lediglich die Funktion eines Korrekturpostens zu einem überschießenden Werbungskostenabzug zukommt (so bereits: , BStBl II 2011, 359 sowie , BStBl II 2008, 887 und VI R 68/05, BStBl II 2008, 890; Schneider, NWB 2011, 112).

Dem haben sich die Finanzbehörden angeschlossen ( R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 LStR). Zu den Nutzungsentgelte bei der pauschalen und der individuellen Nutzungswertmethode zählen sie (vgl. BStBl I 2022, 232, Rn. 53):

a) ein arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter nutzungsunabhängiger pauschaler Betrag (z.B. Monatspauschale, zeitraumbezogene (Einmal-)Zahlungen),

b) ein arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter an den gefahrenen Kilometern ausgerichteter Betrag (z.B. Kilometerpauschale),

c) die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vom Arbeitnehmer übernommenen Leasingraten,

und bei der pauschalen Nutzungswertmethode:

d) die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarte vollständige oder teilweise Übernahme einzelner Kraftfahrzeugkosten durch den Arbeitnehmer (vgl. , BStBl II 2017, 1014). Die Finanzbehörden beanstanden es jedoch nicht, wenn bei der Fahrtenbuchmethode vom Arbeitnehmer selbst getragene Kosten abweichend von R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 8 zweiter Halbsatz LStR in die Gesamtkosten im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG einbezogen und wie bei der pauschalen Nutzungswertmethode als Nutzungsentgelt behandelt werden ( BStBl I 2022, 232, Rn. 59).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
SAAAJ-23004